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Jürgen Federau, Andreas Bachmann, Rainer Seidel – Berlin
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1. Auflage, Verlag für Schachtheorie, Berlin 1993
ISBN 3-9801442-9-1 (gebundene Ausgabe)
2. Auflage, eine Überarbeitung der 1. Auflage, Berlin 2022
ISBN 978-3-00-072559-3 (PDF)
ISBN 978-3-00-072560-9 (EPUB)
Gruppierung und Einordnung der Partien
1 Dame gegen zwei Türme ohne Leichtfiguren
1.1 Grundzüge des Endspiels Dame gegen zwei Türme
1.1.1 Elementare Eigenschaften der Dame und der zwei Türme
1.1.2 Grundlegende Gewinnpläne
1.2.1 Königsangriff der Turmpartei
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 1.2.1
1.2.2 Königsangriff der Damenpartei
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 1.2.2
1.3 Stellungen ohne Freibauern
W. Panow – M. Bontsch-Osmolowski
Schlussfolgerungen aus Kapitel 1.3
Schlussfolgerungen aus Kapitel 1.4
1.5 Damenpartei mit Freibauern
1.5.1 Vom König unterstützte Freibauern
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 1.5.1
1.5.2 Vom König nicht unterstützte Freibauern
D. Janowski – J. R. Capablanca
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 1.5.2
2 Dame gegen zwei Türme mit Leichtfiguren
2.1 Grundzüge des Spiels Dame gegen zwei Türme mit Leichtfiguren
2.2.1 Königsangriff der Turmpartei
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 2.2.1
2.2.2 Königsangriff der Damenpartei
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 2.2.2
2.2.3 Beide Parteien haben Königsangriff
A. Charitonow – M. Tschiburdanidse
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 2.2.3
2.3 Damenpartei mit einer Bauernmajorität
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 2.3.1
Schlussfolgerungen aus Abschnitt 2.3.2
Schlussfolgerungen aus Kapitel 2.3
3 Praktische Kriterien für die Stellungsbeurteilung
Dame gegen zwei Türme, ist das nicht ein etwas abseitiges Thema, eine Angelegenheit für Spezialisten? Keineswegs: dieser Abtausch kommt in der Praxis immer wieder vor. Vor allem aber besteht, namentlich in taktisch bewegten Stellungen, oft die Möglichkeit, das Materialverhältnis Dame gegen zwei Türme herbeizuführen. Allein deswegen schon muss jeder Spieler Kriterien haben, ob er es anstreben oder vermeiden soll. Schließlich lehrt die Beschäftigung mit diesem Thema vieles über die Eigenschaften von Dame und Türmen, über Freibauern, Königsangriff, Beweglichkeit der Figuren und anderes, das auch von allgemeiner Bedeutung ist.
Zum Materialverhältnis Dame gegen zwei Türme gibt es in der Literatur kaum mehr als ein paar oberflächliche Bemerkungen und Beispiele. Somit legen wir hier eine erste gründliche Untersuchung zu diesem Thema vor. Die Idee, dieses Buch zu schreiben, entstand aus dem wöchentlich stattfindenden Schachtraining des Bundesliga-Vereins SC Kreuzberg Berlin, das seit mehreren Jahren von Jürgen Federau geleitet wird. Wir benutzen dankbar die gemeinsam gefundenen Resultate.
Das Ausgangsmaterial bildeten meist bereits kommentierte Partien, die wir gründlichen Analysen unterzogen. Die vorgefundenen Varianten und Kommentare sind von uns wesentlich erweitert worden; nicht selten galt es – selbst bei namhaften Autoren –, fehlerhafte Analysen richtigzustellen. Da alle von uns herangezogenen Quellen im Literaturverzeichnis angegeben sind, kann jeder sich dazu selbst ein Bild machen.
Unser Ziel war, das Spiel Dame gegen zwei Türme systematisch, in seiner Gesetzmäßigkeit, zu erfassen und zugleich, in Form von Lehrsätzen, dem Spieler praktische Kriterien zur Stellungsbeurteilung an die Hand zu geben. Bei der Kommentierung der Partien achteten wir darauf, die strategischen Pläne, Ideen und den roten Faden deutlich werden zu lassen. Bewusst haben wir die einzelnen Partien unabhängig voneinander dargestellt. Somit findet der Leser in diesem Buch zugleich eine Sammlung bedeutender und lehrreicher Partien in sorgfältiger und ausführlicher Kommentierung.
Die Autoren: Jürgen Federau, Mathematiker, FIDE-Meister; Andreas Bachmann, Student, FIDE-Meister, 5. Platz in der Deutschen Fernschach-Meisterschaft 1990; Dr. Rainer Seidel, Privatdozent an der Freien Universität Berlin, veröffentlichte mehrere Arbeiten zur Logik und Struktur des Denkens.
Berlin, im Februar 1993.
Die vorliegende zweite Auflage enthält ein neues Unterkapitel, überarbeitete Partiekommentare und zusätzliche Diagramme. Des Weiteren kleinere Änderungen, die nicht wesentlicher Natur sind. Von uns aufgestellte Lehrsätze, Schlussfolgerungen aus den Partien, praktische Kriterien zur Stellungsbeurteilung und dargelegte strategische Erkenntnisse haben sich inhaltlich nicht oder nur geringfügig geändert.
Die erste Auflage wurde ohne Zuhilfenahme von Schachprogrammen verfasst, denn leistungsfähige Schachprogramme für PCs gab es im Jahre 1993 noch nicht. Das hat sich geändert. Die vorliegende zweite Auflage wurde unter Zuhilfenahme von Schachprogrammen und Endspieldatenbanken erstellt. Im Internet ist eine Endspieldatenbank veröffentlicht, die alle Schachstellungen mit maximal sieben Steinen (7-Steiner) mit allen möglichen Zugfolgen enthält. Unter Benutzung dieser Endspieldatenbank ist es leicht, heraus zu bekommen, ob ein vorgegebener 7-Steiner für eine Partei zwangsläufig gewonnen ist und, wenn ja, welche Zugfolge zum Gewinn führt.
Unserem Mitautor Andreas Bachmann wurde vom Weltfernschachbund (ICCF) der Titel eines Internationalen Fernschach-Großmeisters verliehen.
Berlin, im Juni 2022.
Teil 1 des Buches behandelt das Spiel Dame gegen zwei Türme ohne, Teil 2 mit Leichtfiguren. Im Allgemeinen bezeichnet man eine Partiephase als Endspiel, wenn neben dem König nur noch wenige oder keine Figuren auf dem Brett vorhanden sind. Dementsprechend ist es naheliegend, den ersten Teil als Endspiel, den zweiten als Mittelspiel zu klassifizieren.
Die einzelnen Partien können auf sehr verschiedene Weise in Gruppen eingeteilt werden. Naheliegend erscheint eine Einteilung nach dem Materialverhältnis, d. h. der Anzahl der Bauern. Die gröbste Klassifikation wäre dann die nach „Mehrbauer bei der Damenpartei“ gegenüber „Bauerngleichheit“. Treffender erscheint es uns jedoch, nach der strategischen Funktion der Bauern, der Freibauerneigenschaft, vorzugehen. Die grundlegende Einteilung ist daher: „Stellungen ohne Freibauern“, „Turmpartei mit Freibauern“ und „Damenpartei mit Freibauern“. Diesem Kriterium ist allerdings noch der Königsangriff vorgeordnet; denn wenn ein Königsangriff vorgetragen wird, so spielen Anzahl und Art der Bauern eine untergeordnete Rolle.
Was die Einordnung der einzelnen Partien unter diese Gruppen angeht, so muss der Leser beachten, dass die im Vorangegangenen aufgezeigten Merkmale und Aspekte in einer Stellung auf unterschiedliche Weise miteinander verknüpft sein können. Eine Partie weist fast immer mehrere solcher Gesichtspunkte auf, und es gibt daher keine eindeutige Richtschnur, die Partien zu klassifizieren, d. h. unter ein bestimmtes Kapitel einzuordnen. Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Partien durch einzelne, statische Stellungsmerkmale wie „Mehrbauer bei der Damenpartei“ oder „Freibauern auf beiden Seiten“ nur sehr unvollkommen zu charakterisieren sind. Nehmen wir zum Beispiel das Merkmal „Freibauer“ und betrachten dazu eine Stellung aus der Partie Aljechin – Lilienthal.
A. Aljechin – A. Lilienthal
Hastings 1933/34
Weiß am Zuge
Die Turmpartei verfügt über einen Freibauern am Königsflügel, die Damenpartei über eine Majorität von zwei Bauern am Damenflügel und insgesamt über einen Mehrbauern. Zum Tragen kommt in der Partie jedoch nur der Freibauer der Turmpartei.
Betrachten wir als weiteres Beispiel die Partie Seirawan – Jusupow.
Y. Seirawan – A. Jusupow
Linares 1983
Schwarz am Zuge
Die Damenpartei verfügt über den Freibauern e6, die Turmpartei über die Freibauern a2 und h2. Die Freibauern der Turmpartei kommen jedoch überhaupt nicht ins Spiel. Dagegen kommt die Bauernmajorität der Damenpartei ins Spiel, und dies partieentscheidend.
Aus solchen Gründen haben wir bei der Wahl der Kapitel und der Einordnung der Partien das Prinzip gewählt, die Partien nicht nach festen Merkmalen, sondern nach dem dominierenden strategischen Element einzuordnen. So erscheint die Partie Aljechin – Lilienthal im Kapitel „Turmpartei mit Freibauern“, die Partie Seirawan – Jusupow unter der Rubrik „Damenpartei mit einer Bauernmajorität“. Unsere Kapiteleinteilung folgt somit im wesentlichen den strategischen Konzepten und Gewinnplänen.
Am Beginn der Partieanalyse wird eine Beurteilung der erreichten Stellung gegeben. Dabei stellen wir uns auf den Standpunkt eines Spielers in einer wirklichen Partie. Die Beurteilung enthält somit das, was in der aktuellen Situation einschätzbar ist, und nicht, was man etwa am Ende der Partie oder nach den Analysen wissen kann.
Um Begriffsverwirrung zu vermeiden, legen wir folgende Bezeichnungen fest: Die Schachsteine oder kurz Steine werden in Bauern und Figuren unterteilt, die Figuren wiederum in König, Schwerfiguren (Dame, Turm) und Leichtfiguren (Läufer, Springer).
Das Endspiel ist dadurch charakterisiert, dass neben dem König nur noch wenige oder keine Figuren auf dem Brett vorhanden sind. In diesem Falle spielt der Mattangriff nur selten eine Rolle; im Gegenteil, zumeist beteiligen sich die Könige aktiv am Kampfgeschehen. Im Endspiel der Dame gegen die zwei Türme sind wegen der Stärke dieser Figuren die Könige schutzbedürftig, insofern weist es Mittelspielcharakter auf. Die Frage, ob und inwieweit die Könige in dem von uns zu betrachtenden Endspiel eine aktive Rolle spielen können, wird in diesem Buch beantwortet werden. Der Endspielcharakter wird neben dem reduzierten Figurenmaterial auch dadurch unterstrichen, dass nach einem Tausch der Figuren, und sinnvoll ist ja bis auf wenige Ausnahmen nur ein Tausch der Dame gegen beide Türme, sofort ein Bauernendspiel entsteht. Vergleichen wir das Endspiel Dame gegen zwei Türme mit dem reinen Turmendspiel: Beim Turmendspiel verfügen die beiden Parteien – abgesehen von der Anzahl der Bauern – über dasselbe Material, und es stehen ihnen daher prinzipiell auch die gleichen taktischen und strategischen Mittel zur Verfügung. Bei unserem Endspiel dagegen steht sich qualitativ verschiedenartiges Material gegenüber. Dadurch kommt eine große Vielfalt von Plänen, Stellungstypen und Partieverläufen zustande.
In diesem Abschnitt wollen wir die elementaren Eigenschaften der Dame und der zwei Türme betrachten. Als elementar sehen wir die Eigenschaften an, die unmittelbar aus den Zugmöglichkeiten der Steine hervorgehen. Besonderen Wert legen wir auf die Herausarbeitung der wesentlichen Unterschiede zwischen der Dame und den zwei Türmen.
Die Türme können allein, d. h. ohne Hilfe eines weiteren Steins, mattsetzen. Die Dame muss dagegen zum Mattsetzen den König oder einen Bauern als Helfer haben. Alleine kann sie nur Dauerschach erreichen.
Die Türme haben gegenüber der Dame einen grundlegenden Vorteil: Sie sind zwei Steine und können daher ein Feld (Punkt, Stein) zweifach angreifen, das die Dame ohne Zuhilfenahme des Königs oder eines Bauern nur einmal decken kann. Das Angreifen eines Feldes geschieht meist dadurch, dass die Türme sich auf einer Linie oder Reihe verdoppeln. Die Verdoppelung hat außerdem den wesentlichen Vorteil, dass die Türme sich gegenseitig decken. Dies spielt eine besondere Rolle, wenn noch, wie in unserem Endspiel, die gegnerische Dame auf dem Brett ist; denn die Dame beherrscht viele Felder und hat daher viele Möglichkeiten, mehrere Steine gleichzeitig anzugreifen. Die Verdoppelung ist ein wichtiges strategisches Element. Wegen ihrer Bedeutung haben sich neben dem Begriff „Verdoppelung“ auch Begriffe geprägt, die die Verdoppelung zum Ziel haben, nämlich die Türme „zusammenführen“ oder „verbinden“. Von einem guten „Zusammenspiel“ oder „Zusammenwirken“ der Türme spricht man, wenn sie nicht isoliert wirken, sondern gemeinsam ein bestimmtes Ziel verfolgen, z. B. den gemeinsamen Angriff auf ein Feld oder den Angriff beider Türme gegen den König. Man beachte, dass für ein gutes Zusammenspiel der Türme nicht unbedingt deren Verbindung nötig ist.
Die Eigenschaft der Türme, ein Feld zweifach angreifen zu können, gewinnt strategische Bedeutung für die Eroberung von Bauern. Die Türme können einen nur von der Dame gedeckten Bauern zweifach angreifen und dann schlagen.
Die Dame verfügt zusätzlich zu den Geraden auch über die Diagonalen. Sie ist daher beweglicher als die Türme. Sie kann in kürzerer Zügezahl als die Türme an bestimmte Orte gelangen und kann relativ leicht Hindernisse, etwa im Wege stehende Bauern oder unbetretbare Felder, umgehen. Demgegenüber tun sich die Türme oft schwer, eine neue angestrebte Position zu beziehen. Allgemein haben die Türme um so mehr Schwierigkeiten eine neue angestrebte Position zu beziehen, je weniger offene Linien vorhanden sind und je mehr Bauern sich noch auf dem Brett befinden.
Die Dame kann leicht Doppelangriffe ausüben. Mittels der verschiedenartigen Gabeln verfügt sie insbesondere über Möglichkeiten des Materialgewinns, auch in dem Sinne, dass sie die Türme abhält, bestimmte Felder zu betreten. Aus diesen Gründen ist es für die Türme besonders wichtig, dass sie sich gegenseitig decken. Oft ist es erforderlich, dass sich die Türme umgruppieren können. Bei einer Umgruppierung, zum Beispiel von der Verdoppelung auf einer Linie zur Verdoppelung auf einer Reihe müssen sich die Türme kurzzeitig trennen, und dies kann leicht durch eine wirkungsvoll stehende Dame ausgenutzt werden.
Alle bisher angestellten Überlegungen haben uns qualitative Unterschiede zwischen der Dame und den beiden Türmen gezeigt. Sie liefern uns noch keine Antwort auf die Frage: Was ist mehr wert, die Dame oder zwei Türme? Selbstverständlich hängt die Antwort auf diese Frage von der jeweiligen Stellung ab. Aber es ist doch nützlich, zunächst einmal einen groben Anhaltspunkt für den Wert des verschiedenartigen Materials zu haben. Üblicherweise legt man als Schätzwerte zugrunde:
B = 1, S = 3, L = 3 bis 3 1/3, T = 4 1/2 bis 5, D = 9 bis 10.
Diese Zahlenwerte sind aus der Erfahrung abgeleitet und spiegeln, mit einigen Modifikationen, auch die Beweglichkeit der Steine wider. Für das spezielle Materialverhältnis der Dame gegen die zwei Türme hat es sich gezeigt, dass, sofern keine Leichtfiguren vorhanden sind, die Türme zumeist stärker sind als die Dame, bei Anwesenheit von Leichtfiguren ist die Dame leicht stärker als die beiden Türme. Eine der Aufgaben unseres Buches ist es, dieses spezielle Wertverhältnis zu präzisieren. Obwohl die Schätzwerte nichts über Strategien und taktische Möglichkeiten aussagen, erweisen sie sich, wie wir sehen werden, als grundsätzliche Richtschnur.
Der Abtausch der Dame gegen die zwei Türme kann auf sehr unterschiedliche Weise zustande kommen. Wir werden später Partien sehen, in denen er aus taktisch bewegten Stellungen mit zwischenzeitlich wechselnden Materialverhältnissen entsteht; aber auch Partien, in denen der Abtausch nach ruhigem Spielverlauf erfolgt.
Zum Schlagen der Dame ist ein Zug nötig, während das Schlagen der beiden Türme zwei Züge erfordert. Was geschieht mit dem Differenzzug? Er dient häufig zum Schlagen eines Bauern. Das Anstreben des Materialtausches von Dame und Bauer gegen die zwei Türme mit Hilfe der eben erwähnten Tauschmechanik ist oft das strategische Ziel einer Partei. Für wen dieser Tausch von Vorteil ist, hängt von der Beurteilung der nach dem Tausch entstandenen Stellung ab. Sehen wir uns als Beispiel eine Stellung aus der Partie Fischer – Bilek an:
R. J. Fischer – I. Bilek
Havanna 1965
Weiß am Zuge
Werden nun alle Schlagmöglichkeiten realisiert: 1. Txg7 Dxg7 2. Txg7 Kxg7, so entsteht das Materialverhältnis Dame und Mehrbauer gegen zwei Türme.
Ist das Spiel Dame gegen zwei Türme entstanden, so kann irgendwann derselbe Tausch sich noch einmal mit umgekehrten Rollen vollziehen, sozusagen als „Rücktausch“. Dieser führt dann, sofern keine Leichtfiguren auf dem Brett sind, zu einem reinen Bauernendspiel.
Betrachten wir eine Stellung, die aus der Partie Panow – Bontsch-Osmolowski nach fehlerhaftem 34. ... Kg6 hätte entstehen können:
Variante aus der Partie
W. Panow – M. Bontsch-Osmolowski
27. Meisterschaft von Moskau 1949
Weiß am Zuge
Nach 1. Txf7 Dxf7 2. Txf7 Kxf7 hat jede Partei zweimal geschlagen, die Turmpartei schlug die Dame und einen Bauern, die Damenpartei schlug die beiden Türme. Wir verstehen nun, warum die Türme, sofern keine Leichtfiguren vorhanden sind, meist stärker sind als die Dame: Bei einem Standardabtausch, wie eben dargestellt, hätte die Damenpartei im Bauernendspiel einen Bauern weniger, was im Normalfall den Verlust der Partie bedeutet.
Selbstverständlich ist für alle Vorhaben einer Partei wichtig, dass sie bei der Durchführung nicht durch Angriffe gegen ihren König gestört wird, dass ihr König also relativ sicher steht. Nicht so selbstverständlich ist aber die Beurteilung, wann ein König sicher steht und wann nicht. Die Sicherheit eines Königs resultiert aus dem Schutz durch Bauern und durch Figuren. Beim Bauernschutz sind eigene Bauern gemeint. Es kommt gelegentlich aber auch vor, dass der König durch gegnerische Bauern vor Schachs geschützt steht. Wie wir gleich sehen werden, sind die Merkmale des „sicheren“ Königs bei Turm- und Damenpartei durchaus verschieden.
Es ist klar, dass bei einer völlig offenen Königsstellung der Turmpartei die Damenpartei durch Schachgebote fast jeden gegnerischen Plan verhindern kann. Interessant ist jedoch, dass es vor Schachgeboten der Dame fast nie einen vollständigen Bauernschutz gibt. Man kann alle gängigen Bauernstellungen nehmen, stets kann die Dame den König angreifen. Betrachten wir zum Beispiel folgendes Diagramm:
Die Dame kann den König trotz seines sicheren Bauernschutzes beunruhigen.
Die Zugfolge 1. Dd8+ Kh7 2. Dd3+ g6 3. Dd7 Kg7 4. Dd4+ zeigt, dass die Dame den schwarzen König durch Grundreihenschachs, Diagonalschachs und Angriff auf den Bauern f7 fortwährend beunruhigen kann. Die Türme müssen fast immer mithelfen, ihren König zu schützen. Das Gelingen eines Planes der Turmpartei hängt somit oft davon ab, ob die Türme die Doppelfunktion erfüllen können, im Angriff und zugleich in der Verteidigung zu wirken.
Auch die Damenpartei kann in der Durchführung ihrer Pläne vom Gegner gestört werden, zumindest dann, wenn ihr König völlig offen steht. Jedoch, steht der König der Damenpartei hinter seinen eigenen Bauern, dann bieten diese in der Regel einen ausreichenden Schutz. Zum Beispiel: Ersetzen wir in obiger Stellung die Dame durch zwei weiße Türme auf d3 und d6, dann wäre nach einem Grundreihenschach eine zeitraubende Umgruppierung der Türme notwendig, um ein weiteres Schachgebot zu drohen.
Wir können aus obigen Betrachtungen schließen, dass die Dame es oft nicht nötig hat, beim Schutz des Königs mitzuhelfen, und wenn es nötig ist, so fällt es ihr leichter als den Türmen.
Aus den bisherigen Einsichten können wir die grundlegenden Gewinnpläne im Endspiel Dame gegen zwei Türme entwickeln. „Grundlegend“, das soll heißen, dass diese Pläne sich unmittelbar auf den Gewinn beziehen und dass immer nur ein einziges strategisches Element in den Vordergrund gestellt wird. Bei den folgenden Überlegungen gehen wir vereinfachend von standardisierten oder normalen Bedingungen aus, d. h. dass keine Doppelbauern bestehen, dass die Türme frei spielen können, dass die beiden Könige nicht aktuell gefährdet sind u. a. Die in Wirklichkeit viel größere Komplexität der möglichen Gewinn- und Verteidigungspläne wird später anhand der Partien deutlich werden.
Im Folgenden werden wir die Gewinnpläne der Türme mit T1, T2, ... bezeichnen, die der Dame mit D1, D2, ...
Wir stellten schon heraus, dass die Türme ohne Hilfe eines weiteren Steins mattsetzen können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten eines Mattnetzes. Die wichtigste Form des Mattangriffs ist die, dass der König der Damenpartei auf der letzten Reihe steht und die Türme auf der vorletzten. Ein Beispiel dafür ist folgende Stellung aus der Partie Stefanow – Ungureanu, die Weiß in wenigen Zügen gewann:
Pa. Stefanow – E. Ungureanu
Rumänische Meisterschaft 1979
1. Tgc7 De8 2. Th7 De5 3. Tb8+ und Schwarz gab auf.
Wir können nun den ersten Gewinnplan der Turmpartei notieren:
T1: Königsangriff durch Turmverdoppelung auf der vorletzten Reihe.
Die Dame findet aufgrund ihrer Beweglichkeit zwar leicht Gelegenheit, den gegnerischen König durch Schachgebote zu bedrohen, unter Umständen mehrfach hintereinander, gleichwohl bringt sie allein keine Mattgefahren zustande. Freilich kann ein Königsangriff der Damenpartei, etwa unter Zuhilfenahme eines vorgerückten Bauerns oder aufgrund des bereits vorgedrungenen eigenen Königs, zustande kommen. Aber es ist einsehbar, dass der Mattangriff der Damenpartei weniger forcierend ist, denn sowohl der zum Mattangriff benötigte Bauer als auch der eigene König sind langsamer als die Türme. Außerdem greift die Damenpartei nur mit einer starken Figur, nämlich der Dame, an, während die Turmpartei mit zwei Türmen verteidigen kann. Der Mattangriff der Damenpartei ist daher meist eher ein Hilfsmittel, zum Beispiel derart, dass die Dame eine Mattdrohung schafft, um die Türme zu binden und am anderen Flügel mittels der Bauern zu gewinnen. Ein Beispiel hierzu liefert die Partie Fischer – Byrne:
R. J. Fischer – D. Byrne
Bay City, USA 1963
Schwarz am Zuge
Schwarz musste sich gegen die bevorstehende Mattdrohung auf g7 wehren, dadurch wurden seine Türme gebunden, sodass Weiß am Damenflügel eine gewinnbringende Position aufbauen konnte.
Notieren wir den ersten Grundplan der Damenpartei:
D1: Königsangriff mit Hilfe von Bauern oder König, um die Türme zu binden und sich anderweitig einen Vorteil zu verschaffen.
Die Stellungsvoraussetzungen, die gegeben sein müssen, um einen gegnerischen Bauern schlagen zu können, sind für die Dame und die zwei Türme sehr unterschiedlich. Ursächlich hierfür ist die Tatsache, dass die Türme der Dame darin überlegen sind, einen Bauern zweifach angreifen zu können.
Untersuchen wir zunächst, unter welchen Bedingungen die Türme einen Bauern schlagen können.
Klar ist, dass ein Bauer, der durch einen anderen Bauern gedeckt ist, optimalen Schutz genießt, und deswegen als Angriffsobjekt für die Türme ausscheidet.
Anders verhält es sich, wenn ein Bauer nur von der Dame und dem König gedeckt ist. Wenn ein Turm solch einen Bauern schlägt, kann es zum Tausch der beiden Türme gegen den Bauern und die Dame kommen. Danach würde ein reines Bauernendspiel entstehen. Von der Beurteilung dieses Bauernendspiels hängt es ab, ob die Türme den Bauern schlagen sollten oder nicht.
Kommen wir nun zu dem scheinbar einfachen Fall, dass ein Bauer nur von der Dame gedeckt ist. Solch ein Bauer kann von den Türmen zweifach angegriffen und anschließend geschlagen werden. Danach hätte die Damenpartei für den verlorengegangenen Bauern kein Äquivalent. So einfach ist es in der Praxis aber zumeist nicht. Die Türme stehen häufig nicht so günstig, dass sie den Bauern kurzzügig zweifach bedrohen können. Daher wird das Erobern des Bauern für die Turmpartei in der Regel ein längerfristiges strategisches Ziel sein. Oft ist das Erobern solch eines Bauern unmöglich, weil die Damenpartei über Gegenspiel, zumeist Drohungen gegen den gegnerischen König, verfügt. Eine Sonderrolle spielt ein Bauer auf einer offenen Linie, insbesondere ein Freibauer, der nur von der Dame gedeckt ist, denn er ist von den Türmen von vorn angreifbar. Sehen wir uns als Beispiel dazu eine Stellung aus der Partie Tal – Jimenez an:
M. Tal – E. Jimenez
Havanna 1963
Weiß am Zuge
Nach mehreren Zügen gelang es Weiß, seine Türme vor dem a-Bauern zu postieren und diesen dann zu erobern.
Schwieriger, ja meist sogar unmöglich, gestaltet sich die Eroberung eines Freibauern, der schon weit vorgerückt ist; genauer gesagt, der mindestens die 6. bzw. 3. Reihe erreicht hat. In diesem Fall kann die Dame alle Felder vor dem Bauern kontrollieren, sodass die Türme sich nicht vor den Bauern stellen können. Solch ein weit vorgerückter Freibauer kann in der Regel von den Türmen nicht erobert werden; aber nicht nur das, wegen der Umwandlungsdrohung sind sie an die Bewachung des Umwandlungsfeldes gebunden, spielen mithin eine passive Rolle. Halten wir das bisher Gesagte in einem Schema fest:
Nun können wir den zweiten Grundplan für die Turmpartei formulieren:
T2: Einen Bauern mit beiden Türmen angreifen, um diesen zu schlagen.
Untersuchen wir im Folgenden, unter welchen Bedingungen die Dame einen Bauern erobern kann. Ein Bauer, der nur von der Dame angegriffen ist, kann nur dann von dieser geschlagen werden, wenn er ungedeckt ist. Sofern er gedeckt ist, egal ob von einem anderen Bauern, einem Turm oder dem König, kann er nicht geschlagen werden. Da wir in diesem Kapitel von Stellungen ohne Besonderheiten ausgehen, also insbesondere von Stellungen, in denen jeder Bauer gedeckt bzw. leicht deckbar ist, scheidet für die Damenseite das planvolle Spiel auf Bauerneroberung aus. Aufgrund ihrer Wendigkeit findet die Dame jedoch nicht selten Gelegenheit zu taktischem Bauerngewinn. Sie kann Bauern erobern, insbesondere durch Doppelangriffe, etwa gleichzeitiges Schachgebot und Bedrohung eines Bauern. Typischerweise kommt diese Fähigkeit der Dame zum Tragen, wenn die Turmpartei zersplitterte und ungedeckte Bauern aufweist und ihr König nicht geschützt steht. Sehen wir uns zur Illustration eine Stellung aus der Partie Fischer – Bilek an:
R. J. Fischer – I. Bilek
Havanna 1965
Weiß am Zuge
Die Dame kann einen der schwachen Bauern c7, e6 oder h6 erobern, nämlich durch 1. Df4 nebst 2. h5 mit der Drohung Df4–g4–g6.
Notieren wir die eben gewonnene Erkenntnis:
D2: Taktisches Erobern von Bauern, insbesondere durch Doppelangriffe der Dame.
Allgemein hat der Bauer im Endspiel seine wichtigste Funktion als Freibauer, da er als solcher durch das Vordringen und schließlich die Umwandlung entscheidenden Materialgewinn droht. Grob gesagt kann eine Partei einen Freibauern bilden, wenn sie auf einem der beiden Flügel einen Bauern mehr hat. Man bezeichnet diese Situation als „Bauernmajorität“. Hat zum Beispiel Weiß vier, Schwarz drei Bauern auf dem Königsflügel, so kann Weiß durch geeignetes Vorrücken der Bauern einen Freibauern bilden, gegebenenfalls nach Abtausch dreier Bauern. Die Bauernmajorität auf einem Flügel bedeutet also einen potentiellen Freibauern. (Man beachte: Der Begriff „Mehrbauer“ dagegen bedeutet nur, dass eine Partei insgesamt einen Bauern mehr hat.) Nehmen wir vereinfachend an, dass keine Doppelbauern vorhanden sind, so gilt generell: Besitzt eine Partei einen Mehrbauern, so hat sie auch eine Bauernmajorität bzw. bereits einen Freibauern; bei Bauerngleichheit haben entweder beide Parteien eine Majorität, oder keine hat eine Majorität. Der in unserem Endspiel grundlegende Fall, dass die Damenpartei einen Mehrbauern besitzt, bedeutet also in der Regel, dass die Damenpartei potentiell einen Freibauern bilden kann.
Die folgenden Überlegungen werden u. a. zeigen, dass der Freibauer bei der Damenpartei eine ganz andere Rolle spielt als bei der Turmpartei.
Betrachten wir zunächst einen Freibauern bei der Turmpartei. Setzen wir voraus, dass die Türme nicht durch besondere Umstände behindert sind, so haben sie ein ganz einfaches Konzept, um einen Freibauern voranzutreiben: Sie müssen nur das jeweils nächste Feld, schließlich das Umwandlungsfeld des Bauern kontrollieren. Um diesen Plan zu verwirklichen, deckt der eine Turm seinen Freibauern von hinten, während der andere das Feld vor dem Bauern freikämpft. Ideal ist die im folgenden Diagramm gezeigte Aufstellung der Türme:
Gute Aufstellung der Türme, um den Freibauern voranzutreiben.
Auch wenn das unmittelbare Freikämpfen des Feldes vor dem Bauern nicht möglich ist, so wird der Freibauer die Aktivitäten der Gegenseite enorm einschränken. Somit sind wir zu einem dritten Plan für die Türme gelangt:
T3: Vorantreiben eines Freibauern mit dem Ziel der Umwandlung.
Während die Türme vom Prinzip her eine einfache Strategie haben, einen Freibauern voranzutreiben, ist das Vorantreiben eines Freibauern, sofern die Türme gut manövrieren können, für die Dame ein Problem. Erstaunlicherweise gilt das sogar für ein Freibauernpaar, wie die folgenden Untersuchungen zeigen:
Schwarz kann seine Bauern nicht voranbringen. Weiß kann keinen der Bauern erobern.
Einerseits kann Schwarz keinen der Bauern ziehen, ohne einen Bauern zu verlieren, andererseits kann Weiß keinen der Bauern erobern. Um die zweite Behauptung zu untermauern, betrachten wir die Zugfolge 1. Ta2? a5 2. Tba1 a4 3. Tb1 Da5 4. Tab2? a3 5. Txb5? a2, und Weiß verliert einen Turm. Die Variante zeigt, dass ein Linienwechsel der Türme stets ein Vorgehen eines der Bauern zur Folge hat. Wir können demnach schließen, dass die Türme durch ein Freibauernpaar in ihrer Bewegungsfreiheit extrem stark eingeschränkt sind, sodass wir vermuten können, dass ein zusätzlicher kleiner Vorteil der Damenpartei zum Gewinn ausreichen sollte. Wir notieren den Plan:
D3: Verwertung eines verbundenen Freibauernpaares, was nur aufgrund eines zusätzlichen Vorteils möglich ist.
Betrachten wir nun den Fall eines einzelnen Freibauern der Damenpartei. Grundsätzlich können die Türme den Vormarsch des Freibauern stoppen, indem sie – sowohl durch vertikale als auch durch horizontale Verdoppelung – sein nächstes Feld doppelt kontrollieren. Das Freikämpfen des doppelt kontrollierten Feldes kann die Dame alleine nicht übernehmen.
Untersuchen wir zunächst den günstigen Fall, dass der König bei seinem Freibauern steht. Das folgende Diagramm ist ein Beispiel dafür:
Variante aus der Partie
J. Smejkal – Lj. Ljubojevic
Moskau 1977
Wenn Schwarz 1. ... Txf5? 2. Dxf5 Txf5 3. Kxf5 spielt, erhält er ein für ihn verlorenes Bauernendspiel.
Auch wenn Dame und König ihren Freibauern decken, so können die Türme durch den doppelten Angriff diesen Bauern schlagen. Dies kann zum Abtausch der zwei Türme gegen die Dame und den Bauern führen, sodass sich ein reines Bauernendspiel ergibt. Wenn der Übergang in das sich ergebende Bauernendspiel für die Damenpartei günstig ist, kann folgender Gewinnplan formuliert werden:
D4: Vorantreiben eines vom König unterstützten Freibauern mit dem Ziel eines gewonnenen Bauernendspiels.
Da die Aufgabe des Königs nicht nur darin besteht, den Bauern zu decken, sagen wir hier, dass der König den Bauern „unterstützt“.
Betrachten wir noch einmal den Unterschied eines einzelnen Freibauern der Turmpartei und der Damenpartei. Bei den Türmen ist der Freibauer sozusagen direkt zur Umwandlung unterwegs. Bei der Dame muss das Vorrücken des Freibauern vom König unterstützt werden, was aber auch nur dann Sinn hat, wenn der Übergang in ein Bauernendspiel für die Damenpartei günstig ist.
Nun zu der Frage: Was geschieht mit einem Freibauern der Damenpartei, den der eigene König nicht unterstützen kann? Im Grunde fällt diese Situation unter den Plan T2, das Erobern eines isolierten Bauern durch die Türme, ist also gar keine Gewinnidee der Damen-, sondern der Turmpartei. Dennoch kann die Dame bei Vorliegen eines weiteren Vorteils unter Umständen auch mit einem isolierten, nicht vom König unterstützten Freibauern im Gewinnsinne spielen. Der für die Praxis wichtigste Fall ist der, dass der Freibauer schon mindestens die 6. bzw. 3. Reihe erreicht hat. Unter dieser Bedingung kann die Damenpartei in der Regel die Türme daran hindern, den Freibauern zweifach anzugreifen, um diesen dann zu schlagen. Sehen wir uns eine Position aus der Partie Miles – Ljubojevic an, in der der Freibauer bereits direkt vor dem Umwandlungsfeld steht:
A. J. Miles – Lj. Ljubojevic
Linares 1985
Schwarz am Zuge
Die Türme können den Freibauern auf a2 nicht erobern. Sie können wegen der Umwandlungsdrohung auch nicht anderweitig aktiv werden. Schwarz könnte versuchen, durch Vorrücken seiner Königsflügelbauern eine Schwächung der gegnerischen Königsstellung zu erreichen, um diese dann mit Hilfe seiner Dame, unter Umständen unter Aufgabe seines Freibauern auf a2, auszunutzen. Damit haben wir als weiteren Grundplan:
D5: Vorantreiben eines isolierten Freibauern, um die Türme zu binden und sich anderweitig einen Vorteil zu verschaffen.
Stehen Bauern und die Könige für eine bestimmte Partei günstig, sodass das reine Bauernendspiel gewonnen wäre, so wird diese Partei gerne die Schwerfiguren abtauschen. Das potentielle Bauernendspiel ist daher ständig von beiden Parteien in die Planung einzubeziehen. Der Übergang ins Bauernendspiel bildet nicht nur ein eventuelles Ziel einer Partei, sondern kann auch den gegnerischen Handlungsspielraum, zum Beispiel die Möglichkeit der Türme zu Schachgeboten, drastisch einschränken. Unterschiedlich sind die Mittel, die die Turm- bzw. Damenpartei besitzen, um diesen Übergang zu erzwingen. Was die Dame betrifft, so haben wir diese Möglichkeit mit der Freibauernstrategie, D4, schon erschöpft. Es bleibt, diesen Plan für die Turmpartei zu untersuchen. Hat die Damenpartei einen Bauern, der nur von der Dame deckbar ist, so wird dieser im Normalfall das Angriffsobjekt der Türme werden. Betrachten wir nun Stellungen, in denen alle Bauern der Damenpartei durch Bauern oder den König deckbar sind. Als Beispiel diene folgende Stellung aus der Partie Gurgenidse – Awerbach:
B. Gurgenidse – J. Awerbach
UdSSR 1961
Schwarz am Zuge
Wir sehen, dass der Bauer f7 nicht durch einen anderen Bauern gedeckt ist. Allgemein gilt: In jeder Stellung, also auch wenn alle Bauern einer Partei verbunden sind, gibt es wenigstens einen Bauern, der seinerseits keinen Bauernschutz genießt. Dieser Bauer kann von den Türmen angegriffen und geschlagen werden, wonach es zum Abtausch der beiden Türme gegen die Dame kommen könnte. Nach dem Abtausch würde ein reines Bauernendspiel entstehen. Der Plan der Turmpartei wird also sein, eine Stellung anzustreben, die nach eventuellem Figurentausch ein für sie günstiges Bauernendspiel ergibt. Notieren wir diesen Grundplan:
T4: Übergang in ein gewonnenes Bauernendspiel.
Stellen wir noch einmal die Grundgewinnpläne oder strategischen Elemente, getrennt für die beiden Parteien, zusammen:
Turmpartei:
T1: Königsangriff durch Turmverdoppelung auf der vorletzten Reihe.
T2: Einen Bauern mit beiden Türmen angreifen, um diesen zu schlagen.
T3: Vorantreiben eines Freibauern mit dem Ziel der Umwandlung.
T4: Übergang in ein gewonnenes Bauernendspiel.
Damenpartei:
D1: Königsangriff mit Hilfe von Bauern oder König, um die Türme zu binden und sich anderweitig einen Vorteil zu verschaffen.
D2: Taktisches Erobern von Bauern, insbesondere durch Doppelangriffe der Dame.
D3: Verwertung eines verbundenen Freibauernpaares, was nur aufgrund eines zusätzlichen Vorteils möglich ist.
D4: Vorantreiben eines vom König unterstützten Freibauern mit dem Ziel eines gewonnenen Bauernendspiels.
D5: Vorantreiben eines isolierten Freibauern, um die Türme zu binden und sich anderweitig einen Vorteil zu verschaffen.
Grundsätzlich bestehen die Verteidigungen – wie allgemein im Schach – darin, dass man entweder direkt den Gewinnplan des Gegners zu vereiteln versucht oder den gegnerischen Bestrebungen einen eigenen Gewinnplan entgegenstellt. Eine charakteristische Entgegensetzung zweier Gewinnpläne ist zum Beispiel, dass beide Parteien einen Freibauern bzw. eine Bauernmajorität voranbringen. Im Folgenden gehen wir auf die Verteidigungspläne ein, die für unser Materialverhältnis typisch sind.
Eine für unser Endspiel spezifische Verteidigungsmethode ist das Dauerschach.
Dauerschach steht in erster Linie der Dame zur Verfügung, denn dank ihrer Flexibilität hat sie auch in Anwesenheit von Bauern relativ leicht Gelegenheit zu fortgesetzten Schachgeboten. Als Verteidigung kommt nicht nur das Dauerschach im strikten Sinne in Frage, sondern auch eine Abfolge wie Schach – Schach – Drohung – Schach. Häufig bedarf die Dauerschachverteidigung erst einer Vorbereitung: Die Dame mobilisiert Bauern gegen den feindlichen König, um die Königsstellung zu öffnen, und erst dann sind die Bedingungen für das Dauerschach gegeben.
Die Türme haben nur dann Gelegenheit zum Dauerschach, wenn wenige Bauern auf dem Brett sind, sodass der gegnerische König sich nicht verstecken kann. Oft wird das Dauerschach der Türme dadurch unmöglich gemacht, dass sie wegen des verlorenen Bauernendspiels die durch Dame und König kontrollierten Felder nicht betreten können. Erweitert sind die Remismöglichkeiten der Türme dadurch, dass die Türme gelegentlich auch fortgesetzt die Dame, oder auch Dame und König im Wechsel, angreifen können.
Eine weitere Verteidigungsmöglichkeit der Türme besteht darin, derart einen Turm zu opfern, dass die verbleibende Stellung von der Damenpartei nicht gewonnen werden kann. Die Theorie kennt viele solcher Stellungen. Eine der wichtigsten Stellungen dieses Typs ist der „Festungsbau“. Festungsbau ist eine seit Philidor (1726–1795) bekannte Verteidigung aus dem Endspiel Dame gegen Turm und Bauer, zum Beispiel:
Schwarz hat eine Festung errichtet.
Jeder noch auf seinen Ausgangsfeld stehende Bauer (außer dem Randbauern) ist für eine Festung geeignet. Der Turm, der auf den durch den Bauern gedeckten Feldern pendelt, sperrt dem feindlichen König die 6. Reihe, sodass dieser sich nicht nähern kann. Gegen eventuelle Damenschachs kann der verteidigende König immer so ziehen, dass er bei seinem Bauern bleibt.
In diesem Kapitel werden Endspiele betrachtet, in denen nur eine der beiden Parteien über Bauern verfügt, und zwar die Endspiele „Dame und zwei Bauern gegen zwei Türme“ und „Dame gegen zwei Türme und einen Bauern“. Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die Partei mit den Bauern gewinnen kann.
Man kann sich vorstellen, dass es einen Unterschied macht, ob die beiden Bauern der Damenpartei isoliert oder verbunden sind. Zuerst sollen Stellungen mit isolierten Bauern betrachtet werden.
Weiß am Zuge gewinnt.
Schwarz am Zuge hält remis.
Weiß am Zuge:
Die Endspieldatenbanken zeigen, dass 1. c5 der einzige Zug ist, der zu einem weißen Gewinn führt. Nach 1. c5 kann der Schwarze weder den c-Bauern erobern noch eine horizontale Sperre durch Verdoppelung der Türme auf der 6. Reihe erreichen.
Schwarz am Zuge:
Es gibt mehrere Züge, mit denen Schwarz das Remis sichern kann, beispielsweise 1. ... T8a6 (Schwarz strebt eine Turmverdoppelung auf der 6. Reihe an) 2. c5 (2. Df5 Kg7 3. c5 Tg6) 2. ... Tg6 3. g4 (3. c6 Tc3 4. c7 Tgc6 nebst Txc7) 3. ... Taa6 4. g5 Tac6 (droht Tc8 nebst Tg6–c6xc5, aber Schwarz muss nicht auf Eroberung des Bauern c5 spielen, er kann einfach 4. ... Kg7 spielen, und dann mit den Türmen auf der 6. Reihe hin und her pendeln) 5. Df5 Kg7 6. Kf3 Tge6 (droht Te6–e7–c7 nebst Tc6xc5) 7. Dd5 Kg6 8. Kg4 Kg7 10. Kf5 Tg6.
Die Endstellung der soeben gezeigten Variante zeigt eine waagerechte Sperre auf der 6. Reihe, weder der weiße König noch ein Bauer kann die 6. Reihe betreten. Weiß kann nicht gewinnen.
Wichtig ist, dass der schwarze König vor dem g-Bauern steht und seinen Turm schützt. Man stelle sich vor, der schwarze König stände auf a1, dann würde Dd5–f7 sofort gewinnen.
Das vorangehende Diagramm zeigt, dass die Turmverdoppelung auf der 6. Reihe eine einfache Verteidigungsmethode ist. Die Verteidigung funktioniert nicht mit einer Turmverdoppelung auf der 7. Reihe, wie folgendes Diagramm zeigt:
Die Mattdrohung auf der 8. Reihe entscheidet, unabhängig davon, wer am Zuge ist.
Anzug beliebig, remis
Das Vorhandensein eines Randbauern erleichtert die Verteidigung der Turmpartei, da ein Randbauer dem weißen König keinen Schutz vor Seitenschachs eines Turmes bietet.
Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse zum Endspiel „Dame und zwei isolierte Bauern gegen zwei Türme“:
Ob das Endspiel für die Damenpartei gewonnen ist, hängt stark von der konkreten Stellung ab. Trotzdem kann man ein paar Richtlinien angeben, wie das Endspiel einzuschätzen und zu behandeln ist. Die folgenden Ausführungen gelten für normale, d. h. partietypische Stellungen.
– Der Turmpartei stehen zwei Hauptverteidigungspläne zur Verfügung: erstens das Spiel auf Eroberung eines Bauern, zweitens die Bildung einer horizontalen Sperre durch Verdoppelung der Türme auf der 6. Reihe. Der König der Turmpartei muss sich an der Sperre beteiligen, indem er vor einem Bauern steht und einen Turm decken kann. Eine horizontale Sperre auf der 7. Reihe führt zum Verlust.
– Je weiter die Bauern der Damenpartei vorgerückt sind, desto größer die Gewinnchancen. Wenn sich die Bauern auf der 2. oder 3. Reihe befinden, bestehen keine Gewinnchancen, da die Turmpartei genügend Zeit hat, eine Verteidigungsstellung aufzubauen.
– Ein Randbauer vermindert die Gewinnchancen der Damenpartei, weil ein Randbauer dem König keinen Schutz vor Seitenschachs der Türme bietet.
Im Folgenden werden zum Endspiel „Dame und zwei Bauern gegen zwei Türme“ Stellungen betrachtet, in denen die Bauern verbunden sind. Ein Vorteil zweier verbundener Bauern gegenüber isolierten Bauern ist, dass ein Bauer den anderen decken kann. Betrachten wir die beiden folgenden Diagramme:
Das erste Diagramm zeigt zwei isolierte Bauern. Die Bauern können nicht vorrücken, da Schwarz mit seinen Türmen auf der 6. Reihe eine waagerechte Sperre errichtet hat. Weiß kann nicht gewinnen.
Das zweite Diagramm zeigt zwei verbundene Bauern. Jeder der Bauern kann vorrücken, da der vorrückende Bauer von dem anderen Bauern gedeckt wird. Die Stellung ist für Weiß leicht gewonnen.
Damit ergibt sich folgende Erkenntnis: Bei isolierten Bauern kann die Turmpartei eine waagerechte Sperre errichten, sodass die Damenpartei nicht gewinnen kann. Bei verbundenen Bauern ist das Errichten einer Sperre durch die Turmpartei nicht möglich.
Anzug beliebig, Weiß gewinnt
Zwei verbundene Freibauern gewinnen, wenn keiner der Bauern ein Randbauer ist, der König seine Bauern unterstützt und die Bauern ihm Schutz vor Turmschachs bieten.
Anzug beliebig, remis
Zwei verbundene Bauern führen zu einem Remis, wenn einer der Bauern ein Randbauer ist und der König der Turmpartei vor den Bauern steht.
Anzug beliebig, remis
Zwei verbundene Bauern führen zu einem Remis, wenn der König der Damenpartei vertikal von seinen Bauern abgeschnitten ist. Der König kann seine Bauern nicht unterstützen und die Bauern bieten ihm keinen Schutz vor Turmschachs.
Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse zum Endspiel „Dame und zwei verbundene Bauern gegen zwei Türme“:
– Zwei verbundene Bauern der Damenpartei gewinnen, wenn keiner der Bauern ein Randbauer ist und wenn der König seine Bauern unterstützen kann.
– Zwei verbundenen Bauern führen zu einem Remis, wenn einer der Bauern ein Randbauer ist und der König der Turmpartei vor den Bauern steht.
– Zwei verbundene Bauern führen zu einem Remis, wenn der König der Damenpartei vertikal von seinen Bauern abgeschnitten ist. In diesem Fall kann der König seine Bauern nicht unterstützen und die Bauern bieten dem König keinen Schutz vor Turmschachs.
Für das Materialverhältnis „Dame gegen zwei Türme und einen Bauern“ stellt sich die Frage, ob die Turmpartei gewinnen kann und, wenn ja, unter welchen Umständen. Abgesehen von besonderen Konstellationen kann die Damenpartei nur auf ein Remis hoffen, wenn sie den weißen König mit Dauerschachdrohungen belästigen kann.
Anzug beliebig, remis
Mit einem Randbauern kann die Turmpartei nicht gewinnen. Ein Randbauer bietet dem König zu wenig Schutz vor Damenschachs.
Anzug beliebig, Weiß gewinnt
Mit einem Springerbauern gewinnt es sich leicht. Ein Gewinnplan von Weiß ist, seinen König und seinen Bauern vorzurücken, die Türme auf der e-Linie und der Bauer schützen den König dabei vor Seitenschachs der Dame. Der König marschiert seinem Bauern voran, um einen Übergang in ein gewonnenes Bauernendspiel zu ermöglichen.
Anzug beliebig. Weiß hat eine Gewinnstellung, unter Beachtung der 50-Züge-Regel kann er jedoch nicht gewinnen. Betreffs der 50-Züge-Regel benötigt Weiß am Zuge 51 Züge. Wenn Schwarz am Zuge ist, benötigt Weiß 95 Züge.
Mit einem vorgerückten Bauern, beispielsweise auf f3 oder f4, ist die Stellung remis.
Weiß gewinnt die Stellung des obigen Diagramms nach folgendem Plan: Der Bauer auf f2 wird vorerst nicht vorgezogen, auf f2 bietet er dem weißen König besseren Schutz vor Damenschachs als auf anderen Feldern der f-Linie. Die Türme operieren oberhalb des Bauern f2, also auf der 3. bis 8. Reihe, um den schwarzen König mit Schachs zu bedrohen. Ziel der Türme ist es, den schwarzen König auf die h-Linie oder in Richtung a-Linie zu drängen. Je nachdem, wie Schwarz sich verteidigt, ist eines dieser beiden Ziele erreichbar. Man beachte, die Abdrängung geschieht, ohne den Bauern f2 zu bewegen.
Wenn der schwarze König auf die h-Linie gedrängt wurde, hat Weiß keine Probleme, durch Mattdrohungen auf der h-Linie zu gewinnen.
Wenn der schwarze König in Richtung a-Linie gedrängt wurde und sich genügend weit von der f-Linie entfernt hat, dann kann Weiß, je nach konkreter Stellung, neben der Aufstellung von Mattdrohungen auch durch Vormarsch des f-Bauern gewinnen.
Anzug beliebig, remis
Ein Mittelbauer gewinnt nicht, unabhängig davon, ob er sich auf seinem Ausgangsfeld befindet oder vorgerückt ist, die Dame hat zu viele Möglichkeiten, Schach zu bieten.
Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse zum Endspiel „Dame gegen zwei Türme und einen Bauern“:
– Gegen einen Randbauern kann die Damenpartei ohne Probleme remis halten.
– Ein Springerbauer gewinnt leicht.
– Bei einem Läuferbauern kommt es darauf an, ob sich dieser von seinem Ausgangsfeld entfernt hat und wo der König der Damenpartei steht. Ob für die Turmpartei gewonnen oder nicht, auf jeden Fall ist die Behandlung dieses Endspiels für beide Parteien sehr schwierig.
– Gegen einen Mittelbauern kann die Damenpartei remis halten.
Dieses Kapitel behandelt ausschließlich Partien, in denen der Königsangriff mit dem Ziel des Mattsetzens geführt wird, im Gegensatz zu Partien in anderen Kapiteln, wo eine unsichere Königsstellung zum Materialgewinn oder zur Erlangung anderer Vorteile ausgenutzt wird.
Die Türme können einen offen stehenden König allein mattsetzen. Das Wesentliche des typischen Mattangriffs der Türme zeigt die folgende Studie:
Studie von Henri Rinck
1. Preis, La Strategie 1916
Weiß am Zuge gewinnt
Die Türme stehen auf der 7. Reihe ideal: Sie decken sich gegenseitig und halten den König auf der 8. Reihe fest; die Dame muss ein Turmschach auf der 8. Reihe verhindern.
Gehen wir zunächst einmal davon aus, dass die Dame kein Schachgebot hat, nehmen also an, dass der weiße König irgendwie geschützt steht. In der obigen Position würden dann folgende Turmzüge die Dame gewinnen: 1. Tf7 Dg8 2. Tba7 (Wartezug) De8 (Zugzwang) 3. Th7+ Kg8 4. Tag7+ Kf8 5. Th8+ Kxg7 6. Txe8.
Das Manöver Tf7–h7–h8, eingeleitet durch 3. Th7+, mit dem Ziel, durch 5. Th8+ die 8. Reihe zu erobern, heißt „Umgehung“ (des schwarzen Königs), da der weiße Turm sozusagen um den König herumgeht.
Hat die Dame kein Schachgebot zur Verfügung, so werden die Türme immer gewinnen, gleichgültig wo der schwarze König und die Dame auf der 8. Reihe stehen. Die einzige Frage in den verschiedenen möglichen Positionen von schwarzem König und Dame ist die, ob die Türme wie in obiger Variante Zugzwang herbeiführen müssen, oder ob sie die Umgehung direkt ausführen können.
Kommen wir nun zur konkreten Stellung des Diagramms. Schwarz droht Remis durch Dauerschach, daher scheitert auch der einfache weiße Gewinnplan, mit dem König nach a7 zu laufen, um Tb8 zu drohen. Der einzige Gewinnweg besteht in
1. Th7+!
1. Tf7 Dd6 remis. Die Züge 1. Td7, 1. Te7, 1. Ke1 führen nach 1. ... Dg8 ebenfalls nur zum Remis.
1. ... Kg8 2. The7 Kh8 3. Tbc7 Kg8
3. ... Dg8 4. Kf1 Df8+ 5. Tf7 Dg8 6. Kf2 mit Gewinn durch Zugzwang.
4. Ta7 Kh8 5. Tf7 De8+ 6. Kf2! Kg8 7. Tg7+ Kf8 8. Th7 Kg8 9. Tag7+ Kf8 10. Th8+
und Weiß gewinnt.
Es folgen nun zwei Beispiele aus der Turnierpraxis, die den typischen Mattangriff der Türme veranschaulichen.
T. Stanciu – V. Vaisman
Rumänien 1978
1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 a6 6. a4 Sc6 7. Le2 e5 8. Sxc6 bxc6 9. f4 Da5 10. 0-0 Le7 11. Le3 Tb8 12. Tb1 Db4 13. Lf3 Le6 14. Kh1 Lc4 15. Te1 a5 16. Ld2 Db6 17. b3 La6 18. Se2 Dc7 19. Sg3 g6 20. Le2 Lc8 21. Tf1 h5 22. fxe5 dxe5 23. Lg5 Sh7 24. Lxe7 Dxe7 25. Lc4 Sg5 26. De1 h4 27. Se2 h3 28. g3 Ta8 29. Df2 0-0 30. De3 Kg7 31. Sg1 Lg4 32. Le2 Le6 33. Sf3 Sxf3 34. Txf3 Tfd8 35. Tbf1 Td4 36. Kg1 Tad8 37. g4 Th8 38. Lc4 Lxc4 39. bxc4 Td7 40. Txf7+
40. Txh3 De6!
40. ... Dxf7 41. Txf7+ Txf7 42. Dc3
Stellungsbeurteilung:
Die Stellung wirkt eigenartig, weil beiderseits alle Bauern vereinzelt sind und auf gleichen Linien stehen. Die Damenpartei verfügt über einen Mehrbauern und kann noch mindestens einen weiteren Bauern gewinnen. Der König der Turmpartei steht offen, ist gegenwärtig aber durch die Türme geschützt. Der König der Damenpartei hat ebenfalls nur wenig Bauernschutz. Die Türme haben Manövrierraum (drei offene Linien), der schwarze Bauer h3 kann einen Mattangriff unterstützen. Aufgrund des Mehrbauern und der gleichzeitigen Bedrohung der Bauern a5 und e5 könnte man zu dem oberflächlichen Urteil kommen, Weiß stehe besser. Bei genauerer Betrachtung sieht man, dass die Türme gute taktische Möglichkeiten gegen den weißen König haben.
Plan für Weiß: Bauerngewinn, Bildung eines Freibauern. Plan für Schwarz: sofortiger Mattangriff, Besetzung der 2. Reihe.
42. ... Td8
Mattdrohung. Die Turmpartei darf sich nicht ängstlich an die Bauern klammern. Hier muss Schwarz bereit sein, gerade den für die Mattdrohung wichtigen Bauern h3 aufzugeben. Auch 42. ... Thf8? würde Matt drohen, wäre aber bezüglich der Turmverdoppelung auf der 2. Reihe zu langsam, 43. Dxh3 Tf2 44. g5.
43. Dxh3
Nach 43. Dxe5+ Kh7 44. Da1 Td2 kann die Dame keine Gegenaktion gegen die Türme auf der 2. Reihe (plus unterstützendem Bauern h3) einleiten.
43. ... Td1+ 44. Kg2 Td2+ 45. Kg1
Nach 45. Kg3 gewinnt Tdf2 sofort.
45. ... Tb7!
Dieser Zug droht direkt Matt und gewinnt dadurch gegenüber 45. ... Tff2? das entscheidende Tempo.
46. Df1 Tb2
Schwarz hat eine Gewinnstellung erreicht. Die Türme binden die Dame an die Grundreihe; nach dem Schlagen des Bauern c2 könnten sie die Umgehung betreiben. Das einzige weiße Gegenspiel besteht darin, durch das Vorrücken der Bauern h und g der Dame Möglichkeiten zum Dauerschach zu verschaffen. Hierzu muss Weiß den h-Bauern vorstoßen; ginge der weiße g-Bauer nach g5, so würde sich Schwarz mit Kg8 den Schachgeboten leicht entziehen.
47. h4 Tbxc2
Es macht keinen Unterschied, mit welchem der beiden Türme der c-Bauer geschlagen wird.
48. h5
Nach 48. g5 Kg8 49. Kh1 Tf2 50. Dg1 c5 kommt Weiß in Zugzwang.
48. ... gxh5
48. ... g5? 49. h6+ Kxh6 50. Df6+ und Dauerschach.
49. gxh5
Schwarz darf nun nicht mittels 49. ... Tg2+ 50. Dxg2 Txg2+ 51. Kxg2 in ein Bauernendspiel übergehen, da dieses nach 51. ... Kh6 52. Kh3 Kxh5 53. c5 remis wäre.
Hinsichtlich des Umgehungsangriffs hat Weiß jene relativ günstige Position (weißer König verteidigt die h-Linie) erreicht, in der die Turmpartei Zugzwang herbeiführen muss.
49. ... Kh6
Mit diesem Zug nähert sich der König dem weißen Lager und findet hinter dem gegnerischen Bauern h5 Schutz vor einem Schachgebot der Dame auf der h-Linie. Der Zug ermöglicht aber ein Schachgebot der Dame auf f6, Schwarz hat jedoch keinen besseren Zug, auf Abwartezüge wie 49. ... Tb2 rückt Weiß seinen h-Bauern vor.
50. c5
Nach 50. Df6+ Kxh5 51. Dxe5+ Kg4 52. Df5+ Kg3 kann Weiß kein Dauerschach erreichen, denn der schwarze König bewegt sich entlang der 3. Reihe zum Damenflügel und findet dort Schutz.
Mit dem Partiezug nutzt Weiß sein einziges Reservetempo. Folgerichtig macht Schwarz nun einen Wartezug:
50. ... Tb2
Will Weiß nun nicht den oben genannten Verlustweg mit Df6+ usw. beschreiten, so müssen König und Dame sich trennen (Zugzwang). Auf 51. De1 gewinnt Schwarz einfach mit dem Umgehungsmanöver: 51. ... Tg2+ 52. Kh1 (52. Kf1 Tbf2+ mit gewonnenem Bauernendspiel) 52. ... Th2+ 53. Kg1 Tbg2+ 54. Kf1 Th1+. In der Partie kam die andere Version der Trennung von König und Dame zur Ausführung:
51. Kh1 Tf2 52. Dd3
52. Dg1 droht Dg6 matt, aber Schwarz kann den Bauern h5 schlagen, ohne einem Dauerschach ausgesetzt zu sein: 52. ... Kxh5 53. Dd1+ Kh4 54. De1 Tbe2.
52. ... Tbd2 53. De3+ Kh7 54. Kg1 Tfe2
Die Dame kann weder auf die 1. Reihe zurück noch beide Mattfelder (d1, e1) zugleich decken. Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Der Partieverlauf und die Analysen zeigen, dass die Stellung des Ausgangsdiagramms für Schwarz gewonnen ist.
In der Ausgangssituation mit beiderseitigen Angriffsmöglichkeiten erreichten die Türme (forciert und unter Preisgabe eines Bauern) die Idealposition auf der vorletzten Reihe. Die Dame wurde dadurch an die Bewachung der Grundreihe gebunden (zweites Diagramm). Trotzdem konnte die Damenpartei aktiv werden: Sie verbesserte durch Bauernvormarsch ihre Möglichkeiten zum Dauerschach. Es zeigte sich nun (letztes Diagramm), dass der König der Turmpartei sich vor den Damenschachs verstecken kann, sodass es keine Verteidigung gegen das Umgehungsmanöver mehr gab.
Die Partie lehrt, dass die aktiven Türme die Besetzung der vorletzten Reihe anstreben müssen, um mit Mattmotiven gegen den auf der Grundreihe abgesperrten König agieren zu können. Um das Ziel der Besetzung der vorletzten Reihe zu erreichen, ist nötigenfalls auch ein Bauernopfer gerechtfertigt.
Pa. Stefanow – E. Ungureanu
Rumänische Meisterschaft 1979
Weiß am Zuge
Stellungsbeurteilung:
Beide Parteien haben isolierte Bauern am Königsflügel. Während aber die weißen Bauern zuverlässig gedeckt sind, drohen die schwarzen Bauern erobert zu werden. So erscheint etwa die Verteidigung des Bauern h5 schwierig. Schwarz muss deshalb überlegen, ob er eine Verteidigungsaufstellung einnehmen oder lieber aktiv nach Gegenspiel Ausschau halten soll. Bezüglich des Gegenspiels wird er seine Aktivitäten auf den Damenflügel ausrichten und eventuell versuchen, die etwas offene weiße Königsstellung auszunutzen. Weiß steht besser.
1. Tf4!
Die Königsflügelbauern werden gedeckt, wodurch der andere Turm beweglich wird. Er droht den Bauern f7 nochmals anzugreifen.
1. ... Dd7?
Verhindert 2. Te7, aber nicht die starke Partiefortsetzung 2. Te5. Schwarz hätte beide Züge verhindern müssen, das hätte 1. ... Dc8 geleistet. Nach etwa 2. Kg2 (2. Te7/Te5 Dc1+ nebst Dxf4) 2. ... Kg6 3. a4 f6 steht Weiß besser, aber ein Gewinn ist fraglich.
2. Te5 Dd6
Nach 2. ... Kh6 3. Tef5 Kg6 4. Tg5+ Kh6 5. Tf6+ Kh7 6. Txh5+ gewinnt Weiß.
3. Tg5+
Den f-Bauern angreifen, brächte nichts, da er nach 3. Tef5 f6! nicht geschlagen werden könnte: 4. Txf6? Dxf6 5. Txf6 Kxf6 und Schwarz gewinnt das Bauernendspiel.
3. ... Kf8 4. Tgf5 Dxa3
Schwarz gibt seinen Bauern auf f7, erhält dafür aber zwei verbundene Freibauern. Die Alternative ist, den Bauern auf f7 zu decken, z. B.
(a) 4. ... Dc7 5. a4 (es droht a5 nebst Txf7) 5. ... b6 (5. ... b5 6. axb5 axb5 7. Tb4) 6. Kg2 und Weiß erobert den Bauern auf h5, z. B. 6. ... Kg7 7. Tg5+ Kf8 8. Te4 Dc6 9. Txh5. Die Position unterscheidet sich strukturell nicht von dem Ausgangsdiagramm, allerdings mit dem wesentlichen Unterschied, dass dem Schwarzen der Bauer h5 fehlt.
(b) 4. ... Dg6+ 5. Kh2 b5 6. Tf6 Dg7 7. T4f5 a5 8. Tb6 b4 9. Tb8+ Ke7 10. Tb7+ Kd6 11. axb4 Dd4 12. Kg3 axb4 13. Tfxf7 (Die Stellung ist für Weiß gewonnen: Die schwarzen Bauern sind isoliert und angreifbar, der schwarze König ist Schachgeboten ausgesetzt, der weiße König steht relativ sicher.) 13. ... Dc4 14. Tfd7+ Ke6 15. Te7+ Kf6 16. Th7 Kg6 17. Thc7 Dd5 18. Kg2 b3 19. Tb6+ Kf5 20. Tg7 und die Drohung 21. Tg5+ entscheidet die Partie.
5. Txf7+ Ke8
Auf 5. ... Kg8 gewänne 6. T7f5 b5 7. Tg5+ Kh7 8. Txh5+ mit Mattdrohungen auf der h-Linie.
6. Tc7
Weiß will mit beiden Türmen die 7. Reihe besetzen und einen direkten Mattangriff führen.
Eine Alternative zum Partiezug, die für Weiß relativ leicht zum Gewinn führt, ist 6. Kg2 Dd6 (verhindert eine Turmverdoppelung auf der 7. Reihe) 7. T7f6 Dd3 8. T6f5 b5 9. Txh5. Für Weiß bieten sich nun, in Abhängigkeit vom schwarzen Spiel, verschiedene Pläne an:
(a) den h-Bauern in Bewegung setzen, 9. ... Dg6+ 10. Tg5 Dh7 11. h5 Ke7 12. Th4.
(b) Turmverdoppelung auf der 7. Reihe mit folgenden Mattdrohungen eines Turmes auf der 8. Reihe, 9. ... Dc3 10. Th7 Dd3 11. Tg7 Dd5 12. Te4+ Kf8 13. Tee7.
(c) die schwarzen Bauern erobern, 9. ... a5 10. Tff5.
6. ... Db3
Dieser natürlich aussehende Zug deckt den b-Bauern, verhindert Tff7 und stellt die Falle 7. Te4+? Kd8 8. Tee7? Dd1+ nebst Dd6 mit schwarzem Gewinn. Trotzdem ist 6. ... Dd6 besser, weil Schwarz damit die Turmverdoppelung auf der 7. Reihe verhindert (7. Tff7? Dg6+) und Weiß für den Sieg noch arbeiten müsste: 7. Te4+ Kd8 8. Txb7 Dg6+ 9. Kf1 Df6 10. Tb3.
Nach dem Partiezug verliert Schwarz chancenlos, weil der König auf der Grundreihe abgesperrt bleibt.
7. Tg7
Verhindert die Damenschachs auf der g-Linie und droht 8. Te4+ nebst 9. Tee7, worauf die Türme mit dem Motiv des Grundreihenmatts arbeiten können.
7. ... a5 8. Kg2 a4 9. Te4+ Kf8 10. Tee7 b5 11. Tb7 De6 12. Tgc7 De8
Diese Verteidigungsstellung können die Türme unter Androhung der Umgehung leicht aufbrechen.
13. Th7 De5
Nach 13. ... Dg6+ 14. Kh1 Kg8 15. Thc7 De8 16. Tg7+ Kf8 17. Th7 Kg8 (17. ... De1+ 18. Kg2 Kg8 19. The7) 18. Tbg7+ erobert Weiß durch das Umgehungsmanöver erst die Dame und dann die Freibauern: 18. ... Kf8 19. Th8+ Kxg7 20. Txe8 21. a3 Ta8 22. b4 Ta4.
14. Tb8+
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Schwarz hat schon mit seinem ersten Zug (1. ... Dd7?) einen schweren Fehler begangen.
Wir können aus der Partie lernen, dass ein durch die Türme entlang der 7. Reihe geführter Mattangriff gegen einen auf der Grundreihe stehenden ungeschützten König eine hohe Durchschlagskraft besitzt. Nicht einmal zwei verbundene Freibauern boten hier Rettungschancen. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass gegen den Mattangriff der Türme auf der 7. Reihe in den meisten Fällen nur ein Dauerschach der Dame rettet.
Die Dame kann allein nicht mattsetzen. Sie muss dabei von Bauern oder vom König unterstützt werden. Die Türme hingegen können einen offen stehenden König allein mattsetzen. Zwei auf der vorletzten Reihe eingedrungene Türme, die mit Mattdrohungen operieren können, sind ein hohes strategisches Ziel, dem fast alles untergeordnet werden kann. Als Verteidigungsplan steht der Dame in der Regel nur das Dauerschach zur Verfügung.
Prinzipielle Bedeutung hat das Umgehungsmanöver. Die Betrachtungen zur Studie von H. Rinck zeigen, wie zwei Türme auf der 7. Reihe gegen einen auf der 8. Reihe eingesperrten König durch ein Umgehungsmanöver gewinnen.
Die Partien Stanciu – Vaisman und Stefanow – Ungureanu sind Beispiele für die konsequente Eroberung der vorletzten Reihe durch die Türme mit anschließenden Mattdrohungen gegen den auf der letzten Reihe eingesperrten König. In der ersten Partie standen die Figuren der Damenpartei (Kg1, Df1) derart, dass die Turmpartei auf Zugzwang angewiesen war, um zu gewinnen. In der zweiten Partie (Kf8, De8) führte die Umgehung unmittelbar zum Erfolg.
Hier wollen wir nur den im Mattsinne geführten Königsangriff der Damenpartei betrachten und nicht Fälle, in denen der Königsangriff als Hilfsmittel für andere Zwecke dient.
B. Kouatly – J. Plachetka
Bagneux 1982
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sf3 d5 4. Sc3 Lb4 5. Lg5 Sbd7 6. cxd5 exd5 7. e3 c5 8. Ld3 c4 9. Lf5 Da5 10. 0-0 0-0 11. Dc2 Te8 12. Sd2 g6 13. Lxd7 Sxd7 14. a3 Lxc3 15. bxc3 Sb6 16. f3 Ld7 17. h4 La4 18. Dc1 Lc6 19. Tb1 Te6 20. Te1 Tae8 21. Sf1 Sa4 22. Tb4 Dc7 23. g4 f6 24. Lh6 f5 25. gxf5 gxf5 26. Lf4 Dxf4 27. exf4 Txe1 28. Dc2 T8e2 29. Dxf5 Sxc3 30. h5 Te7 31. Tb2 Se2+ 32. Txe2 T1xe2 33. Sg3 Tb2 34. Dc8+ Kf7 35. Df5+ Ke8 36. Dc8+ Kf7 37. Df5+ Kg8 38. Dc8+ Le8 39. Kf1 Tb1+ 40. Kg2 Tb2+ 41. Kh3 Te1 42. Se4 Th1+ 43. Kg4 Tg2+ 44. Kf5 dxe4 45. Kf6 Kh8 46. Dxe8+ Tg8
Stellungsbeurteilung:
Weiß hat Angriff gegen den schwarzen König. Um diesen Angriff aufrechtzuerhalten, muss er 47. De5 ziehen mit unmittelbaren Drohungen gegen den König auf h8. Die Mattdrohungen und die auf beiden Seiten vorhandenen Freibauern werden das Spielgeschehen bestimmen.
47. De5! Tg7
Der einzige Zug, das Abzugsschach wäre sonst in jedem Fall entscheidend, z. B. 47. ... h6 48. Kf7+ Kh7 49. Df5+ Kh8 50. Df6+ Kh7 51. Dg6+! Txg6 52. hxg6+ nebst matt.
48. d5?
Ein Rechenfehler. Das natürliche 48. fxe4 gewinnt leicht: 48. ... c3 49. Dc5 und die Türme sind hilflos gegen den Vormarsch der Bauern.
48. ... exf3 49. d6
49. ... h6?
49. ... Td1! hätte die Partie gerettet: 50. h6 Txd6! 51. Kf5! Txh6 52. De8+ Tg8 53. De5+ mit Dauerschach oder 50. Ke6 h6 51. Dc5 Te1+ 52. Kd5 Td1+ führt zu einem Remis.
50. Dd4 f2 51. d7 Txd7 52. Dxd7 Tg1 53. Dd4! f1D 54. Kf7+ Kh7 55. De4+ Kh8 56. De5+ Kh7 57. Df5+ Kh8 58. Df6+ Kh7 59. Dg6+!
Schwarz gibt auf, da er nach 59. ... Txg6 60. hxg6+ Kh8 61. g7+ Kh7 62. g8D matt wird.
Zusammenfassung:
Die Dame wurde bei ihrem Mattangriff in idealer Weise von König und Bauer unterstützt. Trotzdem schlug der direkte Mattangriff nicht durch. Die Entscheidung fiel, weil Weiß über einen weiteren Vorteil verfügte: einen gefährlichen Freibauern. Dies lässt den Schluss zu, dass die Damenpartei, solange beide Türme verteidigen, allein durch einen Mattangriff nicht zum Erfolg kommt.
Im Endspiel kommt der Mattangriff der Dame im Gegensatz zu dem der Türme recht selten vor, und wenn, dann häufig nur als Druckmittel im Zusammenhang mit anderen Strategien. Der Grund hierfür ist: Die Türme können allein mattsetzen, die Dame hingegen muss dabei von Bauer oder König unterstützt werden.
Dieses Kapitel behandelt ausschließlich Stellungen, in denen weder Freibauern noch gesunde Bauernmajoritäten vorkommen. Deshalb sind die Partien meistens durch gleiche Bauernzahl und eine symmetrische Bauernstruktur gekennzeichnet. Mehrbauern könnten nur beim Vorhandensein von Doppelbauern auftauchen.
B. Gurgenidse – J. Awerbach
29. Meisterschaft der UdSSR 1961
1. Sf3 d5 2. d4 Sf6 3. c4 e6 4. Sc3 c5 5. e3 Sc6 6. Le2 dxc4 7. Lxc4 cxd4 8. exd4 Le7 9. 0-0 0-0 10. Lg5 b6 11. Dd2 Lb7 12. Tad1 Tc8 13. De2 Sb4 14. Se5 Sfd5 15. Ld2 Sxc3 16. bxc3 Sd5 17. Tc1 La3 18. Tc2 b5 19. Ld3 a6 20. De4 g6 21. Sg4 Te8 22. Df3 Lf8 23. a4 Lg7 24. axb5 axb5 25. Lxb5 Sxc3 26. Dxb7 Tb8 27. Dxb8 Dxb8 28. Lxe8 Se2+ 29. Kh1 h5 30. Ld7 Dd6 31. Sh6+ Lxh6 32. Lxh6 Sxd4 33. Td2 Dxd7 34. Tfd1 e5 35. Le3 Df5 36. Lxd4 exd4 37. Kg1 Kg7 38. Txd4 Db5 39. h4 De2 40. T1d2 De1+ 41. Kh2 De5+ 42. g3 De1
Stellungsbeurteilung:
Die Anzahl der Bauern ist gleich, alle Bauern stehen auf einem Flügel, es gibt keine Freibauern.
Die Türme sind verbunden und haben freien Raum, die weiße Königsstellung ist leicht gelockert. Die Türme werden versuchen, den Bauern f7 anzugreifen, im Idealfall durch Postierung beider Türme auf der 7. Reihe. Nach einem Tausch der Türme gegen die Dame und den Bauern f7 hätte Weiß ein gewonnenes Bauernendspiel.
Die Damenpartei muss um das Remis kämpfen. Im Falle, dass die Türme auf der 7. Reihe stehen, verfügt die Dame nicht über Dauerschach, sondern nur über einen Dauerangriff: Schachgebote, wenn der weiße König auf der Diagonalen a8-h1 oder auf der Grundreihe steht, Angriff auf den Bauern f2, wenn der weiße König auf h2 steht. Die Damenpartei kann versuchen, durch Vormarsch ihrer Bauern die weiße Königsstellung zu öffnen.
43. Kg2
Um den Turm d2 beweglich zu machen, muss Weiß den Bauern f2 (sofort, sonst 43. ... Df1) mit dem König decken.
43. ... Kh6 44. Td1 De2 45. Td7
Erster Schritt zur Turmverdoppelung auf der 7. Reihe.
45. ... Dc2 46. Kg1 f5?
Der entscheidende Fehler. Der Zug sieht normal aus, denn er droht f5–f4 mit Öffnung der weißen Königsstellung, Weiß kann nun jedoch eine Mattdrohung durch Turmverdoppelung auf der 7. Reihe aufstellen.
Nach 46. ... Da4 hätte Weiß nicht gewinnen können, z. B. 47. T1d4 Da1+ 48. Kh2 f5 49. Kg2 Da8+ 50. T4d5 Dc6 51. Kg1 f4 52. T7d6 Dc1+ 53 Kg2 fxg3 54. Tg5 gxf2 55. Tgxg6 Kh7 56. Kxf2 Df4+ 57. Kg2 Dxh4.
47. Te1!
Der Gewinnzug. Fehlerhaft wäre 47. Ta1 f4 48. Taa7 Db1+ 49. Kg2 De4+ 50. Kf1 und Weiß würde durch Dauerschach das Remis erzwingen, z. B. Db1+ 51. Ke2 De4+ 52. Kd2 Db4+ 53. Kd3 Db5+ 54. Ke4 De2+ 55. Kd5 Db5+.
47. ... Dc8
Die Dame geht gleich zur Deckung des Feldes h7 über. Die Verteidigung durch den Vorstoß f5–f4 scheitert nun: 47. ... f4 48. Tee7 Dc1+ 49. Kg2 Dc6+ 50. f3 Dc2+ 51. Kh3 Df5+ 52. g4 hxg4+ 53. fxg4 und Schwarz kann das Matt nicht mehr sinnvoll decken.
48. Tee7 Dh8 49. f4
Damit wird die Bauernstruktur endgültig festgelegt. Weiß gewinnt das Bauernendspiel trotz gleicher Bauernzahl, wenn der weiße König nach e6 gelangt. Der Zug 49. f4 bedeutet die völlige Öffnung der weißen Königsstellung und ermöglicht der Dame Schachgebote; jedoch kann sich der König zunächst vor der Dame auf h3 verstecken.
Schneller hätte der Plan gewonnen, den f-Bauern auf f2 stehen zu lassen und stattdessen den König nach f3 zu bringen. Danach gewinnt Weiß, mittels Th7+, durch die Abwicklung in ein Bauernendspiel: 49. Kg2 Da8+ (49. ... Dg8 50. Tf7 Da8+ 51. Tb7 Dg8 52. Kf3 Dh8 53. Th7+ Dxh7 54. Txh7+ Kxh7 55. Kf4) 50. Tb7 Dg8 (50. ... Dh8 51. Ted7 Dg8 52. Kf3 Dh8 53. Th7+ Dxh7 54. Txh7+ Kxh7 55. Kf4) 51. Tf7 Dh8 52. Tfd7 Dg8 53. Kf3 Dh8 54. Th7+ Dxh7 55. Txh7+ Kxh7 56. Kf4 Kg7 (56. ... Kh6 57. Ke5 Kg7 58. Ke6) 57. Kg5 Kf7 58. Kh6 Kf6 (58. ... f4 59. gxf4 Kf6 60. f3 Kf5 61. Kg7 Kxf4 62. Kxg6 Kxf3 63. Kxh5) 59. f4 Kf7 60. Kh7 Kf6 61. Kg8 Ke6 62. Kg7.
49. ... Da1+ 50. Kh2 Db2+ 51. Kh3 Dh8
Um ins gegnerische Lager einzudringen, muss Weiß mit seinem König die 2. Reihe betreten, ohne dass die Dame dort (auf a2 oder b2) Schach bieten kann. Um diese Schachs zu verhindern, sind zwei verschiedene Aufstellungen der Türme möglich, nämlich auf b7, f7 und auf a7, b7. Die erstere, die in der Partie gewählt wurde, ist effektiver, da der Turm auf f7 der Dame die Diagonale a2-g8 sperrt.
52. Tb7 Dg8 53. Tf7 Dh8 54. Kg2 Dg8 55. Kf2 Dh8 56. Ke2 De8+ 57. Kd2 Dd8+ 58. Kc2 Dc8+
Der König wanderte auf der geschützten 2. Reihe bis zur c-Linie, da er sich von dort gegen das Schach auf b2 selbst verteidigt; so kann der b-Turm den Schutz der c-Linie übernehmen und der König auf der c-Linie nach oben gehen.
59. Tbc7 Dh8
60. Kd3 Dd8+ 61. Kc4 Dg8 62. Kc5 Dh8
Nun ist eine Entfernung von nur zwei Feldern zu e6 erreicht, der Übergang ins gewonnene Bauernendspiel wird vollzogen.
63. Th7+ Dxh7 64. Txh7+ Kxh7 65. Kd5 Kg7 66. Ke6
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Wegen ihrer lehrbuchartigen Einfachheit kann die Ausgangsstellung als Muster für die Turmstrategie des Übergangs zum Bauernendspiel gelten.
Suetin schreibt in seinem Partiekommentar: „Weiß demonstriert einen überzeugenden Gewinnplan.“ Tatsächlich aber reicht die Verteidigung Dauerangriff der Dame gegen alle Pläne der Turmpartei aus. Nach dem Fehler 46. ... f5? konnte die Turmpartei einen Mattangriff aufbauen. Durch diesen wurde die Dame gebunden und die Turmpartei konnte unbehelligt ihren König für ein gewonnenes Bauernendspiel bei gleicher Bauernanzahl in Position bringen.
Betrachten wir noch einmal die Ausgangsstellung. Die Dame ist bestrebt, Dauerschach zu geben. Der Bauernschutz alleine, ohne Turmunterstützung, reicht nicht aus, um einen Dauerangriff auf die weiße Königsstellung zu verhindern. Neben den Bauern muss zusätzlich ein Turm, in der Regel auf der 1. oder 2. Reihe postiert, einen Beitrag zum Schutze des weißen Königs leisten. Im Gewinnsinne der Turmpartei ist es jedoch notwendig, beide Türme auf die 7. Reihe zu stellen. In vorliegender Ausgangsstellung ist es für die Turmpartei nicht erreichbar, mit einem Turm den eigenen König zu schützen und gleichzeitig mit diesem Turm die gegnerische Stellung zu bedrohen, daher kann die Turmpartei nicht gewinnen.
W. Panow – M. Bontsch-Osmolowski
27. Meisterschaft von Moskau 1949
1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 Lc5 4. 0-0 Sd4 5. Sxd4 Lxd4 6. c3 Lb6 7. d4 c6 8. La4 d6 9. Lc2 Sf6 10. Sd2 Lg4 11. Sf3 De7 12. a4 0-0 13. h3 Lh5 14. a5 Lc7 15. dxe5 dxe5 16. De2 Sd7 17. g4 Lg6 18. Dc4 Dc5 19. Db3 Tfb8 20. Sh4 De7 21. Sxg6 hxg6 22. Td1 Sf8 23. Da2 Se6 24. Lb3 Sc5 25. Le3 Sxb3 26. Dxb3 b6 27. axb6 Lxb6 28. Lxb6 Txb6 29. Dxb6 axb6 30. Txa8+ Kh7
Stellungsbeurteilung:
Beide Parteien haben gleich viele Bauern. Es gibt keine Bauernmajoritäten. Die Türme haben zwei offene Linien und können sich leicht verbinden. Die weiße Königsstellung ist zwar gelockert, jedoch braucht die Dame Zeit, um dort einzugreifen.
Weiß verfügt in erster Linie über den Plan, durch gemeinsamen Angriff der Türme auf einen Bauern (Bauer f7 bietet sich zunächst an) den Übergang in ein gewonnenes Bauernendspiel zu erzwingen. Weiß steht aktiv: Er wird versuchen, die 7. Reihe zu besetzen, um den schwarzen Königsflügel anzugreifen. Schwarz kann nur versuchen, mit der Dame in das weiße Lager einzudringen und König bzw. Bauern zu bedrohen. Die Aussicht, dieses erfolgreich zu bewerkstelligen, ist groß, denn wenn Weiß mit den Türmen in das schwarze Lager eindringt, werden diese dem Schutz des eigenen Königs entzogen.
31. Tdd8
Weiß stellt eine Mattdrohung auf, die Schwarz leicht parieren kann. Er hätte sofort die Besetzung der 7. Reihe durch Ta8–d8–d7 einleiten können. Nach 31. Tad8 muss Schwarz sehr genau spielen, darauf würden die Züge f6, f5, g5, De6 und Dc5 verlieren, nach dem besseren Df6 hätte Schwarz gute Remischancen. Gehen wir die Antwortzüge nach 31. Tad8 nacheinander durch:
(a) 31. ... f6 32. g5 fxg5 (32. ... f5 33. h4 fxe4 34. Ta8 e3 35. fxe3 Dc5 36. Kf2 Dc4 37. Tdd8 Dxh4+ 38. Ke2, der König findet vor den Damenschachs Schutz am Damenflügel) 33. Tc8 g4 34. Tdd8 Kh6 35. h4 g5 36. Th8+ Kg6 37. Txc6+ Kf7 38. Thc8 und gegen die Drohung Tc7 ist Schwarz machtlos.
(b) 31. ... f5 32. Tc8 Kh6 (32. ... fxg4 33. Tdd8 Kh6 34. h4 g5 34. Th8+ Kg6 36. Txc6+ Kf7 37. Thc8 und die Drohung Tc7 entscheidet) 33. h4 g5 34. h5 g6 35. Tdd8 fxg4 36. Th8+ Kg7 37. h6+ Kf6 38. Txc6+ Kf7 39. Th7+ mit Damengewinn.
(c) 31. ... g5 32. T1d7 De6 33. Tc7 Dh6 (33. ... Dc4 34. Tdd7 und nun 34. ... Dxe4 35. Txf7 mit weißer Gewinnstellung, da die Türme angreifen und gleichzeitig ihren König verteidigen, oder 34. ... Kg8 35. Txf7 Dxf7 36. Txf7 Kxf7 und Weiß hat ein gewonnenes Bauernendspiel, wie die Analysen zum 34. Partiezug beweisen) 34. Td3 Kg8 (34. ... Dg6 35. Tdd7 Dxe4 36. Txf7) 35. Tf3 mit weißer Gewinnstellung.
(d) 31. ... De6 32. g5 De7 (32. ... Dxh3 33. T1d3 Dh4 34. Tg3 f6 35. Tg2 nebst Th2, oder 32. ... Da2 33. Tf8 Dxb2 34. Txf7 Db3 35. Tdd7 Dxc3 36. Td8 Dc1+ 37. Kh2 Dxg5 38. Tff8, oder 32. ... Dc4 33. T1d7 Dxe4 34 Txf7 Dh4 Tff8 Dxg5+ 36. Kh2) 33. h4 De6 34. Ta1 Dg4+ 35. Kf1 und Weiß gewinnt durch Taa8 nebst matt, auf Damenschachs bringt sich der weiße König auf dem Damenflügel in Sicherheit.
(e) 31. ... Dc5 32. g5 gewinnt entsprechend der Gewinnführung nach 31. ... De6.
(f) 31. ... Df6 (Die vorangegangenen Analysen zeigen, dass 31. ... De6/Dc5 32. g5 für Weiß gewonnen ist. Daher bietet sich 31. ... Df6 an, denn danach ist g4–g5 nicht möglich, außerdem droht 32. ... Df3.) 32. T1d3 Dg5, Schwarz möchte Dc1 spielen mit guten Remischancen.
31. ... g5
Der einzige Zug. 31. ... Kh6 scheitert an 32. h4 g5 33. h5 g6 34. Th8+ Kg7 35. h6+ Kf6 36. Thd8 De6 37. f3 Dc4 38. h7 Dc5+ 39. Kg2 und nach h7–h8D wird Schwarz in wenigen Zügen mattgesetzt.
Durch die Mattdrohung 31. Tdd8 hat Weiß erzwungen, dass Schwarz am Königsflügel durch ein eventuelles f7–f5 nicht mehr aktiv werden kann. Weiß kehrt nun zurück zu dem Plan der Turmverdoppelung auf der 7. Reihe.
32. Td3 Dc5?
Der Verlustzug. Danach kann Weiß die 7. Reihe sofort besetzen. Nach 32. ... f6 hätte sich Schwarz verteidigen können, z. B. 33. Tad8 Df7 34. T3d7 Dc4 35. Tb8 Dxe4 36. Tbb7 Kh6 37. Txg7 De1+ 38. Kg2 De4+ 39. Kh2 Dc2 und Weiß kann ein Remis durch Dauerschach zulassen oder durch 40. Th7+ Dxh7 41. Txh7 Kxh7 ein gleichstehendes Bauernendspiel erreichen.
33. Ta7 Dc4 34. Tdd7 Dxe4
Der Bauer f7 kann nicht mehr verteidigt werden, nach 34. ... Kg6 35. Txf7 Dxf7 36. Txf7 Kxf7 ist das Bauernendspiel für Schwarz verloren: 37. Kg2 Kg6 38. Kg3 Kh6 39. c4 (nach 39. h4? gxh4+ 40. Kxh4 g5+ ergibt sich eine Remisstellung) 39. ... c5 40. f3 g6 (40. ... Kg6 41. h4 Kh6 42. hxg5+ Kxg5 43. f4+ exf4+ 44. Kf3 Kf6 45. Kxf4 g5+ 46. Ke3 Ke5 47. Kf3 Kd4 48. e5 Kxe5 49. Ke3 Kf6 50. Ke4 Ke6 51. b3) 41. Kg2 Kg7 42. h4 gxh4 43. g5 Kf7 44. Kh3 Ke7 45. Kxh4 Kd6 46. Kg4 Ke7 47. f4 exf4 48. Kxf4 Ke6 49. e5 Kd7 50. Ke4 Ke6 51. b3 und Schwarz befindet sich im Zugzwang.
35. Txf7 Kh6 36. Txg7
Die Türme haben ihre Idealposition auf der 7. Reihe erreicht. Zwar steht der schwarze König nicht auf der 8. Reihe, sondern auf der 6. Reihe; da er aber wegen der Bauern nicht die 5. Reihe betreten kann, schaffen die Türme dennoch schnell Mattdrohungen. Zudem hat Weiß einen Bauern mehr, sodass das reine Bauernendspiel für die Damenpartei verloren ist.
36. ... Db1+ 37. Kg2 De4+ 38. Kh2 De2
Obwohl die Dame kein Dauerschach hat, kann sie, durch Bedrohung des Schwachpunkts f2, das auf den Horizontalen (6. und 7. Reihe) drohende Matt verhindern. Jedoch kann Weiß auch mit der vertikalen Turmverdoppelung ein Mattnetz aufbauen. Damit leisten die Türme die doppelte Funktion, sowohl den gegnerischen König zu bedrohen als auch den eigenen zu schützen.
39. Tgf7 Kg6 40. Tf5 e4 41. Taf7
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Ausgangsstellung ist schwierig für die Damenpartei, aber bei genauem Spiel sind die Remischancen hoch. Die Turmpartei ist nicht in der Lage, einen Angriff gegen einen schwarzen Bauern zu führen und gleichzeitig den eigenen König vor Dauerschachs zu schützen. Erst nach fehlerhaftem Spiel der Damenpartei konnte Weiß nach 35. Txf7 eine Stellung erreichen, in der der Turm f7 sowohl am Angriff als auch durch Deckung des Bauern f2 an dem Schutz der eigenen Königsstellung beteiligt war. Danach hat Weiß innerhalb weniger Züge ein Mattnetz aufgebaut.
M. Tal – An. Karpow
Aljechin Gedenkturnier, Moskau 1971
1. d4 Sf6 2. Sf3 e6 3. c4 b6 4. g3 Le7 5. Lg2 Lb7 6. 0-0 0-0 7. Sc3 Se4 8. Ld2 d5 9. cxd5 exd5 10. Se5 Sd7 11. Sd3 a5 12. Tc1 Sdf6 13. Lf4 c6 14. Se5 c5 15. dxc5 Sxc3 16. bxc3 Lxc5 17. Lg5 Te8 18. Sg4 Le7 19. Lxf6 Lxf6 20. c4 Le7 21. Se3 Lg5 22. Dd3 d4 23. Lxb7 dxe3 24. Lxa8 exf2+ 25. Kxf2 Le3+ 26. Dxe3 Txe3 27. Kxe3 Dxa8
Stellungsbeurteilung:
Wenn es Weiß gelänge, einen gegnerischen Bauern mit seinen Türmen zweifach anzugreifen und ihn dann zu schlagen, dann hätte er nach einem eventuellen Tausch seiner zwei Türme gegen die Dame ein gewonnenes Bauernendspiel. Als Angriffsobjekt bietet sich dem Weißen der schwarze Bauer b6. Kann Weiß diesen Bauern erobern, ohne selbst einen Bauern zu verlieren oder sich einem Dauerschach auszusetzen? Die Eroberung erscheint schwierig. Der Grund hierfür liegt in der zersplitterten weißen Bauernstellung: Die weißen Bauern können sich nicht gegenseitig decken, und der weiße König wird Schwierigkeiten haben, gegen die drohenden Damenschachs ein geeignetes Versteck zu finden. Der Dame kommt ihre große Beweglichkeit zugute. Sie kann von dem Angriff auf einen Bauern sofort auf den Angriff eines anderen Bauern oder des Königs überleiten. Um mit einem Bauerngewinn zu drohen, müsste Weiß seine Türme so postieren, dass sie erstens einen schwarzen Bauern angreifen, zweitens den eigenen König vor Damenschachs schützen und drittens eigene Bauern decken. Solch eine Position, in der die Türme gleichzeitig drei Aufgaben bewältigen müssen, ist bei richtigem schwarzen Spiel sicherlich nicht zu erreichen. Weiß wird deswegen die Stellung nicht gewinnen können.
Schwarz kann versuchen, durch Bauerntausch die Beweglichkeit seiner Dame und damit die Dauerschachmöglichkeit zu erhöhen. Wenn Schwarz seine Königsflügelbauern vorrückt, sollte er darauf achten, dass sein eigener König, der im Augenblick gut durch Bauern geschützt steht, nicht in Gefahr gerät.
28. Tfd1 Dc8 29. Td5 h6 30. h4 Dg4 31. Kf2 De6 32. Tc3 Dh3 33. Kg1 Dg4 34. Kf2 Dh3 35. a3 Dh2+ 36. Ke1 Dh1+ 37. Kd2 De4 38. Ke1 g6 39. Kf2 Kg7 40. Ke1 Db1+ 41. Kf2 De4 42. Ke1 Db1+ 43. Td1 De4 44. Tdd3 Dc6 45. Kd2 g5 46. hxg5 hxg5 47. Tb3
Weiß bietet mit seinem letzten Zuge einen Tausch seines Bauern auf c4 gegen den auf b6 an. Im Allgemeinen kommt ein Bauerntausch der Damenpartei zugute, da sich wegen der weiteren Öffnung des Spiels die Schachmöglichkeiten der Dame verbessern würden. In vorliegender Stellung bietet sich dem Weißen jedoch kein anderer wirksamer Plan an. Weiß hofft, nach dem Tausch der Bauern seitliche Turmangriffe gegen den a- oder f-Bauern führen zu können.
47. ... Kg6
Schwarz könnte den Bauern auf c4 schlagen. Da Weiß jedoch sowieso keinen besseren Plan hat als den Tausch des Bauern c4 gegen b6, verbessert Schwarz zunächst seine Königsstellung.
48. Tb5 f6 49. Td4 Kh5 50. Th4+ Kg6 51. Td4 Kh5 52. Tb3 Dc5 53. Tbd3
Weiß möchte 54. Td6 Kg6 55. Te6 spielen.
53. ... b5 54. cxb5 Dxb5
55. Td5 Db6 56. Td6 Db1 57. T6d5
Nach 57. Txf6? Db2+ verliert Weiß den Turm auf f6.
57. ... Db6 58. T5d4 Db1 59. Td6 Kg4 60. Tf3 Db2+ 61. Ke1 Dc1+ 62. Td1 Dc5 63. Kf1 De5 64. Td8 Da1+ 65. Kf2 De5 66. Tfd3 Df5+ 67. Kg1 De5 68. T8d4+ Kh3 69. Kf1 Df5+ 70. Kg1 De5 71. Kf2 Df5+ 72. Tf3 De5 73. Tc4 Dd5 74. Tfc3 Df5+ 75. Tf3 Dd5 76. g4+ Kh4 77. Tfc3 De5 78. Td3 Dh2+ 79. Kf1 Dh1+ 80. Kf2 Dh2+ 81. Ke1 De5 82. Tf3 Dd5 83. Tfc3 De5 84. Td3 De6 85. Ta4 De5 86. Tad4 De7 87. Kf2 De5 88. Kf1 Dh2 89. Te3 Dh1+ 90. Kf2 Da1 91. Tde4
Weiß hat eine Position eingenommen, in der alle Steine gedeckt sind. Er kann nun eine Königswanderung nach a5 oder f6 ins Auge fassen. Aktuell droht 92. Kg2 mit der vernichtenden Mattdrohung Th3.
91. ... Db1?
Schwarz übersieht die Mattdrohung. Der einzige Zug, der die Partie im Gleichgewicht hält, ist 91. ... Dh1.
92. Td3
Nach 92. Kg2! entscheidet die Mattdrohung Th3. Es ist kaum vorstellbar, dass beide Spieler die einfache Mattdrohung übersehen haben. Ist die überlieferte Partienotation fehlerhaft?
92. ... Db2?
Nach 92. ... Dh1 ist die Stellung ausgeglichen.
93. Ke1
93. Kg2! und die Mattdrohung Th3 entscheidet.
93. ... Dc1+ 94. Kf2 Dh1
Verhindert 95. Kg2 mit der Mattdrohung Th3.
95. Tde3 Dh2+ 96. Ke1 Dh1+ 97. Kd2 Db1 98. Kc3 Db6 99. Kc2 Dc6+ 100. Kd1 Db7 101. Ke1 Db1+ 102. Kf2 Dh1
Schwarz muss 103. Kg2 verhindern.
103. Tc4
Remis.
Wenn wir die Schlussstellung mit der Stellung des Anfangsdiagramms vergleichen, sehen wir, dass Schwarz viel erreicht hat: Zwei Bauernpaare wurden getauscht, und der schwarze König steht nicht nur vor seitlichen Turmschachs geschützt, er greift zudem auch noch den Bauern auf g4 an.
Zusammenfassung:
Die Turmpartei konnte die bei Bauerngleichheit angezeigte Strategie, durch Erobern eines Bauern ein gewonnenes Endspiel herbeizuführen, nicht realisieren. In erster Linie deshalb nicht, weil ihr König offen stand: Die Dame konnte zwar kein Dauerschach erzwingen, aber allein schon die ständigen Schachdrohungen reichten zum Unentschieden aus. Die zwischen dem 91. und 93. Zug von beiden Seiten übersehene Mattdrohung ist für die Charakterisierung der Partie unerheblich.
In Stellungen ohne Freibauern und mit gleicher Bauernzahl verfügt in der Regel nur die Turmpartei über Gewinnchancen. Ihr einziger Plan besteht in der Eroberung eines Bauern. Als Hilfsmittel dient dabei häufig der Königsangriff. Das entscheidende Kriterium zur Abschätzung von Partien dieses Stellungstyps ist die Sicherheit des Königs der Turmpartei. Eine offene Königsstellung macht es den Türmen unmöglich, ihre Gewinnpläne durchzusetzen (Tal – Karpow), weil die Dame gute Gegenchancen bekommt etwa in Form von Dauerschachdrohungen. Eine sichere Königsstellung der Turmpartei reicht meistens nur dann zum Gewinn, wenn ein gleichzeitiges Wirken der Türme in Angriff und Verteidigung vorhanden ist, genauer, beide Türme müssen einen Bauern angreifen, und gleichzeitig muss mindestens ein Turm dabei helfen, den eigenen König vor Dauerschachs zu schützen (Panow – Bontsch-Osmolowski).
Die für die Praxis größte Bedeutung hat die Konstellation, in der beide Türme versuchen, einen von König und Dame gedeckten Bauern anzugreifen. Da die Abwicklung in ein Bauernendspiel für die Damenpartei meist hoffnungslos ist, muss sie rechtzeitig auf Gegenangriff spielen. Sie wird dabei versuchen, die gegnerische Königsstellung, nicht zuletzt durch Bauernvormarsch, zu schwächen.
Die Partie Gurgenidse – Awerbach ist exemplarisch für die Behandlung von Stellungen mit Bauern auf nur einem Flügel. Darüber hinaus machen unsere Analysen zu dieser Partie eine Neubewertung der Theorie nötig: Die Remischancen der Damenpartei sind besser als bisher angenommen.
In diesem Kapitel wird gezeigt, wie die Turmpartei versucht, einen Freibauern zu verwerten. Im Gegenzuge besitzt meistens auch die Damenpartei einen oder sogar mehrere Freibauern, zumindest aber eine Bauernmajorität. Die folgenden Partien beschränken sich auf solche, in denen die spieltragende Rolle dem Freibauern der Turmpartei zukommt.
M. Tschigorin – D. Janowski
Karlsbad 1907
1. e4 e5 2. f4 Lc5 3. Sf3 d6 4. Lc4 Sf6 5. Sc3 Sc6 6. d3 Lg4 7. h3 Le6 8. Lb5 a6 9. Lxc6+ bxc6 10. d4 exd4 11. Sxd4 Ld7 12. Le3 De7 13. Df3 0-0 14. 0-0-0 Tfe8 15. e5 dxe5 16. fxe5 Dxe5 17. Lf4 De7 18. Sxc6 Lxc6 19. Dxc6 Tab8 20. The1 Dxe1 21. Txe1 Txe1+ 22. Kd2 Te6 23. Dxc7 Tbe8 24. Kd3 Lb6 25. Db7 Td8+ 26. Kc4 Td4+ 27. Kb3 Ld8 28. Da8 Te8 29. Df3 La5 30. a3 Lxc3 31. bxc3 Tde4 32. Ld6 Sd5 33. Dd3 Sxc3 34. Dxa6 Se2 35. Lb4 Sd4+ 36. Kc3 h6 37. Db7 T8e6 38. Kd3 Sc6 39. c3 f5 40. Lc5 Kh7 41. Ld4 Tg6 42. g4 Te7 43. Dc8 fxg4 44. hxg4 Tf7 45. Ke4 Tf1 46. a4 Te1+ 47. Kd3 Ta1 48. Da8 Sxd4 49. cxd4 Txg4 50. Kc4 h5 51. De8 Tg6 52. Db5 Kh6 53. a5 Tc1+ 54. Kd3 Tcc6 55. Db8 Tcd6 56. Kc4 h4 57. Kc5 Kg5 58. d5 h3 59. De8 Kf4 60. De1 Th6 61. Df2+ Kg4 62. Dg1+ Kf5 63. Df2+ Kg6 64. Dc2+ Kf7 65. Dh2 Tdf6 66. Dc7+ Kg8 67. a6 Txa6 68. Db8+ Kh7 69. Db1+ Tag6 70. d6 Th5+ 71. Kc4 h2 72. d7 h1D 73. Dxh1 Txh1 74. d8D
Stellungsbeurteilung:
Bei diesem Materialverhältnis verbürgt ein Springerbauer den Gewinn, unabhängig davon, wie weit er bereits vorgerückt ist und ob der König der Damenpartei vor dem Bauern steht oder nicht. Es fehlt der Dame am rechten Brettrand der nötige Manövrierraum, um den gegnerischen König nachhaltig bedrohen zu können. Deshalb kann der Bauer, von König und Türmen unterstützt, langsam vorgerückt werden mit dem Ziel der Umwandlung.
74. ... Tg4+ 75. Kb5
Der weiße König läuft in die äußerste Ecke bis nach a7. Dort ist die Gefahr gering, dass er seiner Dame, die bestrebt ist, Dauerschach zu geben, im Wege steht.
75. ... Th5+ 76. Kb6 Tg6+ 77. Ka7 Tf5 78. Dd3 Tgf6 79. Kb7 g6
Entfesselt den Turm f5. Schwarz versucht im Folgenden, den weißen König mit Matt zu bedrohen. Konsequent wäre 79. ... g5 und gemeinsames Voranschreiten des Bauern und des Königs. Die Türme stehen dafür gerade richtig: Sie decken sich gegenseitig und schützen ihren König vor Damenschachs.
80. Kc7
Der König muss nun doch, entgegen seiner ursprünglichen Absicht, in Richtung Zentrum ziehen, um den Mattgefahren vorzubeugen.
80. ... Kg7 81. Dd4 Tf4 82. Dc3 Te4 83. Kd7 Ta4 84. Ke7 Taa6 85. Db2 g5
Die Bemühungen, ein Mattnetz um den weißen König zu knüpfen, sind gescheitert. Deswegen tritt nun der Freibauer in Aktion. Schwarz versucht zunächst, den Bauern ohne Unterstützung seines Königs voranzutreiben, weil dieser, solange er nahe der Ecke steht, leicht gegen drohende Damenschachs verteidigt werden kann. Die Königsstellung auf e7 ist für den Weißen eher hinderlich, da sie Damenschachs auf der 7. Reihe verhindert.
86. Dc3 g4 87. Ke8
Weiß möchte sowohl den Turm f6 gefesselt lassen als auch den Vormarsch g4–g3 verhindern. Das war nur durch einen Königszug zu erreichen.
87. ... Tac6
Verhindert das Damenschach auf c7.
88. Dg3 Tce6+ 89. Kd7 Te4 90. Dh4 Kg6
Schwarz sieht ein, dass der Gewinn am leichtesten zu erzielen ist, wenn König und Bauer gemeinsam vorgehen.
91. Dh8 Kf5 92. Dh5+ Kf4 93. Dh2+ Kg5 94. Dd2+ Tff4 95. Dg2 Td4+ 96. Kc6
Nach 96. Ke6 Tfe4+ 97. Kf7 Td7+ 98. Kf8 Tde7 99. Dd2+ Kg6 100. Dd6+ T7e6 hilft der schwarze König mit, ein Mattnetz zu knüpfen. Die Drohung 101. ... Te8+ ist nicht zu parieren. Man beachte, wie gut die schwarzen Steine den eigenen König schützen.
96. ... Tf8 97. De2 Tdf4
Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Ein Springerbauer gewinnt immer. Der Gewinnplan besteht darin, mit König und Bauer gemeinsam vorzurücken. Die Türme unterstützen dies am besten, wenn sie vertikal verbunden auf der e-Linie postiert werden. So werden der Dame Felder genommen und auf Schachs können die Türme dazwischenziehen. In der Partie kam eine vertikale Verbindung der Türme auf der f-Linie, der Nebenlinie des Bauern, beispielhaft im letzten Diagramm, zum Zuge.
Prinzipiell könnte die Turmpartei auch auf Matt spielen, da dies aber nicht immer zwingend zum Erfolg führt, ist es bei einem Springerbauern unnötig, diesen Plan zu verfolgen.
R. J. Fischer – H. Matthai
Montreal 1956
1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 g6 5. Sc3 Lg7 6. Le3 Sf6 7. f3 Sc6 8. Dd2 0-0 9. Lc4 Ld7 10. h4 Tc8 11. Lb3 Da5 12. 0-0-0 Sh5 13. g4 Sxd4 14. Lxd4 Lxd4 15. Dxd4 Sf4 16. Kb1 Se6 17. Dd2 Tfe8 18. f4 Sc5 19. h5 Sxb3 20. axb3 Lxg4 21. Tdg1 f5 22. hxg6 hxg6 23. b4 Dxb4 24. Txg4 fxg4 25. f5 Txc3 26. fxg6 Th3 27. Dxb4 Txh1+ 28. Ka2 Kg7 29. e5 dxe5 30. Dxb7 Thh8 31. De4 Kf6 32. Dxg4 Teg8 33. b4 Txg6 34. Df3+ Kg7 35. De3 Te6 36. Dxa7 Td8 37. Dg1+ Kf7 38. b5 Tdd6 39. c4 e4 40. c5 Td2+ 41. Kb3 e3 42. Kc3 Tf2 43. c6 Tf5 44. Db1 Kf6 45. Kd3 e2 46. c7 Tc5 47. b6 e1D 48. Dxe1 Txe1 49. b7 Txc7 50. b8D
Td7+ 51. Kc2 Te2+ 52. Kc3 Te3+ 53. Kc2 Td6 54. Dh8+ Kg5 55. Dg8+ Kf4 56. Dg2 Te5 57. Dh2+ Kf5 58. Dh5+ Ke6 59. Dg4+ Tf5 60. De4+ Te5 61. Dg4+ Kd5 62. Df3+ Te4 63. Kd3 Ke5+ 64. Kc3 Tdd4 65. Dh5+ Kd6 66. Dg6+ Kc7 67. Dg7 Td6 68. Dh7 Te5 69. Dg7 Te3+ 70. Kc4 Te4+ 71. Kc3 Kd7 72. Df7 Te5 73. Kc4 Ta5 74. Kb4 Tdd5 75. Kc4 Tac5+ 76. Kb3 Te5 77. Dg6 Tf5 78. Dg7 Tce5 79. Kc4
Stellungsbeurteilung:
Die Stellung beinhaltet sechs Steine. Alle 6-Steiner sind in Endspieldatenbanken erfasst. Die Stellung ist remis.
Im Allgemeinen hält die Damenpartei bei einem Mittelbauern remis. Ausnahmen bestehen nur in folgenden beiden Fällen:
1. Der König der Damenpartei befindet sich in Mattgefahr.
2. Der Bauer ist schon sehr weit vorgerückt, am besten bis auf die vorletzte Reihe, und der König der Damenpartei beherrscht nicht das Umwandlungsfeld.
In vorliegender Stellung kann Schwarz versuchen, um den weißen König ein Mattnetz zu knüpfen. Hierzu empfiehlt es sich, den Bauern auf seinem Ausgangsfeld stehen zu lassen, um der Dame keine Schachgebote von hinten zu ermöglichen.
Falls Schwarz mit der Knüpfung eines Mattnetzes scheitert, kann er das Vorrücken des Bauern mit dem Ziel der Bauernumwandlung anstreben, wobei zu beachten ist, dass nach einem Vorrücken der schwarze König von allen Seiten, auch von hinten, mit Damenschachs belästigt werden kann.
79. ... Tg5 80. Dh7 Tef5 81. Kd4 Ta5 82. Ke3 Ta3+ 83. Kf4 Tga5 84. Df7?
Ein Fehler. Seit dem 67. Zug steht der schwarze König auf der 7. Reihe, und die Dame bewegt sich seitdem fast ausschließlich ebenfalls auf der 7. Reihe, nämlich auf den Feldern f7, g7 und h7. Die Damenpartei verhindert dadurch das Vorrücken des Bauern. Weiß scheint der Meinung zu sein, dass die Fesselung des Bauern ein im Remissinne guter Plan ist. In dieser konkreten Stellung ein Irrtum! Dem Weißen standen sieben Züge zur Verfügung, um eine Remisstellung zu erreichen, beispielsweise 84. Db1.
84. ... Tc5?
84. ... Tc3! hätte gewonnen. Ta4+ ist nicht mehr zu verhindern und der weiße König befindet sich in einem Mattnetz. Zwei anschauliche Beispiele dafür:
(a) 85. Kg4 Ta4+ 86. Kh5 Tc5+ 87. Kh6 Taa5 88. Db3 Th5+ 89. Kg6 Thg5+! 90. Kh6 Ke8 91. Db8+ Kf7 92. Df4+ Tgf5 93. Dc4+ Tad5 droht Th5+ mit Gewinn.
(b) 85. Ke4 Ta4+ 86. Kd5 Tc6! 87. Dh7 Tg4! 88. Dh3 (88. Df7 Tgc4 und die Mattdrohung T6c5+ entscheidet) 88. ... e6+ (der Bauer beteiligt sich am Knüpfen des Mattnetzes) 89. Ke5 Tc5+ 90. Kf6 Tf5+ matt.
85. Ke4 Tg5 86. Kf4 Tga5 87. Ke4?
Lässt erneut ein Mattnetz zu. 87. Kg4 hält remis.
87. ... T5a4+?
Mit 87. ... Th3 wäre erneut ein Mattnetz geknüpft gewesen, z. B. 88. Df1 (88. Kf4 Tc3 gewinnt wie in der Anmerkung zum 84. Zug von Schwarz angegeben) 88. ... Ta4+ 89. Kf5 Th5+ 90. Kg6 Taa5 91. Dd3+ Tad5 92. De4 Thg5+ 93. Kh6 Ke8 94. Da4+ Kf7 95. Df4+ Tgf5 nebst Th5+ mit Gewinn.
88. Kd5 Ta5+ 89. Ke4?
Gleiche Stellung, gleicher Fehler wie nach dem 87. Zug von Weiß. Die beiden Züge 89. Kc4 und 89. Kd4 halten remis.
89. ... Th3 90. Kf4
Wie Weiß nach 90. Df1 verliert, ist in der Anmerkung zum 87. Zug von Schwarz beschrieben.
90. ... Kd6?
Damit vergibt Schwarz den Sieg.
90. ... Tc3! hätte zu derselben Stellung und denselben Gewinnvarianten geführt, die in der Anmerkung zum 84. Zug von Schwarz beschrieben sind.
Seit dem 50. Zug, also seit 40 Zügen, besteht das vorhandene Materialverhältnis. Bisher hat Schwarz seinen Bauern nicht bewegt oder nicht bewegen wollen. Allerdings hat Weiß das Vorrücken des Bauern auch weitestgehend verhindert, entweder durch Schachgebote oder durch Fesselung des Bauern.
Schwarz verfolgt nun den Plan, den Bauern vorzurücken.
91. Dg6+ e6 92. De8
Die Dame kann nun von allen Seiten, also auch von hinten, Schachs geben. Die Stellung ist remis.
92. ... Ta4+ 93. Kg5 Tg3+ 94. Kh5 Ta5+ 95. Kh4 Tga3 96. Dd8+ Ke5 97. Dc7+ Ke4 98. Dc4+ Ke5 99. Dc7+ Kf6 100. Df4+ Tf5 101. Dd4+ Kg6 102. De4 Ta6 103. Dc4 Td6 104. Dc8 e5 105. Dg8+ Kf6 106. Df8+ Ke6 107. De8+ Kd5 108. Db5+
Remis. Der schwarze König kann dem Dauerschach nicht entgehen.
Zusammenfassung:
Die Ausgangsstellung ist remis. Prinzipiell gibt es in der Ausgangsstellung zwei Gewinnideen: mit Mattmotiven arbeiten oder den Bauern voranbringen.
In der Partie tauchten Mattmöglichkeiten auf. Nachdem Schwarz diese nicht genutzt hat, setzte er ab dem 91. Zug seinen Bauern in Bewegung. Dies führte nicht zum Erfolg, weil die Dame von allen Seiten mit Schachgeboten arbeiten konnte.
Die Partie zeigt sehr schön, dass die computergestützte Theorie das eine ist, das Spiel am Brett aber etwas ganz anderes. Auch solche theoretischen Remis-Endspiele bieten in der Praxis Gewinnchancen.
Die Partie und die Analysen bestätigen die These, dass bei vorhandener Materialverteilung ein Mittelbauer nicht zum Gewinn der Turmpartei führt.
Für eine praktische Partie ist für die Turmpartei folgende Vorgehensweise zweckmäßig: Wenn der Bauer auf seinem Ausgangsfeld steht, und somit keine Damenschachs von hinten möglich sind, kann die Turmpartei versuchen mattzusetzen – in der Regel erfolglos. Danach kann sie versuchen, den Bauern mit dem Ziel der Bauernumwandlung voranzubringen – ebenso erfolglos.
A. Aljechin – A. Lilienthal
Hastings 1933/34
1. c4 e5 2. Sc3 Sf6 3. e4 Sc6 4. f4 d6 5. d3 Lg4 6. Le2 h5 7. Sf3 Le7 8. Le3 Dd7 9. h3 Lxf3 10. Lxf3 exf4 11. Lxf4 Sd4 12. Le3 Sxf3+ 13. Dxf3 De6 14. Sb5 Dd7 15. Sd4 0-0-0 16. Sf5 Se8 17. Ld4 Tg8 18. Dxh5 g6 19. Dg4 gxf5 20. Dxg8 Lh4+ 21. Lf2 Sf6 22. Dxd8+ Dxd8 23. Lxh4 Dh8 24. Lxf6 Dxf6
Stellungsbeurteilung:
Neben dem Mehrbauern des Weißen und seinem unrochierten König fällt besonders der gedeckte Freibauer auf h3 auf. Zunächst muss sich Weiß aber um seine Königsstellung kümmern. Egal wohin er rochiert, seinen Mehrbauern wird er wieder verlieren. Deshalb muss Weiß versuchen, seinen Freibauern zur Geltung zu bringen. Dem dient am besten die lange Rochade, denn dadurch behält der Freibauer seine natürliche Turmunterstützung, was den sofortigen Vormarsch des Bauern ermöglicht. Sorge bereiten könnte die etwas offene Königsstellung auf c1. Trotzdem steht Weiß besser.
25. 0-0-0! fxe4 26. dxe4 Df4+ 27. Td2 Dxe4 28. h4
Weiß treibt seinen Freibauern sofort voran und schreckt dabei auch vor einem Bauernopfer nicht zurück. In Betracht käme auch die Deckung des Bauern c4 durch 28. Tc2. Nach 28. ... Dh4 muss sich Weiß aber um die Aufhebung der Blockade des h-Bauern kümmern, sodass Schwarz Zeit hätte, durch Vorrücken seiner Damenflügelmehrheit Gegenspiel zu entwickeln oder durch überführen des Königs zum Königsflügel Verteidigungsmaßnahmen zu ergreifen.
28. ... Dxc4+ 29. Kb1 Df4 30. Tdd1 Dh6
Für den Preis eines Bauern hat Weiß seinen Freibauern sofort vorziehen können und die Dame zur Passivität gezwungen.
31. g4
31. ... Kd8
Genauer wäre 31. ... Kd7. Am besten wäre es aber, sofortiges Gegenspiel mittels 31. ... a5 32. h5 b5 33. g5 Dh7+ 34. Ka1 a4 35. a3 b4! 36. axb4 a3! 37. h6 axb2+ 38. Kxb2 De4 einzuleiten, und Weiß kann das Dauerschach nicht verhindern.
32. Tde1
Auf der h-Linie vor dem Freibauern stünde der König für die Verteidigung gut, er musste deshalb abgesperrt werden.
32. ... a5
Das vordringliche Ziel von Schwarz muss es jetzt sein, eine Lockerung der weißen Königsstellung zu erreichen.
33. h5 a4 34. a3 f6
Verhindert 35. g5 Dxg5 36. h6. Jedoch, der Zug g4–g5 lässt sich sowieso nicht verhindern, wie nach der folgenden weißen Antwort zu sehen ist.
Schwarz hätte 34. ... b5 spielen können, um sofort die weiße Königsstellung aufzureißen, z. B. 35. g5 Dh7+ 36. Ka1 b4 37. axb4 a3 38. bxa3 Dd3 mit Dauerschach.
35. Te6
Nun sehen wir auch, warum der schwarze König im 31. Zug gleich nach d7 hätte gehen sollen.
35. ... Kd7?
Immer noch hätte 35. ... b5 ausgeglichen, z. B. 36. g5 Dxg5 37. h6 Dg2 38. Tee1 Dg6+ 39. Ka1 Dh7 40. Teg1 b4 41. Tg7 De4.
36. g5!
Um den h-Bauern weiter vorrücken zu können, wird ein zweiter Bauer geopfert.
36. ... Dxg5 37. h6 Dg2 38. Tee1 Dg6+ 39. Ka1 Dh7 40. Teg1 Ke6
41. Tg7
Besser ist 41. Th2, um Schwarz nicht das Tempo für De4 zu geben wie in der Partie: 41. Th2 b5 (41. ... c5 42. Te2+ Kd5 43. Th1 nebst Te7 mit Gewinn) 42. Tg7 Dd3 43. Txc7 mit schwieriger Stellung für Schwarz.
41. ... De4 42. Thg1
Der Turm gibt die Unterstützung des Freibauern von hinten auf. Dies führt nicht zum Erfolg, wie wir noch sehen werden. Besser wäre es gewesen, mit 42. Tgg1 Dh7 zu der vorigen Stellung zurückzukehren, und dann mit 43. Th2 fortzusetzen.
42. ... Dh4 43. h7 b5?
Danach erreicht Weiß eine Gewinnstellung. Der Zug gibt den Bauern c7. Besser wäre 43. ... c5 gewesen und den b-Bauern zu geben, denn c- und d-Bauer zusammen böten dem König sicheren Schutz. Schwarz besäße danach gute Remischancen, weil die Umwandlung des Bauern h7 infolge der Dauerschachdrohung nicht gelänge und der Bauer a4 nur auf Kosten des h-Bauern erobert werden könnte: 43. ... c5 44. Txb7 Dh5 45. Ta7 Kd5 46. Ka2 Ke6 47. Txa4 Dxh7 mit ausgeglichener Stellung.
44. Txc7 Dh5 45. Te1+
Der Versuch, den h-Bauern mittels 45. Tg8 umzuwandeln, scheitert momentan an 45. ... Dh1+ 46. Ka2 Dd5+ 47. Kb1 Dd1+ 48. Tc1 Dd3+ nebst Dxh7, sodass Weiß erst noch seine Figurenstellung verbessern muss, um die Dauerschachdrohung abwehren zu können.
45. ... Kd5 46. Ka2 Kd4 47. Td1+ Ke4
47. ... Ke5 48. Te7+ Kf4 49. Tf1+ Kg3 50. Tg7+ Kh2 51. Tfg1 mit Gewinn.
48. Txd6 De8 49. Txf6 Dh8 50. Th6 Kf4
51. Tc8?
Diese einfache Gewinnidee hätte durch 51. Th1 vorbereitet werden müssen, um den König vor Grundreihenschachs zu schützen.
51. ... Dxc8 52. Th4+ Kg5?
Mit 52. ... Kf3! hätte sich Schwarz überraschend retten können, 53. h8D De6+ 54. Kb1 De1+ 55. Kc2 Df2+ 56. Kc3 Dc5+ und Weiß kann das Dauerschach nicht verhindern.
53. h8D De6+ 54. Kb1 De1+ 55. Kc2 De2+ 56. Kc3
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Zum einen veranschaulicht die Partie sehr schön, wie stark ein von den Türmen unterstützter Freibauer ist. Ideal postiert sind die Türme, wenn einer hinter dem Freibauern steht und der andere das nächste Feld für ihn freikämpft. Das Ziel der Turmpartei sollte es sein, ihren Freibauern so schnell und so weit wie möglich voranzubringen, eventuell sogar unter Bauernopfer, denn dadurch werden die Möglichkeiten der Damenpartei zu wirkungsvollem Gegenspiel eingeschränkt.
Zum anderen veranschaulicht die Partie, wie stark das Gegenspiel der Damenpartei ist, wenn sie es schafft, die gegnerische Königsstellung zu lockern. Selbst hier, wo der Verteidiger zunächst den Freibauern mit der Dame blockieren musste, reichte die Zeit noch, um ausreichendes Gegenspiel zu kreieren.
Eine passive, lediglich auf Blockade des Freibauern ausgerichtete Verteidigung der Damenpartei verliert in der Regel. Die Damenpartei muss sich deshalb Gegenspiel suchen. Günstig ist es, wenn sie eine Schwächung der gegnerischen Königsstellung erreichen kann, um mit (Dauerschach-) Drohungen gegen den König arbeiten zu können. Prinzipiell sind auch eigene Freibauern eine geeignete Form von Gegenspiel.
K. Pinkas – J. Przewoznik
Kattowitz 1986
Schwarz am Zuge
Stellungsbeurteilung:
Eine ungewöhnliche Stellung, die bestimmt wird von den gefährlichen weißen Freibauern sowie dem starken schwarzen Freibauern auf a4, der – von den eigenen Türmen optimal unterstützt – die weiße Dame bindet. Dadurch steht der schwarze König momentan relativ sicher, was sich jedoch nach dem Vorrücken der weißen Freibauern schnell ändern könnte. Die Türme hingegen können sofort den völlig offen stehenden weißen König angreifen. Trotzdem hat man den Eindruck, dass die Chancen des Anziehenden infolge seiner verbundenen Freibauern höher zu bewerten sind. Eine abschließende Einschätzung dieser komplizierten Stellung ist jedoch erst nach sorgfältiger Analyse möglich.
1. ... Tb4+
Mit 1. ... a3 könnte sich Schwarz sofort das Remis sichern: 2. f6 Tb2 3. Da1 Tb4+ 4. Ke3 a2 5. f7 Tb1 6. Dxa2 Txa2 7. e7! Ta3+ 8. Ke4 Ta4+ 9. Kd3 Ta3+ 10. Kc2 Tba1.
2. Kf3 Tb3+ 3. Ke4 a3?
Besser wäre 3. ... Tab7 4. Kd5 (4. f6 gxf6 5. exf6 Kg6 6. f7 T7b4+, Dauerschach) 4. ... T3b5+ 5. Kc4 Tb4+ 6. Kc3 Tf4 mit Ausgleich.
4. f6?
Eine chancenreiche Abwicklung wäre 4. Dxb3 a2 5. e7 a1D 6. e8D Dh1 (6. ... De1+? führt nicht zu Dauerschach: 7. Kf3! Dh1+ 8. Kg3 Dg1+ 9. Kf4 Df2+ 10. Kg4 Dg2+ 11. Dg3 De4+ 12. Df4 De2+ 13. Df3 Dc4+ 14. Kh5 und der weiße König hat ein Versteck gefunden) 7. Kd4 Dg1+ 8. Kd5 Ta5+ 9. Dbb5 Txb5+ 10. Dxb5 und dieses Damenendspiel bietet dem Weißen gute Gewinnchancen.
4. e7? Tb4+ 5. Kf3 Txe7 6. Dxa3 Teb7 ist remis.
4. ... Ta4+ 5. Kd5 Tb5+ 6. Kc6 Tb2 7. Da1
Interessant wäre auch 7. Dd5, denn nach 7. ... a2? gewänne Weiß: 8. Dd3+ Kh8 9. e7 (9. Dg6? Tc2 10. Kb5 Ta7! und Schwarz gewinnt) 9. ... Ta8 10. Dg6. Stattdessen müsste erst 7. ... Ta6+ kommen: 8. Kc7 Ta7+ 9. Kc8 a2 10. De4+ g6! 11. h5 a1D 12. Dxg6+ Kh8 13. Dxh6+ Kg8 14. f7+ Txf7 mit Remis.
7. ... Ta6+ 8. Kd5 Td2+
8 ... gxf6! 9. exf6 Td2+ 10. Kc5 (10. Kc4 Tc6+ 11. Kb5 Txe6) 10. ... Tc2+ 11. Kb5 (11. Kb4 Txe6; 11. Kd4 Txe6) 11. ... Txe6 12. Dxa3 (12. Df1 Tb2+ nebst Teb6; 12. Db1 Tec6) 12. ... Te5+ 13. Kb6 Tf2. Beide Türme stehen ungedeckt, aber Weiß kann das nicht ausnutzen. Remis.
9. Ke4 Txe6 10. f7
Nach 10. Dg1! müsste Schwarz mehrere einzige Züge finden, 10. ... Td7! 11. Df2 Kg8 12. Df5 Tdd6! 13. Dg4 Txe5+ 14. Kxe5 Txf6, um sich letztlich in eine Festung zu retten.
10. ... Te2+
Mit 10. ... Tf2 11. Kd5 Txe5+ 12. Dxe5 Txf7 hätte Schwarz eine uneinnehmbare Festung errichten können.
11. Kd4
Schwieriger gestaltet sich die Verteidigung für Schwarz nach 11. Kf3 T6xe5! 12. Db1+ (12. f8D T5e3+ 13. Kf4 Te4+ 14. Kf3 T4e3+, Dauerschach) 12. ... T5e4! 13. f8D (ein seltenes Materialverhältnis: zwei Damen gegen zwei Türme) 13. ... T2e3+ 14. Kf2 Te2+ 15. Kf1 a2 16. Df5+ Kh8 17. Db8+ (17. Dxa2 Txa2 18. Dxe4 Ta6, Festung; 17. Da1 Te1+, Ausgleich) 17. ... Te8 18. Dxe8+ Txe8 19. Da5 Tf8+, Festung.
11. ... Tf2 12. Kd5 Ta6?
Dieser Zug verliert. Ein einfacher Weg zum Remis ist 12. ... Txe5+ 13. Kxe5 Txf7.
13. e6?
Der Zug verschenkt den Gewinn, der mit 13. Db1+ Kh8 14. Db5 Ta8 15. De8+ Txe8 16. fxe8D+ Kh7 17. Da8 a2 18. e6 Td2+ 19. Kc6 Te2 20. Kd7 Td2+ 21. Ke8 Te2 22. e7 Tf2 23. Da5 Te2 24. Kd7 Td2+ 25. Dxd2 a1D 26. Dc2+ g6 27. e8D zu erzwingen war, der schwarzen Dame steht kein Dauerschach zur Verfügung.
13. ... Tf5+ 14. Ke4 g6!
Sichert den Turm und verhindert das Vorrücken der weißen Freibauern. Es droht 15. ... Txe6+.
15. Da2 Ta4+ 16. Ke3 Txh4 17. e7
17. f8D Th3+ und der Turm auf der h-Linie gibt Dauerschach.
17. ... Th3+ 18. Kd4 Th4+ 19. Kc3 Th3+ 20. Kb4 Th4+ 21. Kxa3 Th3+ 22. Kb4 Th4+ 23. Dc4 Txc4+ 24. Kxc4 Txf7 25. e8D Tf5
Schwarz hat eine Festung aufgebaut. Der Turm auf f5 wird von einem Bauern gedeckt. Im Remissinne ist es das Einfachste für Schwarz, nur noch mit seinem König hin und her zu ziehen.
Remis.
Zusammenfassung:
Die Partie zeigt, wie stark ein von den eigenen Türmen unterstützter Freibauer ist. Obwohl die Damenpartei, mit einem Mehrbauern, zwei vom König unterstützte, weit vorgerückte Freibauern besaß, reichte dies nicht zum Gewinn. Die Partie befand sich im dynamischen Gleichgewicht. Keine der Parteien konnte sich passiv verteidigen. Die weißen Freibauern waren zunächst gefährlicher. Infolge der passiven Stellung der Dame gelang es den Türmen aber, sowohl die gegnerischen Freibauern zu kontrollieren als auch die Unterstützung des eigenen Freibauern aufrechtzuerhalten. Das Festungsmotiv ist eine gängige Verteidigungsidee im Endspiel Dame gegen zwei Türme.
W. Smyslow – B. Spasski
Amsterdam 1956
1. c4 e6 2. g3 f5 3. Lg2 Sf6 4. Sf3 Le7 5. 0-0 0-0 6. b3 d5 7. Lb2 Ld7 8. d3 Le8 9. Sbd2 Sc6 10. a3 a5 11. Dc2 Dd7 12. cxd5 exd5 13. e3 Lh5 14. Lc3 Ld6 15. Db2 Ta6 16. Tfc1 Kh8 17. Lf1 Tb6 18. Lg2 De6 19. Sd4 Sxd4 20. Lxd4 Ta6 21. b4 b6 22. b5 Taa8 23. Sf3 Lxf3 24. Lxf3 Tae8 25. Tc6 Te7 26. a4 h6 27. Db3 Kh7 28. Tac1 g5 29. T6c2 Df7 30. Kh1 f4 31. gxf4 gxf4 32. Tg1 fxe3 33. fxe3 Se4 34. Tg7+ Dxg7 35. Lxg7 Txf3 36. Dxd5 Sg5 37. Ld4 Tef7 38. Kg2 T3f5 39. Da8 Sf3 40. Dh8+ Kg6 41. Tc1 Tf8 42. Dg7+ Kh5 43. Kh1 Sg5 44. h4 Sh3 45. e4 T5f7 46. Dg2 Sf2+ 47. Kg1 Sg4 48. e5 Lxe5 49. Lxe5 Sxe5 50. De2+ Sf3+ 51. Kh1 Tg7 52. Df2 Tf4 53. Tc4 Txc4 54. Dxf3+ Tcg4 55. Kh2 Kxh4
Stellungsbeurteilung:
Materiell gesehen steht Schwarz klar auf Gewinn. Einen realen Gewinnplan zu entwickeln, fällt aber nicht leicht. Um die Aussichten des Freibauern auf h6 richtig einschätzen zu können, sollte man einen Vergleich zu Stellungen ziehen, in denen die Turmpartei noch einen, die Damenpartei keinen Bauern mehr aufweist: Gegen einen Randbauern hält die Damenpartei problemlos Remis, wenn ihr König vor dem Bauern steht. Demzufolge wird auch hier der h-Bauer nicht zu verwerten sein, zumindest so lange, wie der König der Turmpartei unsicher steht. Infolge der unsicheren Königsstellung erscheint auch eine Eroberung des Bauern a4 durch einen Turm fraglich. Günstig wäre es deshalb, wenn der schwarze König zum Damenflügel überführt werden könnte, damit er sich hinter seinen Bauern verstecken oder sogar den Bauern auf a4 angreifen kann. Dazu müsste er aber das offene Brett überqueren, was nur dann geschehen darf, wenn kein schwarzer Stein durch geeignete Damenschachs erobert werden kann.
56. Df6+ Kh5 57. Df3?
Weiß muss verhindern, dass sich der schwarze König zum Damenflügel absetzt, das leistet der Zug 57. De5+, beispielsweise Kg6 58. Kh3 h5 (58. ... Tg5 59. De6+ Kh7 60. De4+) 59. d4 Kh6 60. De3+ Kh7 61. De5 T4g6 62. Kh4 Td6 (62. ... Tf7 63. Kxh5! Td6 64. Kg4) 63. Df5+ Kh8 64. Df8+ Tg8 65. Df5 Txd4+ 66. Kxh5, beide Könige stehen offen, keine Seite kann das ausnutzen.
57. ... Kg5 58. De3+?
Ein Fehler, nach dem Schwarz mühelos gewinnt. Nach 58. Dd5+ Kh4 59. Dd8+ T7g5 60. De7 ist Schwarz von einem Gewinn noch weit entfernt.
58. ... Kf5
Schwarz droht Th4+.
59. Df3+
Danach kann der schwarze König über die e-Linie zum Damenflügel wandern. Man beachte, die Wanderung über das offene Brett ist problemlos, weil alle wichtigen Steine zuverlässig gedeckt sind, die Türme decken sich gegenseitig und der Bauer auf c7 wird von einem Turm gedeckt.
59. De1 verhindert Th4+ als auch die schwarze Königswanderung zum Damenflügel, aber Schwarz kann durch weitere Mattdrohungen schnell gewinnen: 59. ... T7g5 60. Df1+ (60. Df2+ Kg6) 60. ... Kg6 61. Kh3 Tg1.
59. ... Ke5 60. d4+ Kxd4 61. Dd1+ Kc3
Der König läuft in Richtung der weißen Bauern, um diese zu erobern.
62. Kh3 Kb4 63. Dc2 Tg3+ 64. Kh4 T7g4+ 65. Kh5 Tc4 66. Dd1 Tgc3
Weiß gibt auf. Schwarz droht Tc1 nebst Kxa4.
Zusammenfassung:
Die Partie ist ein schönes Beispiel für das Spiel der Dame gegen einen offenen König. Zum einen hätte die Damenpartei bei korrektem Spiel (57. De5+!) beide Türme, den König und den Freibauer gebunden, sodass kein Gewinn für Schwarz möglich gewesen wäre, zum anderen zeigt die Partie aber auch, dass die Dame nicht immer eine offene gegnerische Königsstellung ausnutzen kann. Bei der Königswanderung des Schwarzen quer über das offene Brett war die Dame hilflos. Die Gründe hierfür waren: 1. Die Dame kann allein nicht mattsetzen. 2. Die Dame konnte kein Dauerschach geben. 3. Es war kein Materialgewinn möglich, weil alle in Frage kommenden Angriffsobjekte gedeckt waren. 4. Die Damenpartei verfügte über kein anderweitiges Gegenspiel, wie etwa das Voranbringen eines Freibauern. Sind alle diese Bedingungen erfüllt, kann die Dame eine offene gegnerische Königsstellung nicht ausnutzen.
Ein von den Türmen unterstützter Freibauer stellt einen gewinnverheißenden Vorteil dar. Ein Turm wird dabei am besten hinter dem Freibauern postiert, während der andere eine mögliche Blockadefigur vertreiben kann.
Der Freibauer sollte so schnell und so weit wie möglich vorangetrieben werden. Die Damenpartei muss sich Gegenspiel verschaffen, am besten in Form von Dauerschachdrohungen oder durch einen eigenen Freibauern. Eine passive, lediglich auf Blockade ausgerichtete Verteidigung hat überhaupt nur dann Aussichten auf Erfolg, wenn der König die Blockadefigur ist.
Die Partie Tschigorin – Janowski demonstrierte, dass die Dame (ohne Bauern) gegen zwei Türme und einen Springerbauern chancenlos ist. Einen Mittelbauern zu verwerten, ist nicht möglich, wie die Partie Fischer – Matthai bewies. Das schnelle Vorgehen ihres Freibauern erreichten die Türme in der Partie Aljechin – Lilienthal durch Bauernopfer. In Pinkas – Przewoznik wirkte der von seinen Türmen optimal unterstützte Freibauer als ausreichendes Gegengewicht zu zwei weit vorgerückten verbundenen Freibauern der Damenpartei. Als Verteidigungsidee kam dabei das Festungsmotiv zum Tragen. In der Partie Smyslow – Spasski konnte die Turmpartei einen freien Randbauern nicht verwerten, weil die Stellung ihres Königs zu unsicher war. Nach fehlerhaftem Spiel der Damenpartei konnte der König über das offene Brett zum anderen Flügel wandern, an dem dann durch Bauerneroberung die Entscheidung fiel.
Der Normalfall bei der typischen Abwicklung in ein Endspiel Dame gegen zwei Türme ist, dass die Damenpartei einen Mehrbauern behält. Dabei wird die Dame meist einen Freibauern besitzen oder einen solchen aus einer Bauernmajorität bilden können. Stellungen dieses Typs sind Gegenstand der Untersuchung dieses Kapitels.
In den Partien dieses Abschnitts versucht die Damenpartei, ihren Freibauern zu verwerten. Dabei deckt der König nicht nur seinen Freibauern, sondern wirkt auch aktiv beim Vorgehen des Freibauern mit. Daher sprechen wir von der „Unterstützung“ des Freibauern durch den König.
J. Smejkal – Lj. Ljubojevic
Moskau 1977
1. Sf3 Sf6 2. c4 c5 3. Sc3 e6 4. g3 b6 5. Lg2 Lb7 6. 0-0 a6 7. b3 d6 8. Lb2 Sbd7 9. Te1 Tb8 10. e4 b5 11. d3 b4 12. Sd5 exd5 13. exd5+ Le7 14. De2 Kf8 15. Dd2 Se8 16. Te2 Lf6 17. Tae1 Sc7 18. Df4 Sb6 19. d4 g5 20. Dd2 h6 21. dxc5 dxc5 22. d6 Se6 23. Txe6 fxe6 24. Txe6 Lxb2 25. Dxb2 Th7 26. Se5 Lxg2 27. Sg6+ Kf7 28. Te7+ Dxe7 29. Sxe7 Lh3 30. De5 Sd7 31. De4 Tg7 32. Df3+ Sf6 33. Sd5 Tg6 34. Sxf6 Txf6 35. Dh5+ Ke6 36. Dxh3+ Kxd6
Stellungsbeurteilung:
Schwarz hat einen Bauern weniger, eine unsichere Königsstellung und einen schwachen Bauern auf c5. Weiß steht deshalb deutlich besser. Der Plan für Weiß besteht darin, zunächst seine Dame zu zentralisieren, danach einen Freibauern am Königsflügel zu bilden, und diesen dann, unterstützt von Dame und König, voranzutreiben. Durch die Postierung beider Türme auf der f-Linie könnte Schwarz versuchen, den weißen Plan zu vereiteln. Er könnte aber auch versuchen, selbst aktiv zu werden und den schwachen Bauern auf a2 angreifen.
37. Dg2
Die Dame will nach d5. Prinzipiell ist die Zentralisierung richtig. Die Hauptdrohung ist, durch Dg2–d5xc5 den Bauern c5 zu erobern.
Eine Alternative ist 37. Dh5 gefolgt von sofortigem h2–h4: 37. Dh5 Kc6 38. h4 Tg8 39. hxg5 hxg5 40. Dh7 Tgf8 41. Da7 Txf2 42. Dxa6+ Kc7 43. Da5+ Kc6 44. Db5+ Kd6 45. Db6+ Kd7 46. Db7+ (46. Dxc5 Tf1+ 47. Kg2 g4! und Weiß kommt nicht weiter, weil die schwarze Mattdrohung auf den Feldern f1 und f2 zu mächtig ist) 46. ... Kd8 47. Dd5+ Ke8 48. Dxc5 (48. Dxg5 Txa2 49. Dxc5 Tf6 und die latenten schwarzen Mattdrohungen reichen zum Remis) 48. ... Txa2, der auf der 1. Reihe abgesperrte weiße König ist Mattdrohungen ausgesetzt, das garantiert dem Schwarzen das Remis.
37. ... Kc7
Der natürliche Zug, Schwarz will den Bauern c5 mit seinem König durch 38. ... Kb6 decken. Schwarz kann auch mit einem seiner Türme den Bauern c5 decken, im Allgemeinen problematisch, denn die starken Türme sollen gegnerische Bauern angreifen statt eigene zu decken. Als Deckung mit einem Turm kommen zwei Züge in Betracht, nämlich 37. ... Tf5 und 37. ... Tc8.
(a) 37. ... Tf5 38. De4 Tbf8 39. g4! Te5 (39. ... Tf4 40. Dd5+) 40. Db7 mit weißem Gewinn.
(b) 37. ... Tc8 38. Dd5+ Ke7 39. h4 gxh4 40. De4+ Kd6 41. Dxh4 Tcf8 42. Dh5 Kc6 43. Dd5+ Kb6 44. f4. Durch den Zug 39. h4 hat sich Weiß einen Freibauern auf der f-Linie geschaffen, der von seinem g-Bauern gedeckt ist. Der Plan von Weiß ist, den König nach e4 zu bringen, dann f4–f5 nebst g3–g4 zu spielen, und dann das Feld f6 mit der Aufstellung Ke5, De7 zu erobern. Schwarz wird die Realisierung dieses einfachen Planes nicht zulassen – und anders verlieren.
38. Dd5 Kb6 39. De5 Tbf8 40. Dd5?
Nun kann Schwarz die weiße Bauernmajorität mittels 40. ... g4 festlegen. Deswegen hätte 40. f3 (40. ... Txf3? 41. Dd6+ Kb7 42. Dxc5) gefolgt von Kg2 kommen müssen, z. B. 40. ... Tc6 41. Kg2 Td8 41. Kh3 Tdd6 42. Kg4 Kb7 mit ähnlichem Verlauf wie in der Partie.
40. ... T8f7?
Mit 40. ... g4! hätte Schwarz die Bauernmajorität festlegen können, 41. h3 (41. Dh5 Txf2) 41. ... h5 42. hxg4 (42. Dxh5 Txf2) 42. ... hxg4 nebst Txf2 mit Ausgleich, z. B. 43. Dd7 (43. Dd2 Kc6 44. De3 Txf2) 43. ... Txf2 44. Dd6+ Kb7 45. Dxc5 Tf1+ 46. Kg2 a5.
41. f3 Tf8 42. Kg2 Tc6
Schwarz sichert seinen Turm und seinen König, um mit dem anderen Turm in das weiße Lager eindringen zu können.
Schwierig für Schwarz gestaltet sich eine passive Verteidigung basierend auf der Verdoppelung der Türme in der f-Linie, z. B. 42. ... T8f7 43. Kh3 Tf8 44. Kg4 T8f7 (44. ... Tg6 45. Kh5 Tfg8 46. Df7) 45. De4 (45. h4 gxh4 46. Kxh4 h5! 47. f4 Tf5 48. Dd6+ Kb7 49. Kh3, der König möchte nach e4 laufen, T7f6 50. De7+ Kb6 51. Kg2 h4, Ausgleich) 45. ... Td7 (es ist richtig, die passive Verteidigung aufzugeben) 46. De5 Tdd6 47. h4 gxh4 48. Kxh4 Tfe6 49. Dh8 Te2 50. f4 Txa2 und es ist fraglich, ob Schwarz diese Stellung remis halten kann.
43. Kh3 Te8 44. f4
Dies führt zu Einzelbauern. In Betracht kam deshalb 44. Dd3 gefolgt von Kg4 und h2–h4.
44. ... gxf4 45. gxf4 Te3+
Schwarz wählt eine aktive Verteidigung. Der Schwenk zurück zu einer passiven Verteidigung war aber ebenfalls möglich: 45. ... Tf8 46. f5 Tcf6 47. Kg4 T8f7 (man beachte, dass der Bauer auf h6 gute Dienste leistet, er verhindert Kg4–g5 nebst Dd5–e5xf6) 48. h4 Tf8 49. h5 T8f7 50. Kf4 Tf8 51. Dd3 (51. Dd7 T8f7 52. Dd8+ Kb7!) T8f7 52. Ke5 (droht Dd3–d8xf6) 52. ... Kc7 (Der Weiße kann nicht das Feld f6 zweifach angreifen und gleichzeitig den Bauern f5 decken, der Nachteil eines isolierten Bauern macht sich bemerkbar. Da der Plan, das Feld f6 zweifach anzugreifen, nicht zum Erfolg führt, verfolgt Schwarz mit dem nächsten Zug einen anderen Plan.) 53. Df3 Tf8 54. Dg4 T8f7 55. Dg6 Txg6! 56. hxg6 Te7+ 57. Kd5 Tg7 58. Ke6 h5 59. Kf6 Tg8 60. g7 h4 mit Remis.
46. Kg4 Te2 47. Kg3
Auf 47. Kf3 käme 47. ... Txh2! mit Ausgleich, denn Schwarz hat nun die Möglichkeit, auf den Tausch der Türme gegen Dame und f-Bauer zu spielen.
47. ... Txa2
Hiernach hat sich die strategische Situation geändert. Schwarz kann jetzt seine beiden Türme für Dame und Freibauer geben.
48. f5 Ta1
48. ... Te2 ermöglicht dem Turm Operationen auf der ganzen e-Linie, insbesondere Seitenschachs und Rückkehr in das eigene Lager (e8), 49. Dd8+ (49. Kf3 Te8 50. Df7 Td8, Weiß gelingen keine Fortschritte) 49. ... Kb7 50. Dd7+ Kb6 51. f6 (51. Kf3 Te1) 51. ... Te3+ 52. Kg4 Te4+ 53. Kf5 Te2 54. f7 Tf2+ 55. Kg4 Tcf6 56. f8D Txf8 57. Dd6+ Kb7 58. Dxc5 T8f4+ 59. Kh3 T4f3+, Dauerschach.
49. Kf2 Ta2+ 50. Ke3 Ta1 51. Kf2 Ta2+ 52. Kf3 Ta1?
52. ... Tb2 53. Dd8+ Kb7 54. f6 Txb3+ 55. Kg4 Tc3 56. f7 Txc4+ 57. Kf3 Tc1 58. f8D Tf1+ 59. Ke4 Txf8 60. Dxf8 Tb6 61. Dxc5 b3 und die weiße Dame muss Dauerschach geben.
53. De5 Td1 54. Db8+ Ka5
55. Ke4?
Mit 55. Db7! hätte Weiß die unglückliche schwarze Figurenaufstellung sofort ausnutzen können, 55. ... Tdd6 56. Kf4.
(a) 56. ... h5 57. Kg5 Tf6 58. Da8 Tfd6 59. h4 Tb6 60. Df8 Tbc6 61. Kxh5 und Weiß verfügt wegen seiner beiden Freibauern über Gewinnpotenzial.
(b) 56. ... Tf6 57. Ke5 Tfd6 58. Da8 h5 59. De8 h4 60. h3 Th6 61. Dd8+ Tb6 62. Dc7 The6+ 63. Kf4 Te4+ 64. Kg5 und Weiß gewinnt.
(c) 56. ... Tb6? 57. Dc7 Tdc6 58. Dd7 h5 59. h4, Schwarz befindet sich im Zugzwang, jeder Zug verliert.
55. ... Td7 56. Ke5 Tcc7 57. f6 h5 58. h4 Tf7
Wegen der Pattstellung des schwarzen Königs wäre nun 59. Kf5 fehlerhaft wegen 59. ... Txf6+ 60. Kxf6 Tf7+. Der weiße König kann sich nirgends verstecken, z. B. 61. Ke5 Te7+ 62. Kd6 Td7+ 63. Kc6 Td6+ 64. Kxc5 Td5+.
59. De8 Kb6 60. Ke6 Th7 61. Db8+
Der f-Bauer allein gewinnt nicht, deshalb muss Weiß noch den h-Bauern erobern.
61. ... Ka5
Gut ist auch 61. ... Tb7 62. Dd6+ Ka7 63. Dxc5+ (nach 63. Df8 Thc7 oder Tbc7 sichert die Drohung a6–a5–a4 das Remis) 63. ... Tb6+ 64. Kf5 Tf7 65. Ke5 Tfxf6 66. De7+ Kb8 67. Dd8+ (67. Dxf6?) 67. ... Kb7 68. c5 Tbc6 69. De7+ (69. Da5 Tce6+ 70. Kd5 Td6+ 71. Ke5 Tde6+ 72. Kd4 Tf4+ 73. Kd5 Tef6, Ausgleich) 69. ... Kc8 70. Kd5 a5 71. De8+ Kb7 72. Kc4 Tc7 73. Dxh5 Ka6 74. De2 Tcf7, diese Stellung kann Weiß nicht gewinnen.
62. Kf5 Thd7?
Rettungschancen hätte 62. ... Thf7! geboten, 63. Kg5 (63. Kg6? Txf6!) 63. ... Th7 64. Kg6 Tcg7+! 65. Kf5 Tc7 66. Da8 Kb6 67. Kg6 Thd7 68. Kxh5 a5 69. Kg5 Ta7 70. De4 Tac7 71. De6+ Ka7 72. h5 a4 73. bxa4 b3 74. a5 Tb7 75. a6 Tbc7 76. De5 Tc6 77. De4 Tc8!, die Türme schützen die 7. und 8. Reihe, der Freibauer auf b3 ist weit vorgerückt. Schwarz hält Remis.
63. Kg6 Tb7
Auf 63. ... Tc6 gewinnt 64. Kxh5 Txf6 65. Dc8! Tf5+ 66. Kg6 Tdf7 67. Dxf5.
64. De5 Kb6 65. Kxh5 Tbc7 66. Kg5 a5 67. Da1 Tc6
68. Da4?
Der Gewinn ist mit 68. h5 zu erzielen, z. B. 68. ... Tf7 69. h6 a4 70. h7 (Ablenkung des Turmes f7 vom Feld f6) 70. ... Txh7 71. Dxa4 Th1 72. Da8 Tg1+ 73. Kh4 Th1+ 74. Kg3 Kc7 75. f7 Tg6+ 76. Kf4 Tf1+ 77. Ke5 Tg5+ 78. Ke6 Tgf5 79. De8 T1f2 80. De7+ Kc6 81. Df8 Kc7 82. Dg7 Kc6 83. Dg6 T5f3 84. Ke7+ Kc7 85. Dd6+ Kb7 86. Dd5+ Kb6 87. Dxf3 Txf3 88. f8D Txf8 89. Kxf8 und Weiß gewinnt das Bauernendspiel.
68. ... Ta7?
68. ... Td1 nutzt aus, dass die Dame nicht ihren König schützt. Weiß kann nicht gewinnen, z. B. 69. Db5+ (69. Kg6 Tg1+ 70. Kf7 Kb7 71. Db5+ Tb6 72. Dxa5 Tf1 73. Dxc5 Tfxf6+ 74. Ke7 Tfe6+ 75. Kd7 Th6. Schwarz greift den h-Bauern an. Außerdem kann er Mattdrohungen aufstellen, indem er den weißen König auf die 8. Reihe drängt.) 69. ... Kc7 70. Dxa5+ Kb7 71. Db5+ Kc7 72. Da4 Tg1+ 73. Kh5 Txf6 74. Da7+ Kd8 75. Dxc5 Tgg6 76. De3 Tg8 77. De5 Tff8 78. Dd6+ Kc8 79. De6+ Kc7 80. c5 Te8 81. Db6+ Kc8 82. Dxb4 Th8+ 83. Kg4 Thg8+ 84. Kh3 Te3+ 85. Kh2 Te2+ 86. Kh1 Te3 87. Kh2 Te2+, Zugwiederholung.
69. h5 Ta8 70. h6 Tg8+ 71. Kf5 Ta8 72. h7
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Eine sehr anspruchsvolle Partie. Mit Fehlern auf beiden Seiten, aber gerade deshalb ein besonders instruktives Beispiel zum Thema „Damenpartei mit einem Mehrbauern, der vom König unterstützt wird“. Neben dem Mehrbauern konnte Weiß die offene schwarze Königsstellung sowie zwei schwache gegnerische Bauern (a6, c5) als Pluspunkte verbuchen. Trotzdem war die Ausgangsstellung nicht objektiv gewonnen. Warum? Auch Schwarz hatte einige Pluspunkte vorzuweisen. Die Türme verfügten über offene Linien und konnten frei manövrieren, darüber hinaus waren die Bauern auf a2 und h2 schwach.
Besonders lehrreich ist diese Partie, weil gleich mehrere der Gewinn- wie Verteidigungspläne der Damen- bzw. der Turmpartei zur Anwendung kamen.
Die Damenpartei bildete einen Freibauern, rückte ihn unterstützt vom eigenen König vor, dieser erobert einen Bauern (h5), und die Dame beunruhigt den offen stehenden König.
Die Turmpartei wandte folgende Motive an: aktive Verteidigung in Form von Eroberung eines wichtigen Bauern (a2), Angriff des Königs von hinten, passive Verteidigung durch horizontale Sperre, Pattmotiv.
R. J. Fischer – D. Byrne
Bay City, USA 1963
1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 g6 6. Le3 Lg7 7. f3 Sc6 8. Dd2 0-0 9. Lc4 a5 10. h4 Se5 11. Le2 d5 12. Lf4 Sc4 13. Lxc4 dxc4 14. 0-0-0 e5 15. Lxe5 Sxe4 16. Df4 Sxc3 17. Lxg7 Kxg7 18. bxc3 Df6 19. Dc7 Te8 20. h5 De5 21. Dxc4 Le6 22. h6+ Kg8 23. Sxe6 Txe6
Weiß entscheidet sich nun, mit 24. The1 zwei Türme für die Dame zu geben. Rein materiell gesehen ein schlechter Tausch. Schwarz muss das Tauschangebot annehmen, denn sowohl 24. ... Dg5+ 25. f4 Df6 26. Txe6 nebst Td7 wie auch 24. ... Tc6 25. Txe5 Txc4 26. Txa5 verliert. Nach Beendigung der Tauschaktion werden wir uns die Stellung genauer ansehen, insbesondere begründen, warum das weiße Tauschangebot gerechtfertigt war.
24. The1 Dxe1 25. Txe1 Txe1+ 26. Kb2
Stellungsbeurteilung:
Weiß kann auf beiden Flügeln spielen, nämlich mit Hilfe des vorgeschobenen Bauern h6 den schwarzen König bedrohen und die eigene Damenflügelmehrheit in Bewegung setzen. Dem Weißen kommt zugute, dass die schwarzen Damenflügelbauern leicht angreifbar sind. Nachteilig für ihn ist jedoch sein Doppelbauer auf der c-Linie. Schwarz hat kein Gegenspiel. Er muss sich mit der Verteidigung des Feldes g7 beschäftigen, sodass die Türme nicht zum Angriff verwendet werden können. Die Stellung ist für Weiß gewonnen.
26. ... Th1 27. Df4 Tf8
Weiß drohte g2–g4–g5 nebst Df4–f6. Schwarz hat nun die Möglichkeit, durch f7–f6 nebst g6–g5 den weißen h-Bauern zu erobern. Weiß kann diesen das schwarze Spiel lähmenden Bauern nicht verteidigen und wird daher am Damenflügel aktiv.
28. c4 f6 29. c5 Th5
Nach 29. ... g5 30. Dc7 Txh6 31. Dxb7 Th1 32. c6 Te1 33. c7 Tee8 entsteht eine ähnliche Stellung wie in der Partiefortsetzung.
30. Dc7 Txh6 31. Dxb7
Weiß verlor seinen Bauern auf h6, gewann dafür jedoch den Bauern auf b7. Im Vergleich zu unserer ersten Stellungsbeurteilung ist eine völlig andere strategische Situation entstanden. Weiß hat jetzt nur noch auf dem Damenflügel Vorteile. Diese sind aber im Vergleich zu vorher deutlicher.
Da die nächsten drei Züge von Schwarz so gut wie erzwungen sind, werden wir uns erst nach dieser Zugfolge mit der dann entstandenen Stellung näher beschäftigen.
31. ... Th5 32. c6 Te5
Nach 32. ... Tc5 33. c7 gewinnt c2–c3 nebst weißer Königswanderung nach d4.
33. c7 Tee8
Stellungsbeurteilung:
Schwarz hat es gerade rechtzeitig geschafft, eine waagerechte Sperre auf der 8. Reihe zu errichten. Die waagerechte Sperre ist jedoch wenig wirkungsvoll, da dadurch nur das Vorrücken des freien c-Bauern verhindert wird, seine Eroberung aber nicht möglich ist. Weiß gewinnt, indem er seinen König an den Bauern c7 heranführt, sodann seine anderen Damenflügelbauern in Bewegung setzt, um nach dem folgenden Tausch seiner Dame und seines c-Bauern gegen die beiden Türme ein gewonnenes Bauernendspiel zu erreichen. Die einzige Gegenchance für Schwarz besteht in der Mobilisierung seiner Bauernmehrheit am Königsflügel.
34. Kb3 g5 35. Ka4 Ta8 36. c4 h5 37. c5 h4 38. Kb5 Kh8
Nach 38. ... f5 39. Kb6 gewinnt Weiß ähnlich wie in der Partiefortsetzung.
39. a4 Kg8 40. Kb6 f5
41. Dd5+
Nicht gut wäre der sofortige Abtausch der Schwerfiguren durch 41. Dxa8 Txa8 42. Kb7 Tf8 43. c8D+ Txc8 44. Kxc8 g4 45. fxg4 fxg4 46. Kb8 h3 47. gxh3 gxh3 48. c6 h2 49. c7 h1D 50. c8D+ Kf7 51. Dc7+ nebst 52. Dxa5, da das Damenendspiel remis ist. Mit dem Partiezug bereitet Weiß den Abtausch der Schwerfiguren unter für ihn günstigeren Umständen vor.
41. ... Kg7 42. Kb7 Kg6 43. De6+ Kg7
Oder 43. ... Kh5 44. De7.
44. De7+ Kg6 45. f4 gxf4 46. Dxh4
Schwarz gibt auf. Weiß kann seine Dame nach d7 bringen und dann c7–c8D spielen.
Zusammenfassung:
Die Damenpartei gewann, weil die Türme nicht aktiv werden konnten. Am Anfang mussten sie ihren König verteidigen. Während dieser Partiephase hat Weiß seine Stellung am Damenflügel verbessert. Nachdem Weiß seinen Bauern auf h6 verlor, war zwar der schwarze König nicht mehr gefährdet, aber der weit vorgerückte Freibauer auf c7 zwang die Türme zu einer passiven Aufstellung auf der 8. Reihe.
Interessant ist ein Vergleich beider Könige: Der König der Damenpartei konnte im Gegensatz zu dem der Turmpartei ins Kampfgeschehen eingreifen. Fast immer ist eine offene Königsstellung für die Turmpartei nachteiliger als für die Damenpartei.
A. J. Miles – N. D. Short
Manchester 1982
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sf3 Lb4+ 4. Sbd2 0-0 5. e3 d6 6. Le2 Sbd7 7. 0-0 Lxd2 8. Sxd2 e5 9. b3 exd4 10. exd4 d5 11. Lf3 Te8 12. cxd5 Sb6 13. d6 Dxd6 14. Sc4 De6 15. Sxb6 axb6 16. d5 De5 17. Le3 Td8 18. Ld4 Dd6 19. Lxf6 gxf6 20. Dc2 Ld7 21. Tfd1 Te8 22. Tac1 Tac8 23. Le4 Kg7 24. Lf5 Tcd8 25. g3 Lxf5 26. Dxf5 Te5 27. Dg4+ Tg5 28. Df3 Te8 29. Tc4 Tee5 30. h4 Tef5 31. De2 Txd5 32. Tdc1 Td2 33. Df3 Td3 34. Dxd3 Dxd3 35. hxg5 fxg5 36. Txc7
Stellungsbeurteilung:
Schwarz kann mit h7–h5–h4 einen Freibauern bilden und dabei gleichzeitig die weiße Königsstellung schwächen. Im Kampf gegen den Freibauern können die beiden Türme und ihr König eingreifen, und zwar derart, dass die Türme gleichzeitig den Damenflügel schützen. Die Stellung ist ausgeglichen.
36. ... Dd2 37. T1c2
Weiß hätte sofort 37. a4 spielen können. Damit würde Weiß nach eventueller Postierung der Türme auf der 3. und 4. Reihe einem Angriff auf den a-Bauern zuvorkommen.
37. ... Dd1+ 38. Kh2 h5
Nach 38. ... b5 39. T2c5 Kg6 gewinnt Weiß einen Bauern, aber er gewinnt nicht die Partie, denn nach dem Schlagen eines Bauern können die Türme nicht ihre Königsstellung sichern, 40. Txb5 (40. Txb7 De2 41. Tb6+ f6 42. Kg1 De1+ 43. Kg2 De4+, Dauerschach) 40. ... De2 41. Tb6+ f6 42. Kg1 De1+ 43. Kg2 De4+, Dauerschach.
39. a4 Kg6 40. T7c4
40. ... h4
Schwarz verschafft sich einen Freibauern auf der h-Linie. Außerdem öffnet er die weiße Königsstellung, was prinzipiell vorteilhaft für die Damenpartei ist. Schwarz kann den Bauernvormarsch aber auch so auszuführen, dass die Bauern nicht vereinzelt werden. Ein Beispiel dazu: 40. ... f5 41. Tc8 h4 42. gxh4 Dh5 43. Tg8+ Kf6 44. Tcc8 Dxh4+ 45. Kg1, Weiß steht zwar schlechter, aber er kann die Stellung leicht verteidigen.
41. gxh4 gxh4 42. T2c3 Kg5 43. Th3 Dd6+ 44. Kg1 Dd1+ 45. Kg2 Dd5+ 46. Tf3 h3+
Nach 46. ... f5 47. Tcf4 De5 48. Txf5+ Dxf5 49. Txf5+ Kxf5 entstünde ein Bauernendspiel, das remis ist, 50. Kh3 Kf4 51. Kxh4 Kf3 52. Kg5 Kxf2 53. Kf4 Ke2 54. Ke4 Kd2 55. Kd4 Kc2 56. Kc4 Kb2 57. b4 Ka3 58. Kb5 Kb3.
Nach der Partiefortsetzung kann Weiß den h-Bauern zwangsläufig erobern.
47. Kg3 f5 48. Tcc3 Dd1 49. Kh2 f4 50. Txh3
Stellungsbeurteilung:
Die Partie sollte mit einem Remis enden. Weiße Gewinnversuche scheinen aussichtslos, da der offen stehende weiße König stets Damenschachgeboten ausgesetzt ist. Die Eroberung des Bauern f4, z. B. durch eine Aufstellung der Türme auf c4 und f3, wird Schwarz verhindern können.
50. ... Df1 51. Thf3
In Betracht kam auch 51. Tc2 Kg4 52. 52. f3+ Kf5 53. Tg2 Dd1 54. Tg4 Dc2+ 55. Kh1. Schwarz kommt nicht weiter. Auf 55. ... Dxb3 folgt 56. Th5+ nebst 57. Txf4.
51. ... Kg4 52. Tcd3 b5
Ein guter Zug, weil dadurch die Bauernanzahl reduziert wird. Nicht so konsequent, aber durchaus spielbar, ist 52. ... De2 53. Kg2 De4 54. Kf1 Dxf3 (54. ... Dc6 ist ausgeglichen) 55. Txf3 Kxf3 56. Ke1 Ke4 57. Ke2 f3+ (57. ... Kd4? 58. Kf3 Kc3 59. Kxf4 Kxb3 60. Ke4!, der einzige Zug, der zum Gewinn führt, 60. ... Kxa4 61. f4 b5 62. Kd3 b4 63. f5 b3 64. f6 mit Gewinn) 58. Kd2 Kd4 59. Kc2 b5! 60. axb5 Kc5 61. Kd2 Kxb5 62. Ke3 Kb4 63. Kxf3 Kxb3, remis.
53. axb5 b6 54. Tc3 Dxb5 55. Tfd3 De5 56. f3+ Kh4 57. Tc2 Df5 58. Tcd2 Dh3+ 59. Kg1 Kg3
60. Tf2 b5?
Schwarz übersieht den folgenden taktischen Witz. Gut ist 60. ... Dc8 61. Tg2+ Kh3, nicht 61. ... Kh4? 62. Td5 mit nicht parierbaren Mattdrohungen.
61. Td8 Dh7 62. Tg8+
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Ausgangsstellung war ausgeglichen. Allerdings bot sie der Damenpartei praktische Chancen, da die Turmpartei zum Abwarten verurteilt war. Sie konnte weder auf Bauerngewinn noch auf Königsangriff spielen. Schwarz hingegen konnte seine Königsflügelmajorität ohne Eile in Bewegung setzen. In der Partie wählte Schwarz im 40. Zug mit der Freibauernbildung auf der h-Linie, und der damit verbundenen Vereinzelung der Bauern, die Möglichkeit, die weiße Königsstellung weiter zu öffnen, sodass ein Remis sicher sein sollte, aber auch nicht mehr. Stattdessen hätte im 40. Zug auch die Möglichkeit bestanden, die Bauern geschlossen weiter voranzubringen, was der Damenpartei bessere Chancen geboten hätte.
Nachdem im 50. Zug Bauerngleichheit entstanden war, sollten Gewinnversuche der Turmpartei an der eigenen offenen Königsstellung scheitern; in der vorliegenden Partie führten sie aber tatsächlich zum Erfolg.
W. Alatorzew – I. Kan
Moskau 1935
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 d5 4. Lg5 Le7 5. e3 0-0 6. Dc2 Sbd7 7. Td1 b6 8. cxd5 exd5 9. Da4 Lb7 10. La6 Dc8 11. Lxb7 Dxb7 12. Sf3 h6 13. Lh4 c6 14. 0-0 Tfe8 15. Tc1 Ld6 16. Tc2 a6 17. Se2 c5 18. Lxf6 Sxf6 19. dxc5 bxc5 20. Sc3 Le5 21. Da3 Lxc3 22. Txc3 Se4 23. Tc2 Tac8 24. Td1 Ted8 25. h3 Db5 26. Dd3 Da5 27. b3 c4 28. bxc4 dxc4 29. Txc4 Txd3 30. Txc8+ Kh7 31. Txd3 Dxa2 32. Kh2 Dxf2 33. Ta8 Dg3+ 34. Kg1 Sf2 35. Td2 Sxh3+ 36. Kf1 Sg5 37. Sxg5+ Dxg5 38. Te2 a5 39. Ta7 f6
Stellungsbeurteilung:
Die Damenpartei hat zwei Mehrbauern. Nur sie hat Gewinnchancen. Der Plan sollte darin bestehen, ihre Königsflügelmajorität voranzubringen, und den weißen König maximal zu entblößen, indem dessen g-Bauer abgetauscht wird.
Weiß dagegen kann versuchen, den isolierten a-Bauern zu erobern, ohne den Bauern e3 zu verlieren. Da das aber wahrscheinlich wegen der offenen weißen Königsstellung nicht möglich ist, könnte es zum Tausch des a-Bauern gegen den e-Bauern kommen. Die danach entstehende Stellung, drei Bauern gegen einen auf einem Flügel, kann unter günstigen Umständen remis sein.
40. Tc7
Weiß möchte beide Türme vor den a-Bauern stellen.
40. ... Df5+ 41. Kg1 h5 42. Tc3 De5 43. Ta3 h4 44. Tea2 g5 45. Kh1
45. Txa5 verliert nach Dxe3+ 46. Kh2 Dg3+ 47. Kg1 De1+ 48. Kh2 g4 49. T5a3 (49. Ta1 Dg3+ nebst 50. ... h3) 49. ... De5+ 50. Kg1 g3 51. Ta1 Dd4+ 52. Kh1 h3 53. T3a2 De4.
45. ... Kg6?
Chancenreicher ist 45. ... g4, z. B. 46. Ta4 (46. Txa5 Dxe3 47. Ta1 h3 48. gxh3 Dxh3+, diese Stellung mit zwei verbundenen Freibauern ist gewonnen) 46. ... Db5 47. Txa5 Df1+ 48. Kh2 Kg6 49. Ta1 Df2 50. T5a3 Dg3+ 51. Kh1 h3 52. gxh3 Dxh3+ 53. Kg1 Dg3+ 54. Kf1 Df3+ 55. Kg1 Kg5 mit einer Gewinnstellung für Schwarz.
46. Ta1?
Bevor Weiß den Bauern a5 schlägt, schützt er sich vor Grundreihenschachs. Der Partiezug ist jedoch ein Fehler. Remischancen bietet 46. Txa5:
(a) 46. ... Dxe3 47. T5a3 De1+ 48. Kh2 g4 49. Ta1 De4 50. Ta4. Weiß greift ständig die Dame an. Wenn Schwarz Schach bietet, folgt Kh1. Schwarz kann nicht gewinnen.
(b) 46. ... Dg3 47. T5a3 h3 (47. ... g4 48. e4 De1+ 49. Kh2 Dxe4 50. Ta1 remis) 48. gxh3 Dxh3+ 49. Kg1. Weiß hat Remischancen, weil der g-Bauer noch nicht genügend weit vorgerückt ist.
46. ... De4
Droht 47. ... h3.
47. Kh2 g4?
Dies ist ein Fehler. Danach kann Schwarz nicht mehr gewinnen. Gewonnen hätte stattdessen 47. ... Dg4!:
(a) 48. e4 Df4+ 49. Kg1 Dxe4 50. Txa5 De3+ 51. Kh1 h3 mit Gewinn.
(b) 48. Kh1 h3 49. gxh3 Dxh3+ 50. Kg1 Dg3+ 51. Kf1 Df3+ 52. Kg1 g4 53. Te1 g3 54. Ta2 f5 55. Tb2 Kg5 56. Tc2 Kg4 mit Gewinn.
(c) 48. Txa5 Dg3+ 49. Kh1 h3 50. gxh3 Dxh3+ 51. Kg1 Dxe3+ und Schwarz gewinnt.
48. Txa5 Dxe3
Stellungsbeurteilung:
Schwarz kann diese Stellung trotz seiner zwei gesunden Mehrbauern nicht gewinnen. Der Verteidigungsplan von Weiß besteht darin, einen Turm auf a1 stehen zu lassen und mit dem anderen Turm von der a-Linie aus die schwarzen Figuren anzugreifen. Diese können sich nur auf der g- und h-Linie vor Seitenangriffen verstecken. Weiß kann dann die Bauern am Vormarsch hindern oder diese angreifen.
Das Bauernendspiel des weißen g-Bauern gegen den g- und h-Bauern ist in vielen Fällen remis, aber meist nur dann, wenn der weiße g-Bauer noch auf seinem Ausgangsfeld steht. Das ist auch hier der Fall. Weiß kann also auf Eroberung des Bauern f6 spielen.
49. T5a3 De5+ 50. Kh1 De2 51. T3a2 De3 52. Ta3 Dh6 53. Ta6 Df4
53. ... g3 54. Txf6+ Kxf6 55. Ta6+ Kg5 56. Txh6 Kxh6 57. Kg1 Kg5 58. Kh1 Kf4 59. Kg1 Ke3 60. Kh1 h3 61. Kg1 h2+ 62. Kh1 patt.
Nach 53. ... Dg5 kann Weiß das Unentschieden durch 54. Tf1 nebst 55. Taxf6 erzwingen.
54. T6a4 Df5 55. Ta5 Dd3 56. T5a3 Dd2 57. T3a2 Dh6 58. Ta6
Es ist die gleiche Stellung wie nach dem 53. Zug von Weiß entstanden.
58. ... Dg5 59. T6a5
59. Tf1 nebst 60. Taxf6 ist ebenfalls remis.
59. ... f5
60. Ta8 De3 61. T8a3 Dd2 62. T3a2
Remis.
Zusammenfassung:
Die Ausgangsstellung war für die Damenpartei gewonnen. Der Plan, den weißen König zu entblößen, war richtig und ließ sich auch umsetzen. Hilfreich dabei war, dass nach Abtäuschen oftmals zwei verbundene Freibauern übrig blieben, was in der Regel gewonnen ist, sofern keiner der Bauern ein Randbauer ist. Als Besonderheit bleibt festzuhalten, dass Dame und König auch nur einen Freibauern (g-Bauer, Analyse zum 45. Zug von Schwarz) so gefährlich machen können, dass es zum Sieg reicht, wenn der gegnerische König unsicher steht und nicht beide Türme sich gegen den Vormarsch des Freibauern stemmen können.
Das Endspiel zweier Türme und einem auf seinem Ausgangsfeld stehenden g-Bauern gegen die Dame und den f-, g- und h-Bauern kann die Damenpartei trotz zweier Mehrbauern nicht gewinnen. Die Türme stellen sich auf die a-Linie und greifen die gegnerischen Figuren ständig von der Seite an. Wichtig ist, dass der g-Bauer der Turmpartei auf seinem Ausgangsfeld (hier g2) steht, weil in diesem Fall viele Bauernendspiele des g-Bauern gegen den g- und h-Bauern remis sind.
Die Partie zeigt eindrücklich, wie wichtig es für die Damenpartei ist, den gegnerischen König zu entblößen.
Ein Mehrbauer der Damenpartei ist, sofern keine Doppelbauern vorhanden sind, mit einer gesunden Bauernmajorität auf einem der beiden Flügel verbunden. Durch geeignetes Vorrücken dieser Majorität kann normalerweise ein Freibauer gebildet werden. Im vorliegenden Abschnitt haben wir Stellungen betrachtet, in denen der König der Damenseite das Vorrücken seiner Majorität bzw. seines Freibauern unterstützt. Dabei besitzt nur die Damenpartei Gewinnchancen.
Wesentlich für die Stellungsbeurteilung ist, ob der König der Turmseite am Kampf gegen den Freibauern teilnehmen kann.
Wenn alle Bauern sowie die Könige auf demselben Flügel stehen, dann hat keine der beiden Parteien Gewinnchancen.
Wenn auf beiden Flügeln Bauern vorhanden sind und beide Könige sich auf dem Flügel befinden, auf dem die Damenpartei eine Bauernmajorität besitzt, dann hat die Turmpartei gute Remisaussichten, obwohl die sich – infolge des Vorgehens der Bauernmajorität – ergebende Öffnung der Königsstellungen der Turmpartei Probleme bereiten kann.
Betrachten wir nun den Fall, dass auf beiden Flügeln Bauern stehen und dass die Könige sich auf entgegengesetzten Flügeln befinden, wobei gemäß unserer Voraussetzung der König der Damenseite seine Majorität bzw. seinen Freibauern unterstützt. Grundlegend für die Beurteilung dieses Stellungstyps ist, wie das nach Tausch der Dame und ihres Freibauern gegen die zwei Türme entstehende Bauernendspiel einzuschätzen ist. Wenn sich nicht abzeichnet, dass ein potentielles Bauernendspiel remis endet, dann hat die Turmpartei kaum Aussichten auf eine erfolgreiche Verteidigung.
Allgemein gilt, dass im Endspiel der Dame gegen die beiden Türme bei noch vorhandenen Bauern der Wirkungsgrad der Könige unterschiedlich ist. Während sich in der Regel der König der Turmpartei verstecken muss (um sich vor Doppelangriffen der Dame zu schützen), kann sein Gegenüber aktiv am Kampfgeschehen teilnehmen. Er kann sogar versuchen, gegnerische Bauern, sofern sich welche in seinem Wirkungskreis befinden, zu erobern oder zumindest anzugreifen, und so günstige Voraussetzungen für ein eventuelles Bauernendspiel zu schaffen.
Wir können festhalten: Der Plan der Damenseite besteht im Vorrücken und Umwandeln des Freibauern. Zuvor muss sie jedoch dafür Sorge tragen, dass ein eventuell entstehendes Bauernendspiel günstig für sie ist.
Als Verteidigungspläne der Turmpartei kommen in erster Linie in Frage:
1. Schlagen des von König und Dame gedeckten Freibauern, wenn das nach Abtausch der Schwerfiguren entstehende Bauernendspiel nicht verloren ist.
2. Sich selbst einen Freibauern verschaffen, der so stark ist, dass er ein ausreichendes Gegengewicht zum Freibauern der Damenpartei darstellt. Meist ist eine Freibauernbildung nur möglich, wenn die Türme in der Lage sind, zuvor einen Bauern zu erobern.
In der Partie Alatorzew – Kan (Analysen zum 45. und 47. Zug) hätte es zu einem Endspiel Dame und zwei verbundene Freibauern gegen zwei Türme kommen können, ohne dass weitere Bauern auf dem Brett vorhanden sind. Allgemein ist zu dem Endspiel mit dem betrachteten Materialverhältnis Folgendes zu sagen: Zwei verbundene Freibauern gewinnen, wenn kein Randbauer vorhanden ist und der König seine Freibauern unterstützt.
In den Partien Smejkal – Ljubojevic und Fischer – Byrne sahen wir, dass der Freibauer verwertet wurde, weil in beiden Fällen ein potentielles Bauernendspiel gewonnen gewesen wäre. In keiner dieser Partien konnte der König der Turmpartei am Kampf gegen den Freibauern teilnehmen. Demgegenüber konnte in Miles – Short der Vormarsch des Freibauern gestoppt werden, weil der König der Turmpartei vor ihm stand. Ein Beispiel von Bauern nur auf einem Flügel – im Verhältnis von 3 zu 1 – sahen wir in Alatorzew – Kan. Auch hier stand der König der Turmpartei vor der gegnerischen Majorität.
In den Partien dieses Abschnitts verfügt die Damenpartei über einen oder mehrere Freibauern, die nicht vom König unterstützt werden.
X. Mateu – A. Jusupow
Skien 1979
1. e4 e5 2. Sf3 Sf6 3. d4 Sxe4 4. Ld3 d5 5. Sxe5 Ld6 6. Sd2 Lxe5 7. dxe5 Sc5 8. Le2 Sc6 9. Sf3 Lg4 10. Lf4 0-0 11. 0-0 Te8 12. Te1 Dd7 13. h3 Lh5 14. c3 Tad8 15. b4 Se4 16. b5 Se7 17. Sg5 Lxe2 18. Dxe2 Sg6 19. Dh5 Sxg5 20. Lxg5 Tc8 21. Lh4 Dxb5 22. Lg3 Dc4 23. Df3 c5 24. h4 Sf8 25. h5 h6 26. Lf4 Se6 27. Ld2 d4 28. Te4 Sg5 29. Lxg5 hxg5 30. cxd4 cxd4 31. Td1 Tcd8 32. a3 Td5 33. Df5 Dc2 34. Tde1 Texe5 35. Dxe5 Txe5 36. Txe5 d3 37. Td5 d2 38. Te8+ Kh7 39. Ted8 Dd1+ 40. Kh2 Dxh5+ 41. Kg1 Dd1+ 42. Kh2 Da4 43. T8d7 Dxa3 44. Txd2 Db4 45. Tc2 a5 46. Txf7 b5 47. Tc8 a4 48. Ta8 a3 49. Tfa7 Df4+ 50. Kg1 b4 51. Ta4 Dc1+ 52. Kh2 Dc7+ 53. Kg1 Dc1+ 54. Kh2 Dd2 55. Kg1 g4 56. g3 Dc1+ 57. Kg2 Dc6+ 58. Kg1
Stellungsbeurteilung:
Schwarz hat zwei verbundene Freibauern, die schon weit vorgerückt sind. Außerdem hat er einen materiellen Vorteil, nämlich eine Dame und zwei Bauern gegen zwei Türme. Der materielle Vorteil ist zwar wegen des Doppelbauern gemindert, aber die Doppelbauern leisten gute Dienste, der Bauer auf g7 schützt den König vor Schachgeboten, der Bauer auf g4 macht die weißen Bauern unbeweglich. Die weiße Königsstellung ist gelockert. Das ermöglicht der Dame, durch Schachgebote ihre Position zu verbessern, insbesondere Doppelangriffe gegen den König und eine Turm zu führen. Die Stellung ist für Schwarz gewonnen.
Weiß hat seine Türme richtig aufgestellt, nämlich derart, dass die schwarzen Freibauern nur unter Bauernverlust vorgerückt werden können. Eine Eroberung der verbundenen Freibauern ist nicht möglich. Als Verteidigungsmotiv kommt das Opfer eines Turms für die beiden Freibauern in Betracht mit dem Ziel, eine Festung zu errichten. Der schwarze König kann seine Freibauern nicht unterstützen, sodass die Dame allein für deren Umwandlung sorgen muss.
58. ... Dd6 59. T8a6
Auch die Alternativen ändern am Ergebnis nichts, leisten teilweise aber hartnäckigeren Widerstand:
(a) 59. Kg2 Dd5+ 60. Kg1 Dd1+ 61. Kg2 b3 62. Txa3 Df3+ 63. Kg1 b2 64. Ta1 Dxa8! 65. Txa8 b1D+ 66. Kh2 Df1 67. Tf8 (nach 67. Ta2 läuft der schwarze König einfach bis nach f3) 67. ... g6 68. Tf6 Kg7 69. Tf4 Kg8 70. Tf6 g5 71. Tf5 Kg7! und der Turm muss die f-Linie verlassen: 72. Txg5+ Kf6 73. Th5 Dxf2+ 74. Kh1 Dxg3! 75. Tf5+ Ke6 76. Tf6+ Kd5 77. Tf5+ Ke4 mit Aufhebung der Pattstellung.
(b) 59. T8a5 Dd1+ 60. Kg2 b3 61. Txa3 Df3+ 62. Kg1 b2 63. Txf3 (63. Ta1 Dc3!) 63. ... b1D+ 64. Kg2 De4!.
(c) 59. T8a7 Dd1+ 60. Kg2 b3 61. Txa3 b2.
(d) 59. T4a6 Dd1+ 60. Kg2 b3 61. Txa3 Df3+, siehe Variante (a).
59. ... Dd1+ 60. Kg2
Auf 60. Kh2 wäre 60. ... Df1! gefolgt.
60. ... b3 61. Txa3 Df3+ 62. Kg1 b2 63. Ta1
63. ... Df6!
Ein schöner Zug beendet die Partie. Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Damenpartei gewann, weil sie die unsichere gegnerische Königsstellung ausnutzen konnte. Die Partie bestätigt die These, dass die Damenpartei neben zwei verbundenen Freibauern noch einen weiteren Vorteil besitzen muss, um zu gewinnen. Zusätzliche Vorteile können sein: Eine unsichere Königsstellung, weit vorgerückte Freibauern, ungünstige Turmstellung oder auch, dass kein Festungsaufbau möglich ist.
L. Portisch – W. Smyslow
Havanna 1964
1. c4 Sf6 2. Sc3 e6 3. d4 Lb4 4. e3 0-0 5. Ld3 c5 6. Sf3 d5 7. 0-0 dxc4 8. Lxc4 De7 9. a3 La5 10. Dc2 Ld7 11. Ld3 Tc8 12. Ld2 Lb6 13. dxc5 Dxc5 14. e4 Sc6 15. Le3 Dh5 16. Lxb6 axb6 17. Db3 Dc5 18. h3 Sa5 19. Dd1 e5 20. Sd5 Dd6 21. b4 Sxd5 22. exd5 Sc4 23. Lxc4 Txc4 24. De2 Tc3 25. Sxe5 Te8 26. Tfe1 h6 27. Dd2 Tec8 28. Sxd7 Dxd7 29. d6 T3c6 30. Tad1 Td8 31. Df4 Kh7 32. Te7 Dxe7 33. dxe7 Txd1+ 34. Kh2 Te1 35. Df5+ Kg8 36. Dd7 Tce6 37. Dxb7 Txe7 38. Dxb6 T1e6 39. Dd4 Te4 40. Dd8+ Te8 41. Dd5 T8e5 42. Dd8+ Te8 43. Dd3 Te2 44. a4 Txf2 45. a5
Stellungsbeurteilung:
Weiß hat zwei verbundene Freibauern am Damenflügel. Der erste Eindruck ist der, dass Weiß einfach durch weiteres Vorrücken dieser Freibauern gewinnt. Schwarz muss versuchen, die weißen Freibauern zu erobern oder am Vorgehen zu hindern. Wenn es Schwarz gelingen sollte, einen Turm gegen beide Freibauern zu opfern, dann könnte er mit dem verbleibenden Turm eine Festung aufbauen. Die letztgenannte Möglichkeit scheint sehr realistisch. Ohne dass wir Varianten berechnen, können wir vermuten, dass Schwarz ein Unentschieden erreicht. Die Möglichkeit eines schwarzen Gegenangriffs auf g2 besteht nicht: 45. ... Tee2 46. Dd5 deckt g2.
45. ... Tb2
45. ... Ta2 ist ebenfalls gut. Schwarz greift die Freibauern von hinten an, weil den Türmen hinter den Freibauern mehr Felder zum Manövrieren zur Verfügung stehen als vor ihnen und weil die Türme seitlich gegen den weißen König wirken.
46. Db5
Zwei Alternativen, die beide zu einer schwarzen Festung führen, sind:
(a) 46. b5 Te5 47. a6 Tbxb5 48. a7 Ta5 49. Dd8+ Kh7 50. a8D Txa8 51. Dxa8 Te6 und Schwarz errichtet eine Festung.
(b) 46. Dc3 Tb1 47. a6 Tb8 48. a7 T1xb4 49. axb8D+ Txb8 (Schwarz möchte seinen Turm nach e6 oder f6 bringen) 50. De5 Ta8 51. h4 g6 (um 52. ... Ta6 zu spielen) 52. Db5 Kf8 53. h5 gxh5 54. Dc6 Te8 55. Dxh6+ Kg8 56. Dg5+ Kf8 57. Dxh5 Kg8 58. g4 Te6 und Schwarz hat eine Festung errichtet. Der Turm kontrolliert die 6. Reihe, sodass der weiße König diese nicht überqueren kann, um den Bauern f7 anzugreifen, und auf den Bauernvormarsch g4–g5–g6 würde Schwarz den Bauern mit dem Turm schlagen.
46. ... Te4 47. Db8+
Nach 47. a6 Texb4 48. De8+ Kh7 49. a7 Ta2 50. a8D Txa8 51. Dxa8 Tf4 kann Weiß nicht gewinnen.
47. ... Kh7 48. b5 Teb4
Schwarz hat es geschafft, beide Türme hinter die Freibauern zu bringen.
49. b6 Tb5 50. Da7 f5
Mit ausgeglichener Stellung. Der weiße König kann sich seinen beiden Freibauern nicht nähern, da Schwarz mit seinem Turm b2 ständig Schach auf der b-Linie geben kann.
51. Da8 Tb1 52. Kg3 T1b3+ 53. Kf2 Tb2+ 54. Kg1 Tb1+ 55. Kh2 T1b2 56. Da6 Tb1 57. Da8
Remis.
Zusammenfassung:
Verbundene Freibauern der Damenpartei können mit alleiniger Unterstützung der Dame nicht zur Umwandlung geführt werden. Um zu gewinnen, hätte Weiß neben dem Freibauernpaar ein zusätzliches Stellungsplus benötigt. Schwarz gelang es, die beiden verbundenen Freibauern am Vorrücken zu hindern. Die Ursachen hierfür waren:
1. Der weiße König konnte seine Freibauern nicht unterstützen. 2. Schwarz konnte eine Festung anstreben. 3. Der schwarze König war vor Damenschachs gut geschützt.
In der Ausgangsstellung bestand der schwarze Plan darin, seine Türme hinter den verbundenen Freibauern zu postieren.
M. Tal – E. Jimenez
Havanna 1963
1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 Sf6 4. d4 exd4 5. e5 d5 6. Lb5 Se4 7. Sxd4 Ld7 8. Lxc6 bxc6 9. 0-0 Lc5 10. Le3 De7 11. f3 Sd6 12. Lf2 Sf5 13. Te1 Sxd4 14. Lxd4 0-0 15. Sc3 Tfb8 16. Tb1 Tb4 17. Se2 Tab8 18. b3 Lxd4 19. Sxd4 Dc5 20. c4 dxc4 21. Kh1 cxb3 22. Sxb3 De7 23. Tc1 h6 24. Sc5 Le6 25. Sa6 Td8 26. Dxd8+ Dxd8 27. Sxb4
Stellungsbeurteilung:
Schwarz hat die Dame und einen Bauern für zwei Türme. Bei Anwesenheit von Leichtfiguren ist das ein für die Damenpartei günstiges Materialverhältnis. Nachteilig für Schwarz ist jedoch sein isolierter Doppelbauer. Die weißen Figuren wirken gut zusammen, insbesondere sind die Türme verbunden; aber auch in der schwarzen Figurenstellung sind keine Schwächen zu erkennen. Die Könige stehen beide sicher. Schwarz kann versuchen, seine Damenflügelbauern in Bewegung zu setzen. Aufgrund der Vereinzelung der Bauern könnten diese möglicherweise blockiert werden. Weiß kann versuchen, seine Königsflügelmehrheit in Bewegung zu setzen. Das hätte jedoch eine unsichere Königsstellung zur Folge. Insgesamt kann man sagen, dass die Chancen etwa ausgeglichen sind.
27. ... Dd2
Besser ist 27. ... c5 28. Sa6 (28. Txc5? Dd2 29. Tb1/Sc2 Lf5) 28. ... c4 29. Sc5 Ld5 und Schwarz steht sehr komfortabel, der Bauer auf c4 ist gedeckt und der Läufer kann durch c7–c6 geschützt werden.
28. Sxc6 Dxa2 29. Sd4
Stellungsbeurteilung:
Nach einem Abtausch der Leichtfiguren hat Schwarz Schwierigkeiten, seine Damenflügelbauern zu halten. Ursächlich dafür sind vier Gründe: Erstens sind die Bauern isoliert, zweitens sind sie nicht weit vorgerückt, drittens werden sie nicht von ihrem König gedeckt, viertens steht der weiße König sicher.
Die Damenpartei sollte den Abtausch der Leichtfiguren nicht zulassen. Grundsätzlich gilt, dass die Dame auf sich allein gestellt häufig ziemlich hilflos ist. Sie benötigt Leichtfiguren, mit denen sie zusammen wirken kann.
29. ... a5
Schwarz sollte 29. ... Lc4 oder 29. ... Ld7 (30. Txc7? Dd2 31. Sc2 Lf5) spielen, jeweils mit ausgeglichenen Chancen. Aber auch nach dem schlechteren Partiezug ist die Stellung für Schwarz noch nicht verloren.
30. Sxe6 Dxe6 31. Txc7 Db6?
Erst dieser Zug verliert. Nach 31. ... a4 kann der Weiße den a-Bauern nicht gewinnen, ohne den Bauern e5 zu verlieren, z. B. 32. Tcc1 (32. Tc3 Da2 33. Tcc1 a3 34. Ta1 Db2 35. Teb1 Dxe5 36. Txa3) 32. ... a3 33. Ta1 Db3 34. Te2 (34. e6 fxe6. Weiß hat einen Bauern geopfert in der Hoffnung, beide isolierte Bauern zu gewinnen, aber das gelingt nicht. 35. Te2 e5 36. Tea2 e4 37. Txa3 Dc2 38. fxe4 Dxe4) 34. ... Dc3 35. Tea2 Dxe5 36. Txa3 und Weiß hat nur geringe Gewinnchancen. Um zu gewinnen, müsste Weiß beide Türme auf die 7. Reihe stellen, das mündet jedoch in einem Dauerschach der Dame.
32. e6 fxe6 33. Te7 a4 34. T7xe6 Db3
Weiß will im Folgenden den Bauern a4 erobern. Hierzu versucht er, seine Türme vor dem Bauern zu verdoppeln. Durch den Angriff des Bauern von vorne ist gleichzeitig der eigene König geschützt, was bei einem Angriff von hinten nicht der Fall ist.
35. T6e3 Db2 36. T3e2 Dc3
Wenn Schwarz 36. ... Da3 spielt, dann erzwingt Weiß die Turmverdoppelung auf der a-Linie durch 37. Tg1 Kh7 38. Tee1 Db2 39. Tb1 Dc3 40. Ta1 Db3 41. Tgf1 mit der Idee Tf1–f2–a2.
37. Td1 Dc4
37. ... Da3 hätte die Turmverdoppelung auf der a-Linie verzögert. Weiß gewinnt danach mit 38. Tee1 Db2 (38. ... Kh7 39. Ta1 Dc3 40. Tf1 a3 41. Ta2 nebst Tfa1) 39. Ta1 a3 40. Teb1 Dc2 41. Tb8+ Kh7 42. Ta8.
38. Ted2 Kh7 39. Ta1 Dc3 40. Tda2 Db3 41. Txa4 Db2 42. Ta7 Dd4 43. T7a4 Dc3 44. Td1 Db3 45. Tad4 Dc2 46. Td7 Da4
47. h3 Db3 48. Te1 Db4 49. Tee7
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Schwarz hat nicht erkannt, dass die Stellung nach Abtausch aller Leichtfiguren die weißen Gewinnchancen erhöht. Allgemein gilt, dass zusätzliche Leichtfiguren für die Damenpartei vorteilhaft sind. Die Partie demonstriert gut, wie die Turmpartei einen isolierten gegnerischen Freibauern erobern kann.
A. J. Miles – Lj. Ljubojevic
Linares 1985
1. c4 e5 2. Sc3 Sc6 3. e3 Sf6 4. Dc2 g6 5. a3 Lg7 6. b4 0-0 7. Lb2 Te8 8. b5 Sa5 9. Sf3 c6 10. Le2 d5 11. cxd5 cxd5 12. d4 e4 13. Se5 Sd7 14. Sxd7 Dxd7 15. Da4 b6 16. Sa2 Lb7 17. Lc3 Sc4 18. Db3 a6 19. bxa6 Lxa6 20. Lb4 Sa5 21. Lxa5 Lxe2 22. Kxe2 bxa5 23. Thb1
23. ... Teb8
Ein sehr guter Zug, er pariert die Drohung Sc3 mit lästigem Druck auf den Bauern d5.
24. Dxb8+
Nach dem Tausch der Dame gegen die zwei Türme wird Schwarz den a-Bauern erobern können. Danach steht der Schwarze mit einem Mehrbauern etwas besser. Ursächlich für die Eroberung des a-Bauern ist, dass der weiße König noch keinen sicheren Platz hat und dass der Springer auf a2 sich noch nicht wirkungsvoll am Spiel beteiligt.
Die Frage ist, ob Weiß etwas Besseres hat als den Tausch der Dame. Auf die gleiche Stellung könnte 24. Dc2 Tc8 25. Db3 (25. Dd2 Lf8 und nun scheitert 26. Sc3 an Dc7 mit Angriff gegen c3 und h2) 25. ... Tab8 hinauslaufen, während nach 24. Dd1 Dd6 Schwarz einen Bauern, a3 oder h2, unter günstigen Umständen gewinnen würde.
24. ... Txb8 25. Txb8+ Lf8 26. Tc1 Kg7 27. Tb3
Auf 27. Tc3 folgt 27. ... Dg4+.
27. ... a4 28. Tbc3 Db5+ 29. Ke1
29. ... Db2 30. Sb4
Auch nach 30. T1c2 Db1+ 31. Ke2 (31. Kd2 Df1) 31. ... Lxa3 gewinnt Schwarz den a-Bauern.
30. ... Lxb4 31. axb4 a3 32. T3c2 Dxb4+ 33. Kf1 Db3
Stellungsbeurteilung:
Weiß kann den a-Bauern nicht erobern. Er kann auch nicht verhindern, dass dieser bis auf die 2. Reihe vorrückt. Die Umwandlung des a-Bauern kann Weiß nur vermeiden, indem er entweder beide Türme auf die Grundreihe stellt oder indem er einen Turm auf der Grundreihe belässt und den anderen Turm hinter den Freibauern stellt. Die zweite Möglichkeit hat den Vorteil, dass der Turm von der a-Linie aus seitlich gegen den schwarzen Königsflügel wirkt, jedoch den Nachteil, dass nach 34. Tc8 a2 35. Ta8 Db1 36. Te1 die weißen Figuren auf der Grundreihe total gelähmt stehen. An dieser Stelle ist schwer zu entscheiden, welche Turmaufstellung für Weiß die günstigere ist. Erwähnt sei, dass Weiß die zweite Aufstellung wegen 34. Tc8 Da4 nicht erzwingen kann. Egal wie die Türme stehen, durch die Umwandlungsdrohung des Bauern a2 sind sie so stark gebunden, dass Weiß es schwer haben wird, ein Remis zu erreichen. Schwarz wird durch Vorrücken seiner Königsflügelbauern und seines Königs am Königsflügel Drohungen schaffen, wobei ihm die große Beweglichkeit der Dame zugute kommt, die im entscheidenden Augenblick z. B. über b8 auf den Königsflügel schwenken könnte.
34. Tc7
Damit signalisiert Weiß, dass er einen Turm hinter den Freibauern postieren möchte.
34. ... a2
Der Partiezug lässt vermuten, dass sich die Kontrahenten nicht darüber einig sind, ob ein Turm hinter dem a-Bauern günstig steht. Weiß strebt das an, und Schwarz lässt das zu, obwohl er es einfach durch 34. ... Da4 hätte verhindern können.
35. Ta7
Nach der Aufstellung der Türme auf der Grundreihe mittels 35. Ta1 Db2 36. Tcc1 gewinnt Schwarz, indem er mit seinen Bauern und seinem König vorangeht und Drohungen gegen den weißen Königsflügel schafft.
35. ... Db2
Sofortiges 35. ... Db1 36. Te1 wäre konsequent gewesen, denn danach sind die weißen Figuren auf der Grundreihe vollkommen lahmgelegt, insbesondere wird der König auf f1 festgehalten, sodass Schwarz im Bedarfsfalle ein Schach auf der Diagonalen a6-f1 geben kann.
36. Te1 g5?
Besser ist 36. ... Db1.
37. g3?
37. Kg1 Db1 38. Tf1 hätte hartnäckigeren Widerstand geleistet.
37. g4? Db1 gewinnt entsprechend dem Partieverlauf.
Der Partiezug ermöglicht Kf1–g2, deswegen spielt Schwarz
37. ... Db1
wonach die Welt für ihn wieder in Ordnung ist.
38. Ta8 Kg6 39. h3
Nach 39. g4 h5 gewinnt Schwarz folgendermaßen:
(a) 40. h3 h4 41. Ta3 f5 42. Ta6+ Kf7 43. Ta7+ Ke6 44. Ta6+ Kd7 45. Ta7+ Kc6 46. gxf5 g4 47. f6 gxh3 48. f7 h2 49. Kg2 Dxe1 50. Kxh2 Dxf2+ 51. Kh1 h3 und Weiß wird in wenigen Zügen mattgesetzt.
(b) 40. gxh5+ Kxh5 (droht Kh5–g4–f3 nebst Db1–b2xf2) 41. h3 f5 42. Th8+ Kg6 43. Tg8+ Kf7 44. Ta8 f4 45. Ta5 f3 46. Ta8 g4 47. hxg4 (47. Ta7+ Kg6 48. hxg4 Db8 nebst Dh2) 47. ... Db5+ 48. Kg1 Dd7 nebst Dxg4 gewinnt.
39. ... f5 40. Ta6+ Kh5 41. Ta8 h6
42. Ta7
Der von Schwarz vorbereitete Vorstoß f5–f4 wäre auch durch 42. Ta5 nicht zu verhindern gewesen, denn darauf könnte Schwarz durch das Dreiecksmanöver 42. ... Dd3+ 43. Te2 (43. Kg2 Dd2) 43. ... Dd1+ 44. Te1 Db1 die gleiche Stellung mit Weiß am Zuge erreichen, wonach sich der Turm von der 5. Reihe wegen Zugzwanges entfernen müsste.
42. ... f4 43. exf4 gxf4 44. gxf4 Kh4 45. Ta3 h5 46. f5 Kg5 47. Ta5
Um die gleiche Stellung mit Weiß am Zuge zu erreichen, leitet Schwarz mit seinem folgenden Zug ein Dreiecksmanöver der Dame ein.
47. ... Dd3+ 48. Te2 Dd1+ 49. Te1 Db1
Nun ist die gleiche Stellung wie nach dem 47. Zug von Weiß entstanden, jedoch mit Weiß am Zuge.
50. Ta8
Oder 50. h4+ Kf6.
50. ... Kxf5 51. Tf8+ Kg5 52. Ta8 Kh4 53. Ta3 Db2 54. Ta8 Kxh3 55. Kg1 Db1 56. Ta3+ Kg4 57. Tf1 h4 58. Ta8 h3
Die Drohung 59. ... h2+ 60. Kg2 Dxf1+ 61. Kxf1 h1D+ ist nicht zu parieren. Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Partie ist ein lehrhaftes Beispiel dafür, dass ein weit vorgerückter isolierter Freibauer der Damenpartei meist nicht erobert werden kann. Zudem ist er auch noch wegen der Umwandlungsdrohung so stark, dass die Türme durch ihn vollständig gebunden sind. Im Gegensatz dazu kann ein nicht weit vorgerückter isolierter Freibauer in der Regel von der Turmpartei erobert werden.
J. R. Capablanca – B. Kostic
New York 1918
1. e4 e5 2. Sf3 Sf6 3. Sxe5 d6 4. Sf3 Sxe4 5. d4 d5 6. Ld3 Le7 7. 0-0 Sc6 8. c4 Sf6 9. cxd5 Sxd5 10. Sc3 0-0 11. Te1 Le6 12. Se4 Sf6 13. Sfg5 Lf5 14. Sxf6+ Lxf6 15. Lxf5 Lxg5 16. d5 Sb4 17. Te4 a5 18. Dh5 h6 19. Tg4 Lxc1 20. Txc1 Ta6 21. Le4 f5 22. Lxf5 Dxd5 23. Txg7+ Kxg7 24. Dg4+ Kh8 25. Txc7 Dg8 26. Th7+ Dxh7 27. Lxh7 Kxh7 28. Dd7+ Kg8 29. a3 Tc6 30. h4 Sa6 31. Dxb7 Tff6 32. Db5 Tc5 33. De8+ Kg7 34. De7+ Tf7 35. Dd6 Tc1+ 36. Kh2 Sc5 37. h5 Tf6 38. Dc7+ Tf7 39. Dg3+ Kf8 40. Dd6+ Kg8 41. Dxh6 Tc4 42. Dg5+ Kf8 43. b3 Tc2 44. Dd8+ Kg7 45. Dd4+ Kh7 46. b4 axb4 47. axb4 Tfxf2 48. bxc5 Txg2+ 49. Kh3
Stellungsbeurteilung:
Weiß steht materiell überlegen und hat mit seinen beiden Freibauern ein Gewinnpotenzial. Beide Könige stehen offen, was in vorliegender Stellung günstiger für Weiß zu sein scheint: Die schwarzen Türme können kaum ihre gegenseitige Deckung aufgeben, da die Gefahr bestehen würde, dass Weiß einen Turm mit Hilfe geeigneter Damenschachs erobert. Der schwarze König ist wegen seiner Randstellung in seiner Bewegungsfreiheit eingeengt, sodass Weiß ihn mit Dame und seinem Bauern h5 bedrohen kann. Aus dem Gesagten ist klar, dass Schwarz ums Remis kämpfen muss. Welche Möglichkeiten hat er dazu? Er muss versuchen, einen Bauern zu erobern oder er muss den weißen König in Bedrängnis bringen. Soweit die Beurteilung und Planfindung aus der Sicht eines Menschen. Ein Computer, genauer gesagt, die Endspiel-Datenbanken zeigen, dass Weiß zwangsläufig gewinnen kann.
49. ... Tgd2
Nach 49. ... Th2+ 50. Kg3 Tcg2+ 51. Kf3 Tc2 hat Schwarz die Möglichkeit, den König von beiden Seiten mit Schach, Tc3+ und Th3+, zu bedrohen, um anschließend mit beiden Türmen die c-Linie zu besetzen. Weiß kann das jedoch verhindern. 52. De4+ Kh8 53. Kg3 The2 54. Df3. Nun ist c5–c6 nicht zu verhindern. Wichtig ist, dass Schwarz seine Türme in der c-Linie nicht verdoppeln kann. Um zu verdoppeln, ist die Trennung der Türme nötig, was in vorliegender Position in maximal drei Zügen zum Turmverlust führen würde. Des Weiteren hat Schwarz nicht die Möglichkeit, mit einem Turm den König oder die Dame anzugreifen. Die Aufstellung von König und Dame, die nebeneinander stehen, ist optimal. Ted2 55. c6 Kg7 56. c7 Txc7 57. h6+ Kg8 58. Da8+ Kh7 59. De4+ Kg8 60. Dg6+ Kh8 (60. ... Kf8 61. h7) 61. Df6+ Kh7 62. Df5+ und im nächsten Zug kann die Dame durch einen Doppelangriff einen Turm gewinnen. 62. ... Kxh6 63. Df4+ Kg6 64. Dxc7. Das Endspiel Dame gegen Turm ist für die Damenpartei gewonnen.
50. De4+!
Der einzige Zug, der zum Gewinn führt. Die Alternative 50. De3, verhindert ein Turmschach auf der 3. Reihe mit anschließender Turmverdoppelung auf der c-Linie, mündet in ein Remis, 50. ... Th2+ 51. Kg3 Tcg2+ 52. Kf4 Tf2+ mit Dauerschach oder, falls der weiße König die e-Linie betritt, mit Damengewinn durch Tf2–e2, wonach sich Weiß trotz Damenverlusts infolge seines c-Bauers noch in ein Remis retten kann.
50. ... Kg7 51. c6?
Dieser Zug wirft jede Gewinnmöglichkeit weg, danach ist der Remisweg für Schwarz leicht zu finden.
Zum Gewinn führt 51. Dg6+ Kh8 52. Dh6+ Kg8 53. Dg5+ Kh7 54. Dg3. Weiß hat eine Stellung erreicht, in der sich die Türme nicht trennen dürfen und in der kein Turm den König oder die Dame angreifen kann. 54. ... Kh8 (54. ... Te2 55. c6 gewinnt) 55. h6 (droht Dg7 matt) 55. ... Td7 56. De5+ und die Dame wird einen Turm erobern.
51. ... Tc3+ 52. Kg4 Tdc2
Schwarz steht bereit, den c-Bauern zu erobern.
53. De5+ Kh7 54. De7+ Kh6 55. Df8+ Kh7 56. h6 Tg2+
Remis.
Zusammenfassung:
Die Ausgangsstellung war für Weiß theoretisch gewonnen. Weiß hat jedoch nicht gewonnen, weil er es zuließ, dass Schwarz seine Türme trennen konnte, um eine Turmverdoppelung auf der c-Linie zu erreichen.
Die Ausgangsstellung ist für Schwarz verloren, weil sein König völlig offen steht und weil deswegen die Türme ihre gegenseitige Deckung nicht aufgeben können, da andernfalls ein Turm durch geeignete Damenschachs erobert werden kann.
D. Janowski – J. R. Capablanca
New York 1918
1. d4 d5 2. Sf3 Sf6 3. c4 e6 4. Lg5 dxc4 5. e3 c5 6. Sc3 a6 7. a4 cxd4 8. exd4 Lb4 9. Lxc4 Dc7 10. De2 Se4 11. 0-0 Sxg5 12. Sxg5 De7 13. Dh5 g6 14. Dh6 Df8 15. Dh4 Le7 16. Dg3 Lxg5 17. Dxg5 Sd7 18. Sd5 Dd6 19. Tfe1 0-0 20. Sf6+ Sxf6 21. Dxf6 Dd8 22. De5 Ld7 23. d5 exd5 24. Lxd5 Lc6 25. Lxc6 bxc6 26. Tad1 Db6 27. h4 Tab8 28. h5 Dxb2 29. Td4 Tfe8 30. Dxe8+ Txe8 31. Txe8+ Kg7
Stellungsbeurteilung:
Schwarz hat einen Mehrbauern. Die schwarzen Bauern am Damenflügel sind vereinzelt und werden nicht von ihrem König gedeckt. Der weiße König steht gut vor Damenschachs geschützt. Trotzdem wird Weiß die schwarzen Damenflügelbauern nicht erobern können, ohne dass er seine Bauern auf a4 und h5 verliert oder ohne dass sein König Dauerschachdrohungen ausgesetzt ist. Die Chancen sind als gleich anzusehen.
32. Th4
Weiß klammert sich an seinen Bauern h5. Wie wir sehen werden, geht dieser nur dann nicht verloren, wenn Weiß zur Lockerung seiner Königsstellung bereit ist.
Wenn Weiß mit einem Remis einverstanden wäre, dann hätte er dies leicht durch sofortiges Angreifen der schwarzen Damenflügelbauern erreichen können, z. B. 32. Tc4 Db3 33. Tc1 gxh5 34. Tc8 Dxa4 35. T8xc6, und Weiß droht, mit dem Turm c6 ständig die Dame anzugreifen. Auch nach 32. Tc4 Db1+ 33. Kh2 Df5 34. hxg6 hxg6 35. f3 hätte keine der beiden Parteien eine reale Gewinnchance. Insbesondere würde der Weiße die gegnerischen Damenflügelbauern nicht erobern können, ohne in Dauerschachgefahr zu geraten.
32. ... Dc1+ 33. Kh2 Dh6 34. f4
Ein guter Zug, obwohl er die weiße Königsstellung lockert und der Turm h4 vom Spiel vorübergehend ausgeschlossen wird. Jedoch, auch die Dame ist augenblicklich vom Spiel ausgeschlossen. Deswegen entschließt sich Schwarz zu
34. ... gxh5
wodurch er einen anfälligen Doppelbauern auf der h-Linie erhält, der sofort angegriffen wird.
35. Te5 Dd6 36. g3
Auf sofort 36. Thxh5 Dd4 gewinnt Schwarz einen Bauern.
Auf 36. Texh5 wäre 36. ... h6 ein Fehler wegen 37. Txh6 Dxh6? 38. Txh6 Kxh6 39. g4, und Weiß hat ein gewonnenes Bauernendspiel. Richtig wäre 36. ... c5 37. Txh7+ Kf8, z. B. mit der Folge 38. T7h6 Dc7 39. Txa6 c4 40. Thh6 c3 41. Thc6 Dxf4+ 42. Kh3 c2 43. Ta8+ Kg7 44. Tac8 mit ausgeglichener Stellung.
36. ... h6 37. Thxh5 Kg6
38. g4?
Der Verlustzug, denn hiernach beraubt sich der weiße König jeglichen Bauernschutzes und der Bauer f4 verliert seine natürliche Deckung. Schwarz drohte 38. ... Dd1 mit Angriff auf den Turm h5 und den Bauern a4. Dem hätte Weiß durch 38. Ta5 Dd1 39. Thc5 f6 40. Kh3 begegnen können. Schwarz käme nicht weiter, z. B. 40. ... Kf7 (um zu seinen Damenflügelbauern zu laufen) 41. Kh4 (droht 42. Txa6) 41. ... Dh1+ 42. Kg4 Ke6 43. Tf5 (43. Txa6? f5+ 44. Txf5 Dd1+ nebst 45. ... Kxf5) und Weiß sollte die Stellung remis halten können.
38. ... f6 39. Tef5 Dd2+ 40. Kg3 Dd3+ 41. Kf2 Dd2+ 42. Kg3 De1+ 43. Kg2 Dd1 44. Kg3 Db3+ 45. Kf2 Dxa4 46. Kg3
Mehr Probleme bereitet dem Schwarzen der Zug 46. Th1 a5 47. Kf3 mit der Idee, die Türme auf der h-Linie zu verbinden, um ein Gegenspiel gegen den schwarzen König einzuleiten, z. B. 47. ... Db3+ 48. Kf2 a4 49. Tfh5 Db2+ 50. Kf3 Dc3+ 51. Ke4 a3 52. Txh6+ Kf7 53. Th7+ Ke6 54. f5+ Kd6 55. Td1+ Kc5 56. Thh1 Kb4 57. Tb1+ Ka4 und Schwarz hat eine Gewinnstellung.
46. ... Db3+ 47. Kf2 Dc2+ 48. Kg3 De2
Weiß kann die Sperre auf der 5. Reihe nicht aufrechterhalten. Auf 49. Ta5 oder 49. Tc5 gewinnt 49. ... De3+ nebst 50. ... Dxf4. Auf 49. Kh3 gewinnt 49. ... Df3+ 50. Kh4 Dg2 mit der Mattdrohung 51. ... Dh2.
49. Th2 De3+ 50. Kh4 c5 51. Tc2 c4 52. Ta2
52. Txc4 verliert den Turm nach 52. ... De1+ 53. Kh3 Df1+ nebst 54. ... Dxc4. In dieser Zugfolge zeigt sich für Weiß der Nachteil seiner offenen Königsstellung.
52. ... c3 53. Tg2 De4 54. Tg1 De2 55. Tg3 c2
Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Weiß hat durch 38 g4? die natürliche Deckung seines Bauern f4 aufgegeben und seine Königsstellung so stark gelockert, dass das Vorrücken der schwarzen Damenflügelbauern durch die horizontale Verbindung seiner Türme nicht mehr zu verhindern war. Hätte er rechtzeitig eine vertikale Aufstellung seiner Türme angestrebt, dann hätte er weniger Schwierigkeiten gehabt. Wir können aus dieser Partie drei Lehren ziehen:
1. Die Turmpartei muss eine offene Königsstellung unbedingt vermeiden. Durch sie wird die Bewegungsfreiheit der Türme vermindert, da immer die Gefahr besteht, dass ein Turm mit Hilfe geeigneter Damenschachs erobert wird.
2. Die Türme sollten das Vorrücken eines gegnerischen Freibauern durch vertikale Aufstellung der Türme behindern. Die vertikale Aufstellung ist im Gegensatz zur horizontalen die aktive Möglichkeit, da durch sie eine Eroberung des Freibauern droht.
3. Die horizontale Verbindung der Türme – in vorliegender Partie auf der 5. Reihe – kann bei isolierten Bauern der Damenpartei im Remissinne zum Erfolg führen. Die horizontale Verbindung bewirkt für isolierte (!) Bauern eine Sperre, sodass die Bauern nicht vorrücken können.
J. Mieses – H. Pillsbury
Wien 1903
1. e4 e5 2. f4 exf4 3. Sf3 g5 4. h4 g4 5. Sg5 h6 6. Sxf7 Kxf7 7. Lc4+ d5 8. Lxd5+ Ke8 9. d4 Sf6 10. Sc3 Lb4 11. Lxf4 Sxd5 12. exd5 Dxd5 13. 0-0 Lxc3 14. bxc3 Sc6 15. Dd2 Le6 16. Tae1 Kd7 17. c4 Dxc4 18. Txe6 Kxe6 19. d5+ Kd7 20. dxc6+ Kxc6 21. Le5 The8 22. Tf4 Dc5+ 23. Ld4 Dd6 24. Tf6 Te6 25. Dc3+ Kd7 26. Tf7+ Te7 27. Lc5 Txf7 28. Lxd6 cxd6
Stellungsbeurteilung:
Die gegenwärtige Struktur und Anzahl der Bauern ist instabil, da Weiß – bei drei ungedeckten schwarzen Bauern – mindestens einen Bauern gewinnen wird. Der schwarze König steht völlig offen, er kann durch den isolierten Bauern d6 kaum Schutz finden. Die Dame kommt daher sofort zum Angriff. Dagegen haben die Türme zwar Bewegungsfreiheit (drei offene Linien), und die weiße Königsstellung wäre anfällig, sobald die Türme zusammenarbeiten würden, jedoch hat Schwarz Entwicklungsrückstand (Turm a8). Weiß ist im Vorteil, da die Dame zuerst zum Angriff kommt.
Plan für Weiß: die Dame muss sofort aktiv werden und durch Bauerngewinn einen Freibauern bilden. Schwarz muss zunächst versuchen, die für ihn wichtigen Bauern zu halten und den Turm a8 zu aktivieren.
29. Db3 Ke8?
Wie wir sehen werden, kann Weiß nach diesem Zug forciert gewinnen. Dagegen bot die Turmaktivierung 29. ... Taf8 noch Remischancen für Schwarz, obwohl nun die Dame mindestens zwei Bauern erobert, z. B. 29. ... Taf8 30. Dxb7+ Ke6 (30. ... Kd8 31. Db8+ Kd7 32. Dxa7+) 31. De4+ mit Eroberung des Bauern g4.
30. De6+
Die Dame hat mit Tempo eine dominierende Position erreicht (Angriff gegen drei Bauern, der Turm a8 wird durch seinen König am Eingreifen gehindert).
30. ... Kf8
Welchen der drei Bauern soll die Dame (zuerst) schlagen? Der g-Bauer scheidet aus, denn die Dame würde zweimal ohne Schachgebot ziehen (31. Dxg4, und die Dame hat kein Schach), sodass Schwarz Zeit hätte, die Türme zu aktivieren. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Wahl zwischen dem h- und dem d-Bauern ist, welche der weißen Bauern als spätere Freibauern in Frage kommen. Wenn es gelänge, nach dem h-Bauern auch den g-Bauern zu erobern, so hätte Weiß ein verbundenes Freibauernpaar, das vom König unterstützt wird, womit Weiß gewinnt. Der isolierte schwarze Zentralbauer d6 hindert dagegen weder die weißen Bauern noch ist er selbst ein Freibauer. Aus dieser Überlegung folgt allerdings noch nicht, dass die Dame zuerst den h-Bauern schlagen soll, denn es ist leicht zu sehen, dass die Dame sowohl nach dem Schlagen des d-Bauern als auch des h-Bauern noch mindestens einen anderen Bauern gewinnt. In der praktischen Partiesituation wird man etwa so überlegen: Das Schlagen des h-Bauern schafft sofort einen weißen Freibauern, und es ist möglich, dass dies taktisch genutzt werden kann; wenn nicht, dann kann der d-Bauer immer noch genommen werden. Wie die folgenden Varianten zeigen, war der Gewinnzug tatsächlich 31. Dxh6+.
(a) Auf 31. ... Ke7 32. Dg5+ oder 31. ... Ke8 De6+ fällt der g-Bauer sofort und Weiß wird durch das verbundene Freibauernpaar gewinnen.
(b) Auf 31. ... Kg8 fällt der g-Bauer ebenfalls: 32. De6 g3 33. Db3.
(c) Wenn Schwarz mit 31. ... Tg7 den g-Bauern deckt, folgt 32. Dh8+ Tg8 33. Df6+ Ke8 34. De6+ Kf8. In dieser Stellung gibt es einen forcierten Gewinn. Die h-Linie ist geräumt, der schwarze König abgedrängt, der Turm a8 kann nicht eingreifen wegen z. B. 35. ... Te8 36. Df6 matt. Weiß schiebt sofort seinen Freibauern voran. 35. h5 Tg7 (35. ... Kg7. Weiß darf nicht zulassen, dass der schwarze König auf die h-Linie kommt, deswegen 36. Dg6+ Kf8 37. Df6+ Ke8 38. De6+ Kf8 39. h6) 36. h6 Th7 37. Dg6 Tf7 38. h7 Ke7. Nun muss die Dame mit Tempo das Feld h8 unter Kontrolle bringen: 39. Dg5+ (39. Dg8 Tff8; 39. Dh5/Dh6 Th8) 39. ... Kd7 40. Dxg4+ Ke7 (40. ... Kc7 41. Dc4+) 41. Dh4+ und Weiß gewinnt durch die Umwandlung des h-Bauern einen Turm.
Zurück zur Partie.
31. Dxd6+? Kg8 32. Dxh6
Jetzt ist ebenfalls der h-Bauer gefallen, aber das vorherige Schlagen des d-Bauern erweist sich als Zeitvergeudung: Der schwarze König steht jetzt günstig, sodass Schwarz den g-Bauern halten kann, ohne dass Weiß seinen h-Freibauern effektiv in Bewegung setzen kann.
32. ... g3
Rettet den g-Bauern nicht nur (es drohte 33. ... De6), sondern stellt ihn zugleich aktiv im Hinblick auf Mattdrohungen gegen den weißen König.
33. h5 Taf8
Stellungsbeurteilung:
Die Damenpartei hat einen Mehrbauern (Freibauer) und kann den nicht durch Bauern geschützten König belästigen. Der Freibauer wird aber nicht vom eigenen König unterstützt und kann zudem vom gegnerischen König blockiert und angegriffen werden. Die Türme können frei agieren: Sie können sowohl den gegnerischen König als auch den Freibauern angreifen. Die Stellung ist ausgeglichen.
34. Dg6+ Tg7 35. De6+ Kh7 36. De4+ Kh8 37. De5 Td8 38. Kf1 Kg8 39. h6 Tf7+ 40. Ke2 Tdd7 41. Dxg3+ Kh7 42. Dh4 Tde7+ 43. Kd2 Te6 44. Dd4
Weiß hätte auch 44. Dh5 nebst 45. g4 versuchen können. Aber es ist nicht zu sehen, wie Weiß gewinnen kann, z. B. 44. Dh5 Tfe7 (droht 45. ... Txh6 46. Df5+ Tg6) 45. Dc5 b6 46. Dg5 Tf7 47. Dd5 Tfe7 und wiederum droht das Schlagen des h-Bauern mit dem König oder dem Turm.
44. ... Tg6 45. g4 Kxh6
Stellungsbeurteilung:
Vergleichen wir diese Stellung mit dem vorangegangenen Diagramm. Schwarz hat seinen Angriffsbauern g3 verloren, dafür den freien h-Bauern beseitigt. Die Stellung ist klar remis: Die Türme können den isolierten Freibauern erobern, wonach die Damenpartei keine Vorteile mehr besitzt.
46. Dh8+ Kg5 47. Dh5+ Kf6 48. c4 Tfg7 49. Df5+ Ke7 50. Dc5+ Td6+ 51. Kc3 Txg4
Wieder kann die Dame auf Erobern von Bauern spielen, aber die Türme haben Angriff.
52. De5+ Te6 53. Dc7+ Kf6 54. Dxb7 Tg3+ 55. Kd2 Tb6
Nutzt die Deckung durch den letzten verbliebenen Bauern.
56. Dxa7 Tb2+ 57. Ke1
Nach 57. Kc1 Txa2 (auch die Züge Te2/Tbg2/Th2 sichern das Unentschieden) 58. Dxa2 (58. Dd4+ Kf5, der König wandert in Richtung seines Turmes g3, um diesen zu decken) 58. ... Tg1+ 59. Kb2 Tg2+ 60. Kb3 Txa2 61. Kxa2 Ke6 62. Kb3 Kd6 63. Kb4 Kc6 kann Weiß das Bauernendspiel nicht gewinnen.
57. ... Tgg2
Die Türme haben ihre Idealposition auf der vorletzten Reihe erreicht, es droht schon Matt, außerdem droht das Schlagen des Bauern a2. Weiß führt nun ein Remis durch Dauerschach herbei.
58. Dd4+ Ke6 59. Dd5+ Ke7 60. De5+ Kd7 61. Dd5+ Kc7 62. Dc5+ Kb7 63. Dd5+ Ka7 64. Dc5+ Kb7
Remis.
Zusammenfassung:
Die Damenpartei erreichte im Opferstil eine Stellung, in der die Türme sich noch nicht formiert hatten und die Dame dadurch eine dominierende Position erlangen konnte (Ausgangsdiagramm). Bei richtigem Spiel (31. Zug) hätte die Damenpartei gewinnen können: je nach gegnerischer Antwort entweder durch Bildung eines verbundenen Freibauernpaares oder durch einen Angriff, in dem die Dame allein (ohne den eigenen König) den Freibauern durchbringt.
Nach dem Fehlzug erhielten die Türme Gelegenheit, sich zu verbinden und Gegendrohungen gegen den König zu schaffen. Die danach entstandene Stellung (nach dem 33. Zug von Schwarz) ist bereits ausgeglichen.
Der weitere Verlauf der Partie zeigt Bauerneroberung durch die Dame wie durch die Türme. Am Schluss erreichten die Türme die Idealposition auf der vorletzten Reihe, und die Damenpartei war gezwungen, trotz zweier Mehrbauern durch Dauerschach remis zu halten.
Die Partie zeigt insbesondere verschiedene Möglichkeiten des Angriffs gegen König und gegen Bauern, sowohl seitens der Dame wie der Türme. Taktische Wendungen erscheinen hier auch im Zusammenwirken der Dame mit einem Freibauern.
R. J. Fischer – I. Bilek
Telekommunikationspartie, Havanna 1965
1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 Sf6 4. Lg5 dxe4 5. Sxe4 Sbd7 6. Sf3 Le7 7. Sxf6+ Lxf6 8. h4 h6 9. Lxf6 Dxf6 10. Dd2 0-0 11. 0-0-0 b6 12. Lb5 De7 13. Th3 Lb7 14. Tg3 Kh8 15. Lxd7 Lxf3 16. gxf3 Dxd7 17. Tdg1 f6 18. Txg7 Dxg7 19. Txg7 Kxg7
Stellungsbeurteilung:
Weiß hat Dame und Bauer für zwei Türme. Der schwarze König steht unsicher. Die Türme sind zwar verbunden, aber sie stehen nicht aktiv, was insbesondere für den Turm a8 gilt. Bei näherer Betrachtung sieht man, dass Weiß infolge der schwarzen Bauern auf c7, e6 und h6 einen weiteren Bauern mittels Dd2–f4, h4–h5, Df4–g4–g6 gewinnen wird. Schwarz kann kein Gegenspiel entwickeln, denn ein Angriff auf den weißen König scheint unmöglich und eine Freibauernbildung ebenso. Weiß steht auf Gewinn.
20. Df4 Tac8 21. h5 c5
21. ... Tg8 22. De4 (Noch besser ist 22. b3, um die weiße Stellung am Damenflügel zu verbessern, während es keinen schwarzen Zug gibt, der die schwarze Stellung verbessern würde.) 22. ... Kf7 23. Dh7+ Tg7 24. Dxh6.
22. Dg4+ Kf7 23. Dg6+ Ke7 24. dxc5 Txc5 25. Dxh6
Weiß hat nun sowohl am Damenflügel als auch am Königsflügel eine Bauernmehrheit. Der schwarze König steht offen. Der Bauer a7 ist schwach.
25. ... Tg5 26. b3 e5 27. Kb2 Tf7 28. a4 Ke6 29. Dh8
29. ... Te7
Schwarz räumt das Feld f7 für seinen König, um ihn an den weißen h-Bauern heranzuführen. Wenn Schwarz mit 29. ... Tg2 30. h6 Th2 den h-Bauern stoppt, so gewinnt Weiß durch seine überlegene Stellung am Damenflügel, z. B. 31. a5 bxa5 32. Dc8+ Ke7 (32. ... Kd6 33. Da6+) 33. Db7+ Ke6 34. Da6+ Ke7 (34. ... Kf5? 35. Dc8+ Kg6 36. Dg8+ Kxh6 37. Dxf7) 35. Dxa7+ Ke6 36. Da6+ Ke7 37. Dxa5 Txh6 38. b4 und die beiden verbundenen Freibauern, die sogar noch von ihrem König unterstützt werden können, garantieren den Sieg.
30. h6 Kf7
30. ... Th5? 31. Dg8+ Kd6 (31. ... Tf7 32. De8+ Te7 33. Dxh5) 32. Dg6 und Weiß gewinnt des Bauern f6.
31. Dh7+ Kf8 32. Dd3 Kf7 33. h7 Th5 34. Dd5+ Te6
35. f4 f5 36. fxe5 Txh7 37. Dd7+ Te7 38. Dxf5+ Ke8 39. f4 Kd8 40. e6
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Dem Schwarzen gelang es nicht, den isolierten weißen h-Bauern zu erobern. Ursächlich dafür waren seine offene Königsstellung und die Bauernschwäche auf a7. Des Weiteren war der h-Bauer weit vorgerückt, damit traten Umwandlungsdrohungen auf. Die schwarzen Türme konnten nicht aktiv werden, da sie das Vorrücken des weißen Freibauern auf der h-Linie verhindern mussten. Weiß hätte daher relativ ungestört seine Damenflügelmehrheit in Bewegung setzen können. Dazu kam es jedoch nicht, weil Weiß aufgrund der schwarzen Spielweise anders gewinnen konnte.
Der Bauerngewinn nach dem Anfangsdiagramm demonstriert schön die große Beweglichkeit der Dame.
Die Türme können zwei nicht weit vorgerückte verbundene Freibauern der Damenpartei am Vorrücken hindern, sie können diese jedoch nicht erobern.
Bei zwei verbundenen Freibauern der Damenpartei tritt das Motiv des Festungsaufbaus häufig auf. Die Häufigkeit ist durch das häufige Vorkommen folgender Stellungsmerkmale begründet: Die Damenpartei hat zwei verbundene Freibauern am Damenflügel, beide Könige befinden sich am Königsflügel, die Turmpartei hat eine Bauernmehrheit am Königsflügel. Die Verteidigungsidee besteht darin, einen Turm für beide Freibauern zu opfern, um danach eine Festung aufzubauen. Durch die Bauernmehrheit am Königsflügel wird der Festungsaufbau begünstigt. Ein Beispiel für den Festungsaufbau ist die Partie Portisch – Smyslow.
Ein isolierter, nicht vom König unterstützter Freibauer kann prinzipiell von den Türmen erobert werden. Dazu müssen die Türme vertikal verdoppelt vor oder hinter dem Bauern stehen. Bei einer horizontalen Aufstellung (Sperre) der Türme kann der Bauer nur am Vorgehen gehindert, nicht aber erobert werden. Mit der Umgruppierung der Türme von der horizontalen zur vertikalen Verdoppelung wird es immer dann Probleme geben, wenn eine der folgenden Besonderheiten vorliegt:
1. Der Freibauer ist weit vorgerückt, mindestens bis auf die 6. Reihe.
2. Der König der Turmpartei steht unsicher.
3. Die Damenpartei verfügt über zwei isolierte Freibauern.
In all diesen Fällen kann der Freibauer zumeist nicht erobert werden. Er ist plötzlich stark.
In den Partien Capablanca – Kostic und Mieses – Pillsbury trat das Endspiel Dame und zwei isolierte Freibauern gegen zwei Türme auf, ohne das weitere Bauern vorhanden waren. In diesem Fall hat die Turmpartei Remischancen. Offensichtlich sind diese, wenn sie einen Bauern erobern kann; für den verbleibenden Bauern würde dann die Errichtung einer Sperre (statt der Eroberung des Bauern) das Remis sichern. Gegen zwei isolierte Bauern reicht auch die Errichtung einer Sperre, vorzugsweise auf der 6. Reihe, zum Remis, sofern der König der Turmpartei vor einem der Bauern steht. Zum Remis führt auch ein Dauerschach, desgleichen ununterbrochene Mattdrohungen.
Die Partien Mateu – Jusupow und Portisch – Smyslow demonstrierten, dass die Türme noch nicht weit vorgerückte verbundene Freibauern der Damenpartei, die nicht von ihrem König unterstützt wurden, zumindest am weiteren Vorgehen hindern konnten. Um zu gewinnen, muss ein weiterer Vorteil hinzukommen, was in der Partie Mateu – Jusupow der Fall war.
Die Partie Tal – Jimenez war ein typisches Beispiel für einen isolierten schwachen Bauern der Damenpartei, der von den Türmen problemlos erobert werden konnte. Demgegenüber zeigte das Beispiel Miles – Ljubojevic, wie ein bis auf die 6., später sogar bis auf die 7. Reihe vorgedrungener Freibauer der Damenpartei die Türme bindet, ohne dass er erobert werden konnte, allerdings auch ohne eine Chance auf eigene Umwandlung zu haben.
In der Partie Janowski – Capablanca konnte das Vorrücken eines isolierten Freibauern der Damenpartei durch horizontal verbundene Türme verhindert werden.
Dass eine offene Königsstellung für die Turmpartei sehr nachteilig ist, sahen wir in Mieses – Pillsbury und Fischer – Bilek. In Mieses – Pillsbury war es der Turmpartei aufgrund ihres Königs, der jeglichen Schutzes durch eigene Bauern beraubt war, nicht möglich, einen isolierten Freibauern zu erobern, ohne selbst einen Bauern zu verlieren.
In diesem Kapitel wollen wir die Grundzüge des Spiels Dame gegen zwei Türme bei Anwesenheit von Leichtfiguren, also Mittelspielstellungen, betrachten. Wir beschränken uns dabei auf die Eigenschaften und Pläne, die im Vergleich zu dem Spiel ohne Leichtfiguren anders zu bewerten sind oder neu hinzukommen. Grundlegende Eigenschaften, etwa dass die beiden Türme im Unterschied zur Dame einen Punkt doppelt angreifen können, bleiben natürlich gleich. Ein Beispiel für einen Plan, der sowohl im Endspiel als auch im Mittelspiel ähnlich große Bedeutung hat, ist die Besetzung der vorletzten Reihe durch beide Türme.
Die Türme sind umso unbeweglicher, je weniger offene Linien vorhanden sind und je mehr Steine sich auf dem Brett befinden. Daher sind in der Regel die Türme im Mittelspiel unbeweglicher als im Endspiel. Die eigentliche Domäne der Türme ist das Endspiel. Umgruppierungen der Türme sind im Mittelspiel schwieriger zu bewerkstelligen als im Endspiel, da die dazu benötigten Felder von gegnerischen Figuren beherrscht werden können. Das Eindringen der Türme ins gegnerische Lager, genauer gesagt die Besetzung der vorletzten oder letzten Reihe, kann von gegnerischen Leichtfiguren durch Kontrolle der Einbruchsfelder erschwert werden. Die Dame wird in ihrer Beweglichkeit durch die Anwesenheit mehrerer Steine weniger beeinträchtigt als die Türme.
Im Endspiel der Dame gegen die zwei Türme kommt ein Mattangriff der Damenpartei selten vor. Die Dame allein kann nicht mattsetzen. Sie benötigt zum Mattsetzen einen Helfer, und der kann im Endspiel nur ein Bauer oder der König sein. Beide Steine aber sind so langsam, dass die Türme rechtzeitig einem Mattangriff vorbeugen können. Verfügt die Damenpartei aber noch über eine Figur, dann hat sie einen vollwertigen Helfer. Damit haben wir einen grundlegenden Unterschied zwischen Endspiel und Mittelspiel: Der Mattangriff der Damenpartei, der im Endspiel fast keine Bedeutung hat, kann bei Anwesenheit von Leichtfiguren zum strategischen Ziel werden. Bezüglich des Mattangriffs stellt also die Anwesenheit von Leichtfiguren einen Pluspunkt für die Damenpartei dar.
Im Allgemeinen ist ein Mattangriff nur dann erfolgreich, wenn bezüglich der Wirkung der Figuren auf den bedrohten Königsflügel eine große materielle Überlegenheit der angreifenden Figuren gegenüber den verteidigenden besteht. Wenn demnach alle Figuren der Damenpartei den gegnerischen König angreifen, während einer der Türme nicht an der Verteidigung desselben beteiligt ist, dann wird die Damenpartei in der Regel gewinnen. Betrachten wir als Beispiel eine Stellung aus der Partie Djuric – Vogt:
S. Djuric – L. Vogt
Tallinn 1981
Weiß am Zuge
Die schwarzen Figuren greifen den Punkt b2 an, während die weißen Türme diesen nicht verteidigen. Weiß ist gegen den Vormarsch des c-Bauern machtlos.
Betrachten wir nun den Mattangriff der Turmpartei. Die Dame kann wegen ihrer Beweglichkeit schnell zur Verteidigung ihres Königs herangezogen werden. Daher wird die Turmpartei eine materielle Überlegenheit der angreifenden Figuren meist nur dann erzielen, wenn mindestens beide Türme am Angriff beteiligt sind. In der Regel wird es so sein, dass die Turmpartei nur dann Aussicht auf Erfolg im Mattangriff hat, wenn alle ihre Figuren am Angriff beteiligt sind. Das verdeutlicht die folgende Stellung aus der Partie Cholmow – Kimelfeld:
R. Cholmow – R. Kimelfeld
UdSSR 1970
Weiß am Zuge
Alle weißen Figuren stehen angriffsbereit. Nach 28. e6 konnte sich der Schwarze nicht mehr verteidigen.
Auf eine Besonderheit wollen wir noch hinweisen, die die Verteidigung durch Abtausch der angreifenden Figuren betrifft. Es ist eine allgemeine Erfahrung, dass Stellungen mit ungleichartigem Material häufig einen scharfen Charakter annehmen. Bekannt ist dafür besonders der Fall der ungleichfarbigen Läufer. Der Grund ist, dass sich bei ungleichartigem Material schwer die Gelegenheit zum Abtausch, also zur Materialvereinfachung, bietet. So können sich ungleichfarbige Läufer überhaupt nicht direkt angreifen. Dame gegen zwei Türme, das ist ebenfalls ungleichartiges Material.
Die folgende Stellung mit Schwarz am Zuge aus der Partie Charitonow – Tschiburdanidse lässt wegen der beschränkten Abtauschmöglichkeiten der Figuren einen scharfen Kampf erwarten.
A. Charitonow – M. Tschiburdanidse
UdSSR 1980
Schwarz am Zuge
Vergleichen wir nun die Aktivitäten der Könige im Mittelspiel und Endspiel. Bei vorhandenen Leichtfiguren kann wegen des großen Mattpotenzials keiner der beiden Könige ins Kampfgeschehen eingreifen und keine Partei kann sich eine offene Königsstellung erlauben. Im Endspiel ist es so, dass sich der König der Damenpartei häufig am Kampf beteiligen kann, der König der Turmpartei jedoch nicht. Wir können also festhalten, dass, wenn wir nur die Beteiligung der Könige am Kampfgeschehen betrachten, Stellungen mit Leichtfiguren gegenüber solchen ohne Leichtfiguren für die Damenpartei von Nachteil sind.
Im Endspiel kann ein isolierter Freibauer der Damenpartei häufig von den Türmen erobert werden. Ist das im Mittelspiel anders? Da wir annehmen, dass die Turmpartei über ebenso viele Leichtfiguren wie die Damenpartei verfügt, kann der Freibauer prinzipiell von ebenso vielen Leichtfiguren angegriffen wie verteidigt werden. Trotzdem wird die Eroberung eines isolierten Freibauern durch die Turmpartei meist nicht möglich sein, denn die Türme müssen den Bauern angreifen, und dazu ist häufig eine Umgruppierung der Türme notwendig. Dieses ist aber im Mittelspiel nicht so leicht zu bewerkstelligen wie im Endspiel, denn die gegnerischen Leichtfiguren nehmen den Türmen die Felder, die sie zur Umgruppierung benötigen. Wenn die Türme es schließlich geschafft haben, sich so zu postieren, dass sie beide den isolierten Bauern angreifen, kann dieser trotzdem nicht mit einem Turm geschlagen werden, sofern der Bauer von einer Leichtfigur gedeckt ist. Im letzten Fall muss noch unbedingt der Angriff des Bauern durch eine Leichtfigur hinzukommen. In der folgenden Stellung aus der Partie Tukmakow – Karpow ist der vorgerückte isolierte a-Bauer infolge der ungleichfarbigen Läufer prinzipiell nicht von der Turmpartei zu erobern. Man stelle sich die gleiche Position ohne Läufer vor.
W. Tukmakow – An. Karpow
Moskau 1973
Schwarz am Zuge
Wir können festhalten, dass ein Freibauer der Damenpartei bei Anwesenheit von Leichtfiguren nicht zur Schwäche tendiert, was beim Endspiel zumindest dann der Fall ist, wenn der Freibauer noch nicht weit vorgerückt ist.
Selbstverständlich ist in einer bestimmten Stellung nicht Leichtfigur gleich Leichtfigur. Die positionellen Unterschiede der beteiligten Leichtfiguren bei den beiden Parteien können von entscheidender Bedeutung sein. Die Beurteilungskriterien, nach denen die Wirkung einer Leichtfigur als gut angesehen wird, ändern sich für Stellungen mit dem Materialverhältnis Dame gegen zwei Türme gegenüber „normalen“ Stellungen nicht. Die Frage, ob die Dame besser mit einem Läufer oder einem Springer zusammenarbeitet, hängt in zu starkem Maße von der konkreten Stellung ab, als dass eine allgemeine Aussage gemacht werden kann. Bekannt ist jedoch, dass im Allgemeinen ein Turm besser mit einem Läufer zusammenarbeitet als mit einem Springer. Eine Ursache dafür ist, dass sich Turm und Läufer besser decken können als Turm und Springer. Das wird sofort einsichtig werden, wenn man die beiden folgenden Diagramme mit Weiß am Zuge miteinander vergleicht.
Mattstellungen mit Turm und Läufer kommen in der Praxis häufiger vor als mit Turm und Springer. Die Ursache dafür ist, dass der Springer im Gegensatz zum Läufer in unmittelbarer Nähe des gegnerischen Königs stehen muss, um ein Mattbild zu ermöglichen. Typische Mattbilder mit Turm und Läufer zeigen die folgenden beiden Diagramme:
Fassen wir die bis hierher gewonnenen Erkenntnisse zusammen:
Für die Damenpartei bringt die Anwesenheit von Leichtfiguren gegenüber Stellungen ohne Leichtfiguren folgende Vorteile:
– Die Türme werden unbeweglicher.
– Die Damenseite wird bezüglich des Mattangriffs begünstigt.
– Isolierte Freibauern der Damenseite sind nicht zu erobern.
Der Nachteil ist:
– Der König der Damenseite kann nicht ins Kampfgeschehen eingreifen.
Zu bemerken ist, dass die Damenseite zwar bezüglich eines von ihr vorgetragenen Mattangriffs oder ihrer isolierter Bauern begünstigt wird, dass aber in anderen Spielsituationen die Leichtfiguren für die Damenseite keinen Vorteil bieten, z. B. kann es für die Damenseite durchaus sinnvoll sein, sich gegen einen drohenden Königsangriff durch Leichtfigurentausch zu entlasten.
Die bisher aufgezeigten Unterschiede sind Einzelaspekte. Sie sagen nichts darüber aus, ob die Anwesenheit von Leichtfiguren die Damen- oder die Turmpartei begünstigt und, wenn eine Partei begünstigt wird, in welchem Maße das der Fall ist. Man kann aber vermuten, dass im Prinzip die Damenseite von der Beteiligung der Leichtfiguren profitiert. Wie wir noch sehen werden, ist das auch tatsächlich der Fall. Keine begründete Vermutung kann man an dieser Stelle darüber äußern, ob der Kräftezuwachs der Damenpartei genau einen oder weniger oder mehr als einen Bauern ausmacht. Das folgende Studium der Beispielpartien wird zu einer Beantwortung dieser Frage führen.
Beim Spiel Dame gegen zwei Türme gewinnt der Königsangriff durch die Anwesenheit von Leichtfiguren wegen des großen Mattpotenzials naturgemäß an Bedeutung gegenüber dem ohne Leichtfiguren. Dieses Kapitel nimmt diejenigen Partien auf, bei denen das Spiel auf Öffnung der gegnerischen Königsstellung oder der unmittelbare Mattangriff das entscheidende Thema ist, ohne dass die Bauernstrategie einen nennenswerten Einfluss hat.
Dieser Abschnitt enthält Partien, in denen die Turmpartei auf Königsangriff spielt. Beim Materialverhältnis Dame gegen zwei Türme verfügt die Turmpartei nur selten über Mehrbauern, daher besitzt sie meist keine Flügelmehrheiten. Deshalb trifft man auch nur selten auf Partien, in denen die Turmpartei das Voranbringen einer Bauernmehrheit oder einen Bauernsturm gegen den gegnerischen König als Motor eines Königsangriffs benutzt. Der Königsangriff der Turmpartei wird hauptsächlich von Figuren getragen, wobei Bauern allerdings durchaus unterstützend wirken können.
M. Euwe – A. Rubinstein
Mährisch-Ostrau 1923
1. Sf3 d5 2. d4 Sf6 3. e3 e6 4. Ld3 c5 5. b3 Sc6 6. 0-0 Ld6 7. Lb2 0-0 8. a3 b6 9. Se5 Lb7 10. Sd2 De7 11. f4 Tfd8 12. Tf3 Se4 13. Th3 f5 14. Lxe4 dxe4 15. Dh5 Lxe5 16. Dxh7+ Kf7 17. fxe5 Th8 18. Dxh8 Txh8 19. Txh8
Stellungsbeurteilung:
Der materielle Vorteil von Weiß ist groß: zwei Türme und ein Bauer für die Dame. Die Türme wirken allerdings nicht zusammen. Sie sind nicht verbunden. Der Läufer wird durch seine eigenen Bauern behindert. Der Springer auf d2 findet keine geeigneten Stützpunkte, Sd2–c4–d6 kann von Schwarz verhindert werden. Beide Könige stehen relativ sicher. Schwarz übt einen gewissen Druck auf das weiße Zentrum aus. Weiß muss immer mit f5–f4 oder mit c5xd4 nebst f5–f4 rechnen. Ohne konkrete Analyse ist die Stellung schwer einzuschätzen. Weiß hat Materialvorteil, Schwarz taktische Möglichkeiten.
19. ... La6
Verhindert die weiße Hauptdrohung Sd2–c4–d6+.
20. Sf1?
Ein Fehler. Schwarz steht allerdings sowohl nach 20. c4 Dg5! 21. Sf1 cxd4 22. exd4 f4 wie auch nach 20. c3 Dd7! 21. Td1 cxd4 22. exd4 Sxe5! deutlich besser (23. dxe5? Le2 mit Gewinn).
20. ... Dd7?
Übersieht eine schöne taktische Abwicklung, in Folge derer die Dame mit verheerender Wirkung ins gegnerische Lager hätte eindringen können: 20. ... cxd4 21. exd4 Sxe5! 22. dxe5 Dc5+ 23. Kh1 Dxc2 24. Ld4 Lxf1 25. Txf1 Dd3.
21. Td1
Weiß bietet dem Schwarzen einen Bauern an, um die d-Linie zu öffnen und die Wirksamkeit seines Läufers zu erhöhen. Weiß droht 22. c4 nebst 23. d5.
21. ... Sxe5?
Ein schwerer, spielentscheidender Fehler. Nach 21. ... cxd4 22. Lxd4 (oder 22. exd4 Lxf1 23. Kxf1 und nun Se7!, das ist besser als Sxe5 24. d5) 22. ... Lxf1 23. Kxf1 Sxe5 stünde Schwarz immer noch besser.
22. d5!
Ein starker, strategischer und taktischer Konter. Plötzlich spielen beide Türme wie auch der Läufer aktiv mit.
22. ... Sg4 23. dxe6+ Dxe6 24. Thd8
Die Türme, die bis vor kurzem noch nicht zusammenwirkten, stehen nun mit geballter Kraft auf der einzigen offenen Linie. Der weiße Läufer, dem wenige Züge zuvor auf der Diagonale a1-h8 zwei eigene Bauern im Wege standen, wirkt nun bis ins feindliche Lager hinein. Es droht 25. T1d7+. Weiß steht auf Gewinn.
24. ... Lb5 25. c4 Le8
Der schwarze Läufer wurde in eine passive Position gezwungen.
26. T1d5
Nach 26. h3! Se5 27. T8d6 De7 28. Sg3 g6 (28. ... Sd3 29. Sxf5 Dg5 30. Tf1 Sxb2 31. h4 Dg4 32. Tf4 De2 33. Sd4+ Ke7 34. Te6+ Kd7 35. Sxe2 Kxe6 36. Txe4+) 29. T1d5 Sd3 (29. ... Sd7 30. Sxf5 gxf5 31. Txf5+ Kg8 32. Th6) 30. Lf6 Db7 31. Lg5 gewinnt Weiß im unmittelbaren Mattangriff, es droht h3–h4–h5.
26. ... f4?
Schwarz sucht Gegenspiel, aber nur mittels 26. ... Lc6 27. T5d6 De7 28. h3 Sh6 nebst f4 hätte er auch welches gefunden.
27. h3 fxe3 28. Sg3 e2
28. ... Sf6 29. T5d6 De7 30. Sf5 e2 31. Kf2 gewinnt.
29. Sxe2 Se3 30. Tg5 g6 31. Sf4 De7
32. Txg6 Sf5
32. ... Dxd8 33. Tg7+ Kf8 34. Se6 matt.
33. Tf6+ Kg8 34. Txe8+ Dxe8 35. Txf5 e3 36. Tg5+ Kh7
Oder 36. ... Kf8 37. Sg6+ Kf7 38. Sh8+ Kf8 39. Lg7+ Kg8 40. Le5+ Kh7 41. Tg7+ Kh6 42. Sf7+ Kh5 43. Tg5+ Kh4 44. Lg3 matt.
37. Th5+
Schwarz gibt auf. Er verliert nach 37. ... Kg8 38. Th8+ die Dame.
Zusammenfassung:
Erstaunlicherweise stand Schwarz bereits in der Ausgangsstellung besser, da seine dynamischen und taktischen Möglichkeiten den Materialnachteil aufwogen. Die Partie ist deshalb ein schönes Beispiel für die Möglichkeiten der Damenpartei, wenn sie auf unkoordinierte gegnerische Figuren trifft.
Nach dem schweren schwarzen Fehler im 21. Zug nahm die Partie aber einen ganz anderen Verlauf. Die Türme bekamen eine Linie geöffnet, und konnten danach ihr gewaltiges Angriffspotenzial demonstrieren.
Als Resümee aus der Partie kann man festhalten: Vordringliches Ziel für die Turmpartei muss Linienöffnung sein.
R. Cholmow – R. Kimelfeld
UdSSR 1970
1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 d6 4. d4 exd4 5. Sxd4 Ld7 6. Sc3 g6 7. Le3 Lg7 8. Dd2 Sf6 9. Lxc6 bxc6 10. Lh6 Lxh6 11. Dxh6 Sg4 12. Dd2 Dh4 13. g3 Dh3 14. f4 0-0 15. 0-0-0 Sf6 16. e5 dxe5 17. fxe5 Sg4 18. Sf3 Lf5 19. The1
19. ... Tad8
Schwarz besitzt keine bessere Alternative, als den Tausch seiner Türme für die Dame anzubieten; denn Weiß drohte, seine Stellung durch 20. Se4 nebst 21. Seg5 und h3 zu verstärken.
20. Dxd8 Txd8 21. Txd8+ Kg7 22. Td2
Es drohte 22. ... Dg2.
Stellungsbeurteilung:
Die Dame steht abseits und lässt sich nur schwer wieder ins Spiel bringen. Auch sind die schwarzen Damenflügelbauern schwach. Weiß steht auf Gewinn. Zur Realisierung seines Vorteils könnte Weiß auf Eroberung der gegnerischen Damenflügelbauern spielen. Aussichtsreicher erscheint aber ein Königsangriff, insbesondere weil der Sprengungszug e5–e6 mit Öffnung der schwarzen Königsstellung auf Dauer nicht zu verhindern ist.
22. ... Dh6
Soll 23. ... Se3 ermöglichen.
23. h4
Jetzt bringt 23. ... Se3 nichts mehr wegen 24. Sg5.
23. ... Dh5
Die Dame räumt das Feld h6 für den Springer, um selber über g4 aktiv werden zu können.
24. b3 Sh6 25. Sg5 Dg4 26. Sce4
Führt eine weitere Leichtfigur zum Angriff gegen den gegnerischen König heran. Schwarz hingegen stehen keine weiteren Verteidigungsressourcen mehr zur Verfügung. Er kann bestenfalls noch seinen Randspringer besser stellen.
26. ... Lxe4
Auf 26. ... Sg8 folgt stark 27. Tf1! h6 28. Tf4 Dh5 29. g4 Dxh4 30. Sf3 mit Eroberung des Läufers.
27. Txe4
Opfert den Bauern g3 in der Gewissheit, dass der Königsangriff, eingeleitet durch e5–e6, unwiderstehlich wird.
27. ... Dxg3
28. e6! Sg4
Auch nach 28. ... fxe6 29. Txe6 Df4 30. Te4 gewinnt Weiß im Königsangriff.
29. exf7 Se5 30. Td8
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Begünstigt durch die passive Damenstellung auf der h-Linie konnte der für die Öffnung der gegnerischen Königsstellung entscheidende Bauerndurchbruch e5–e6 langsam vorbereitet werden.
Die Partie gibt Anlass, die Bedeutung der Leichtfiguren der Damenpartei für den Königsangriff und für die Verteidigung gegen einen Königsangriff zu untersuchen. Klar ist dabei, dass die Damenpartei meist nur dann Aussicht auf einen Königsangriff hat, wenn sie zumindest eine Leichtfigur besitzt, denn die Dame allein kann nicht mattsetzen. Im Angriffssinne ist es daher günstig für die Damenseite, Leichtfiguren zu besitzen. Anders verhält es sich im Verteidigungsfalle. Hier sind Leichtfiguren für die Damenpartei weder von besonderem Vorteil noch von Nachteil. Zu letzter Aussage ist die vorliegende Partie ein Beispiel. Die verteidigenden Figuren der Damenseite standen zu ungünstig, um dem Angriff standhalten zu können. Hinzu kam noch, dass der Weiße durch Sc3–e4 eine weitere Figur am Angriff beteiligen konnte, sodass sich das Verhältnis von Angreifern zu Verteidigern zuungunsten des Verteidigers veränderte. Daraus können wir aber auch den Schluss ziehen, dass es für die Erfolgsaussichten der Turmpartei bedeutsam ist, dass alle ihre Figuren am Angriff teilnehmen.
W. Tukmakow – An. Karpow
Moskau 1973
1. e4 c5 2. Sf3 e6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 a6 5. Ld3 Sf6 6. 0-0 Dc7 7. Sd2 Sc6 8. Sxc6 bxc6 9. f4 d5 10. b3 Le7 11. Lb2 a5 12. c4 0-0 13. Dc2 h6 14. Kh1 Db6 15. Tae1 Sg4 16. exd5 cxd5 17. cxd5 Sf2+ 18. Txf2 Dxf2 19. Te2 Dxf4 20. Te4 Dd6 21. Sc4 Dxd5 22. Tg4 e5 23. Tg3 Ta6 24. Sxe5 Lf6 25. Lc4 Dd6 26. Sxf7 Txf7 27. Lxf6 Le6 28. Td3 Dc7 29. Td8+ Dxd8 30. Lxd8 Lxc4 31. h3 Lf1 32. De4
Stellungsbeurteilung:
Das Merkmal dieser Stellung sind die ungleichfarbigen Läufer. Durch sie besitzt die Turmpartei Chancen auf Königsangriff, insbesondere gegen den Punkt g2. Weiß hingegen besitzt keine gleichwertigen Angriffschancen gegen die schwarze Königsstellung, weil die schwarzen Felder (etwa g7) durch die Türme leicht verteidigt werden können. Weiß muss deshalb auf seine Majorität am Damenflügel bauen. Die Chancen liegen allein aufseiten der Turmpartei.
32. ... a4
Der Turm auf a6 will zum Königsflügel schwenken, deshalb opfert Schwarz seinen a-Bauern, um keine verbundenen Freibauern zuzulassen.
33. bxa4
Ein Fehler wäre natürlich 33. b4 wegen 33. ... Td6 nebst 34. ... Td2.
33. ... Td6 34. La5 Tdf6?
Nach 34. ... Tf2 wären unangenehme Drohungen gegen g2 entstanden, z. B. 35. Kg1 Tdf6 36. Lc3 Tf7 37. De8+ Kh7 38. De4+ Kh8 39. De8+ Tf8.
Mit dem folgenden Zug verhindert Weiß Tf2.
35. Le1 La6
Der Läufer wird auf die lange Diagonale a8-h1 überführt. Außerdem räumt der Läufer das Feld f1, über das jetzt bei Bedarf ein Turm in das feindliche Lager eindringen kann.
36. Kh2 Lb7 37. Dc4 Tc6 38. Db3
Weiß lässt den Angriff auf g2 durch 38. ... Tg6 zu, obwohl 38. Dd3 dies verhindert hätte.
38. ... Tg6 39. Lg3
Der einzige Zug, der die Stellung im Gleichgewicht hält. Schlecht wäre 39. g4? Tgf6 mit der Drohung Tf1.
39. ... Tg5 40. Dc4 Ld5 41. Dc8+ Tf8 42. Dc2 h5
Der Gewinnversuch mittels des Manövers Tf8–f6–g6 führt nicht zum Erfolg: 42. ... Tf6 43. h4 (43. Lh4? Tc6 nebst Txg2) und nun scheitert 43. ... Tg4? (um Tf6–g6 zu spielen) an 44. Dc8+ nebst Dxg4.
43. a5
Remis. Das sich nach 43. ... h4 44. Lxh4 Txg2 45. Dxg2 Lxg2 46. Kxg2 ergebende Endspiel Läufer gegen Turm ist remis.
Zusammenfassung:
Ungleichfarbige Läufer ermöglichen in Mittelspielstellungen häufig einen Königsangriff. Auch in der Partie hier war dies das zentrale Thema. Nur die Turmpartei besaß Angriffschancen, und entsprechend den Anmerkungen zum 34. Zug hätte die Turmpartei in Vorteil kommen können. Schwarz verpasste diese Möglichkeit, wonach die Damenpartei problemlos remis hielt. Auch für das Materialverhältnis von Dame gegen zwei Türme gilt der allgemeine Mittelspielgrundsatz, dass ungleichfarbige Läufer den Angreifer bevorteilen.
Oft kommt es zum Königsangriff der Turmpartei, wenn beidseitig weder Bauernschwächen noch Bauernmehrheiten vorhanden sind. Diese Merkmale treten insbesondere bei Bauerngleichheit auf. Unter den genannten Bedingungen besitzt die Turmpartei häufig keinen anderen Plan als den Königsangriff. Falls noch nicht vorhanden, muss die Turmpartei unbedingt Linienöffnungen anstreben. Darüber hinaus kommt es in entscheidendem Maße auf das Zusammenwirken aller Figuren an. Ist das sichergestellt und kann die Königsstellung der Damenpartei geöffnet werden, dann stellt die verteidigende Dame gegen die angreifenden Türme häufig kein ausreichendes Äquivalent dar, sodass die Turmpartei im Königsangriff gewinnt.
In der Partie Euwe – Rubinstein sah man sehr schön, wie durch ein Bauernopfer eine Linie geöffnet werden konnte, auf der sich die Türme verbanden, um dann einen Angriff gegen den König zu entwickeln, an dem alle Figuren teilnahmen.
In der Partie Cholmow – Kimelfeld gewann die Turmpartei ebenfalls durch einen Königsangriff, an dem sich alle Figuren beteiligten. Er wurde außerdem noch durch eine passive Damen- und Springerstellung der verteidigenden Seite begünstigt.
Das herausstechende Merkmal in Tukmakow – Karpow waren die ungleichfarbigen Läufer. Diese bevorteilen im Allgemeinen den Angreifer, hier in der Partie die Turmpartei.
Bei vorhandenen Leichtfiguren gewinnt der Mattangriff der Damenpartei gegenüber dem ohne Leichtfiguren drastisch an Bedeutung, weil die Dame zusammen mit einer Leichtfigur Mattdrohungen schaffen kann, während dies ohne Leichtfiguren nur schwer möglich ist.
In diesem Abschnitt betrachten wir Partien, in denen die Figuren die tragende Rolle beim Mattangriff der Damenpartei übernehmen. Mattangriffe der Damenpartei, in denen die treibende Kraft des Angriffs ein Bauernvormarsch ist, treten insbesondere in Stellungen auf, in denen die Damenseite über eine Bauernmehrheit gegen die gegnerische Königsstellung verfügt. Stellungen der letztgenannten Art werden im Abschnitt 2.3.1 behandelt, weil sie in erster Linie der Strategie „Vorrücken einer Mehrheit“ unterliegen.
M. Euwe – A. Aljechin
Zandvoort 1935, Weltmeisterschaft, 4. Partie
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. Db3 dxc4 5. Dxc4 Lg7 6. Lf4 c6 7. Td1 Da5 8. Ld2 b5 9. Db3 b4 10. Sa4 Sa6 11. e3 Le6 12. Dc2 0-0 13. b3 Tab8 14. Ld3 Tfc8 15. Se2 c5 16. Lxa6 Dxa6 17. Sxc5 Db5 18. Sf4 Lg4 19. f3 e5 20. Sfd3 exd4 21. fxg4 dxe3 22. Lxe3 Sxg4 23. Lf4 Lc3+ 24. Td2 Txc5 25. Sxc5
25. ... Dxc5
Aljechins Kommentar: „Der technische Gewinnweg, schneller entscheidet 25. ... Te8+ 26. Se4 (26. Kd1 Lxd2) 26. ... f5 27. Kd1 Txe4 28. Td8+ Kg7 und Weiß steht aussichtslos.“
26. Lxb8 De7+ 27. Kd1 Se3+ 28. Kc1 Sxc2 29. Txc2
Stellungsbeurteilung:
Bei der gegebenen Bauernstruktur und Position der Könige sowie der Existenz schwarzfeldriger Läufer beiderseits ist die Diagonale a1-h8, als Angriffsdiagonale gegen den jeweiligen König, entscheidend. Konkret besitzt Schwarz mehrere Vorteile:
1. Der weiße König steht offen und ist dem Angriff sowohl der Dame als auch des Läufers (verstärkt durch den Bauern b4) ausgesetzt.
2. Der schwarze Läufer steht ungleich besser als der weiße: Er hat bereits die lange Diagonale besetzt; der weiße Läufer dagegen verfügt über die nur unwichtige Diagonale b8-h2.
3. Die Türme haben es schwer, sich zu formieren, wegen der schwarzen Raumbeherrschung und weil sie ihren König beschützen müssen.
Schwarz steht auf Gewinn.
Der Plan von Schwarz ist, unter Einsatz der Bauern am Damenflügel unmittelbar einen Königsangriff zu führen.
29. ... h5
Vorbereitung für den folgenden Läuferzug.
30. Td1 Lg7
Bereitet das charakteristische Voranstellen der Dame auf der Angriffsdiagonalen vor, außerdem kann der Läufer von g7 aus auch auf die Diagonale c1-h6 wechseln.
31. h3
Ob die Aufstellung der Königsflügelbauern auf weißen Feldern gut ist, ist nicht klar. 31. g3 schafft dem Weißen ein Stützfeld auf f4 für seinen Läufer, eventuell in Verbindung mit h2–h4. Schwarz kann dem begegnen durch 31. ... g5.
Weiß konnte versuchen, sofort mit dem Läufer über d6–c5–d4 um die Diagonale a1-h8 zu kämpfen, etwa 31. Ld6 Dg5+ 32. Tcd2 (32. Tdd2 Df6 und die vielen Drohungen Da1, Df1 und Lh6 sind zu mächtig. Nach 32. Kb1 Df6 33. Kc1 Da1+ 34. Kd2 Dd4+ 35. Kc1 Lh6+ verliert Weiß eine Figur.) 32. ... Lc3 33. Kc2 Lxd2 34. Txd2 a5 und Schwarz gewinnt durch das Vorrücken seiner Königsflügelbauern.
31. ... a5 32. Lf4 De4
Die naheliegende Fortsetzung, die Dame auf die Angriffsdiagonale zu bringen, führt nicht zu einer Verbesserung der schwarzen Stellung, z. B. 32. ... Df6 33. Le3 Da1+ 34. Kd2 De5 35. Te1.
Hier haben wir ein Beispiel für einen Läufer (f4), der unbeschränkt freien Raum zur Verfügung hat – in diesem Sinne also ein „guter“ Läufer ist – und dennoch hilflos ist. So kann er sich nicht auf der Diagonalen c1-h6 behaupten: 33. g3 h4; 33. Lg5 De5 34. h4 f6; auf 33. Ld2 gewinnt Schwarz Material wegen der beengten schwarzen Figurenstellung: 33. Ld2 De5 34. Le1 Da1+ 35. Kd2 Dd4+ 36. Ke2 (36. Kc1 Lh6+ 37. Tcd2 Da1+ 38. Kc2 Dxa2+ usw.) 36. ... De4+. Auf der anderen Diagonalen kann sich der weiße Läufer zum Beispiel auf d6 stellen, dies scheitert an 33. Ld6 De3+ 34. Kb1 a4 35. Lc5 (oder bxa4 ähnlich wie in der Partie) 35. ... De6 36. Tc4 De2 37. Td8+ Kh7 38. Ld4 (38. Tc2 Df1+ 39. Tc1 Dxg2) 38. ... Dd3+ und der Königsangriff gewinnt sofort.
33. Lc7 De3+ 34. Kb1 a4 35. bxa4 b3 36. axb3 Dxb3+ 37. Kc1 Lh6+ 38. Tdd2
Solange die Fesselung des Turms d2 besteht, kann Schwarz jederzeit in ein Endspiel Dame gegen Turm und Läufer abwickeln, das aufgrund der Bauern für Schwarz gewonnen ist. Dennoch wäre nach sofortigem Schlagen auf d2 der Gewinn nicht trivial, sodass Schwarz es vorzieht, die bestehende ungünstige weiße Königsstellung zu weiterem Vorteil auszunutzen.
38. ... Dxa4
Zugleich Mattdrohung.
39. Le5
Es ist witzig: Der weiße Läufer besetzt zum ersten Mal die Angriffsdiagonale, und Weiß droht auch sofort einen Königsangriff mittels 40. Tc8+; angesichts der bereits verlorenen Position ist das natürlich nur noch Strohfeuer.
Mit der Entfesselung des Turms durch 39. Kd1 würde Weiß den Übergang zum Endspiel Dame gegen Turm und Läufer forcieren mit der möglichen Folge: 39. ... Lxd2 40. Kxd2 De4 41. Kc1 De1+ 42. Kb2. Dies ist die zäheste Verteidigung. Schwarz gewinnt, indem er seine Bauern in Bewegung setzt. Zugute kommt ihm, dass der weiße König offen steht und vom Kampfschauplatz, dem Königsflügel, weit entfernt steht.
39. ... Kh7 40. Lc3
40. Kd1 Lxd2 41. Kxd2 De4 mit Doppelangriff auf den Läufer und den Bauern g2.
40. ... Db5
Verhindert die Entfesselung des Turms durch Kc1–d1 und droht 41. ... De2.
41. Ld4 De2 42. g4
42. Lc3 hätte den drohenden Figurenverlust vermieden, andererseits 42. ... Dxg2 zugelassen.
42. ... De1+ 43. Kb2 Lxd2 44. Tc8 Lc1+
mit Übergang in das Endspiel Dame gegen Turm mit Bauern beiderseits, das leicht gewonnen ist. Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Damenpartei gewann im Königsangriff mit Dame, Läufer und Bauern unter Nutzung der Angriffsdiagonalen (a1-h8). Wegen des bereits erreichten Übergewichts konnte es der Turmpartei nicht gelingen, sich auf der Diagonalen entgegenzustellen oder gar die Türme zu einem Gegenangriff zu formieren. Entscheidend war, neben der offenen Königsstellung der Turmpartei, der Unterschied der beiden Läufer: Der Läufer der Turmpartei stand passiv (und dies, obwohl er nicht durch Bauern behindert war), die Damenpartei hatte so auf dem entscheidenden Brettabschnitt (Königsstellung) praktisch eine Figur mehr im Spiel.
S. Djuric – L. Vogt
Tallinn 1981
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. f3 0-0 6. Lg5 h6 7. Le3 e5 8. Sge2 c6 9. Dd2 Sbd7 10. 0-0-0 h5 11. Kb1 a6 12. h3 b5 13. c5 b4 14. Sa4 Da5 15. dxe5 Sxe5 16. Sb6 Le6 17. Sc1 Tad8
18. Sb3?
Ein Fehler, wahrscheinlich der Verlustzug. Nach dem Partiezug wird die Stellung kompliziert. Weiß hätte mit 18. Dc2 dxc5 19. Txd8 Txd8 20. Dxc5 Dxc5 21. Lxc5 bei gleichem Spiel in ein ruhiges Fahrwasser einlenken können.
18. ... Lxb3 19. axb3 dxc5 20. Dxd8 Txd8 21. Txd8+ Kh7 22. Tb8
Stellungsbeurteilung:
Nach 18. Sb3 konnte Schwarz diese Stellung zwangsläufig herbeiführen. Weiß musste deshalb diese Stellung schon im 18. Zug abgeschätzt haben, sicherlich ein schwieriges Unterfangen, wenn man bedenkt, dass ein Abschätzen in jetziger Situation noch schwer genug ist. Die richtige Beurteilung dieser Stellung kann sicherlich nur eine ausführliche Analyse liefern. In Anbetracht der Kenntnis der Partiefortsetzung und der zugehörigen Analysen kann man zu dem Schluss kommen, dass die Stellung sehr wahrscheinlich für Schwarz gewonnen ist. Zu diesem Zeitpunkt, ohne Kenntnis der Analysen, können wir zwar keine fundierte Stellungsbeurteilung abgeben, aber wir können Stellungsmerkmale auflisten, die zumindest einen Einblick in die Stellung geben.
Keine Partei verfügt über einen großen Materialvorteil. Weiß hat seine Entwicklung nicht abgeschlossen, insbesondere beteiligt sich der Turm auf h1 nicht am Kampfgeschehen. Da Schwarz am Zuge ist, wird der weiße Entwicklungsrückstand eventuell noch bedeutungsvoller. Schwarz ist vollkommen entwickelt.
Aufgrund der bisher genannten Stellungsmerkmale ist die schwarze Stellung vorzuziehen. Zur weiteren Stellungsbeurteilung müssen jedoch noch weitere wesentliche Fragen beantwortet werden. Steht die schwarze Dame abseits oder steht sie für einen Angriff auf den weißen König gut? Kann Schwarz seine Bauernmehrheit am Damenflügel voranbringen und so den weißen König bedrohen? Kann Weiß auf c4 wirkungsvoll eine Figur postieren oder nicht? Kann Weiß seine Bauernmehrheit auf dem Königsflügel voranbringen, insbesondere seinen f- und e-Bauern? Die Beantwortung dieser Fragen ergibt sich aus der Partiefortsetzung und den zugehörigen Analysen.
22. ... Sfd7 23. Sxd7 Sxd7 24. Ta8?
Nach diesem Zug ist die Stellung für Weiß klar verloren. 24. Tb7 hätte kommen müssen, mit der möglichen Folge 24. ... Se5 25. f4 c4 26. bxc4 b3 27. Txb3 De1+ 28. Ka2 Sxc4 29. Lxc4 Dxh1 30. Lxf7 Dxg2 31. f5 gxf5 32. exf5 Le5 und Schwarz hat aufgrund seines materiellen Vorteils gute Gewinnchancen.
24. ... c4 25. Lxc4 De5
Unter Bauernopfer (c5–c4) ist es Schwarz gelungen, ein perfektes Zusammenspiel seiner Dame und seines Läufers zu erreichen. Weiß muss das Feld b2 decken, was nur durch Le3–c1 möglich ist. Dadurch wird der Läufer gezwungen, die passive Aufgabe der Deckung zu übernehmen.
26. Lc1 Sb6 27. Txa6 Sxc4 28. bxc4 Dd4
Verhindert die Aktivierung des weißen Turmes h1 durch Th1–d1. Taktisch findet der Partiezug seine Rechtfertigung in der Variante 29. Txc6? Da7 mit der Drohung 30. ... b3 mit leichtem Gewinn.
29. Ta8 b3 30. Ta4 h4
Stellungsbeurteilung:
Die schwarzen Steine wirken harmonisch zusammen: Dame, Läufer und der Bauer b3 bedrohen den weißen König.
Die weißen Figuren entfalten kein Zusammenspiel: Der Läufer und der Turm auf a4 müssen Deckungsaufgaben übernehmen, der Turm auf h1 steht passiv.
Wir können die Stellung auch durch direkten Vergleich der weißen mit den schwarzen Figuren beurteilen. Es ist klar, dass der schwarze Läufer besser ist als der weiße. Ebenso klar ist, dass die zentral stehende Dame eine größere Aktivität entfaltet als die zur Passivität verurteilten weißen Türme, die zudem noch nicht einmal zusammenwirken oder verbunden sind.
Dass Weiß materiell besser steht, ist bedeutungslos; denn was nützt dieser Vorteil, wenn so starke Figuren wie die Türme ein Schattendasein führen.
Weiß hat keine guten Züge. Auf 31. Tb4 folgt 31. ... Dd3+ 32. Ka1 c5 33. Ta4 De2, auf 31. Te1 folgt 31. ... Df2. In beiden Fällen gewinnt Schwarz durch Eroberung der weißen Königsflügelbauern.
31. Ta3
Weiß entscheidet sich, anstelle seiner Königsflügelbauern seinen Bauern auf c4 zu geben.
31. ... Dxc4 32. Te1 Ld4 33. e5 Dc2+ 34. Ka1
34. ... Lc3
Im Hinblick darauf, dass die Stärke der schwarzen Steine auf der Bedrohung des weißen Königs beruht, wäre eine Verstärkung des Königsangriffs durch Vorrücken des c-Bauern folgerichtig, das wäre der schnellste Gewinnweg: 34. ... c5 35. e6 c4 36. Ta4 (36. exf7 c3) 36. ... fxe6 37. Tb4 Lg7 nebst c4–c3.
35. Tg1
35. bxc3 Dxc3+ 36. Kb1 Dxe1 37. Txb3 Dxe5 hätte den schwarzen Gewinn verzögert.
35. ... Lxe5 36. Ta4 Kg7 37. Te1 Lf6 38. Tae4 c5 39. f4 c4 40. T4e2 Df5 41. Ld2 Dd7 42. Lc3
Weiß gibt auf. Nach 42. ... Da4+ 43. Kb1 Da2+ 44. Kc1 Lxc3 45. bxc3 Da1+ 46. Kd2 Db2+ erobert Schwarz den Bauern c3 und gewinnt anschließend durch Vormarsch seines verbundenen Freibauernpaares.
Zusammenfassung:
Deutlich war der Unterschied zwischen aktiven und passiven Figuren. Insbesondere verlor die Turmpartei, weil so mächtige Figuren wie die Türme zur Passivität verurteilt waren. Sie stellten wegen ihrer geringen Wirksamkeit kein Äquivalent zur Dame dar.
B. Werlinski – A. Rubinstein
Moskau 1925
1. Sf3 d5 2. c4 d4 3. b4 c5 4. Lb2 g6 5. e3 Lg7 6. d3 Sh6 7. Sbd2 0-0 8. exd4 cxd4 9. g3 e5 10. Lg2 a5 11. b5 a4 12. La3 Te8 13. 0-0 f5 14. Se1 Sd7 15. Tc1 Sf7 16. Sc2 Lf8 17. Lxf8 Kxf8 18. Sb4 Sc5 19. Te1 Dd6 20. Tb1 Ld7 21. Ld5 Tad8 22. a3 Lc8 23. Tb2 Te7 24. Sf3 Sh6 25. Tbe2 Tde8 26. Dd2 Kg7 27. Db2 Sg4 28. Db1 Sf6 29. Kg2 h6 30. Dd1 g5 31. h3 Sh7 32. Kh2 h5 33. h4 g4 34. Sd2 Sf6 35. Db1 e4 36. Da1 e3 37. Sf1 Sb3 38. Db2 f4 39. gxf4 Dxf4+ 40. Kg2 Kg6 41. fxe3 dxe3 42. d4 Sxd4 43. Sd3 Sxd5 44. Sxf4+ Sxf4+ 45. Kh1 Sdxe2 46. Txe2 Sxe2 47. Dxe2 Lf5
Stellungsbeurteilung:
Schwarz steht auf Gewinn. Er hat eine große materielle Überlegenheit und einen weit vorgerückten Freibauern auf e3. Der schwarze König steht relativ ungeschützt. Das wird Weiß jedoch nicht ausnutzen können, da seine Dame durch den starken Bauern auf e3 nicht zu einem Angriff gegen den schwarzen König kommt. Die mächtige Dame ist zu einem Blockadestein degradiert.
48. Sg3 Td8 49. Df1 Le4+ 50. Kg1
50. ... Tf7?
Ein Zeitnotfehler, der den Sieg verschenkt. Gewonnen hätte 50. ... Td2 51. Sxe4 (51. Df4 Tg2+ 52. Kf1 Tf2+) 51. ... Txe4 52. Df8 e2.
51. Dc1 Tfd7
51. ... Tf3 52. Sxe4 e2 53. Dg5+ Kf7 54. Dxh5+ Kf8 55. Dh8+ Ke7 56. De5+ Kf8 57. Dh8+, Dauerschach.
52. Dxe3 Td1+ 53. Sf1 Lf3?
Dieser natürlich aussehende Zug ist ein Fehler. Er sieht deswegen natürlich aus, weil der Läufer gut gedeckt ist und im Zusammenspiel mit den Türmen den weißen König bedroht. Man hat den Eindruck, dass Weiß bestenfalls ein Remis durch ein Dauerschach der Dame erreichen kann. Dem ist jedoch nicht so, Weiß kann auf Gewinn spielen.
Der Läufer auf f3 steht zwar gut in Bezug auf einen Angriff gegen den feindlichen König, er leistet aber nichts in Bezug auf die Verteidigung seines eigenen Königs. Besser wäre 53. ... Te8 oder T8d4 gewesen, z. B. 53. ... Te8 (droht 54. ... Txf1+ 55. Kxf1 Lg2+).
(a) 54. Dg5+ Kf7 55. Kf2 (55. Dxh5+? Lg6 nebst 56. ... Tee1 und Schwarz gewinnt) 55. ... Lg6 56. Sg3 Td3 57. c5 (57. Sxh5? Tf3+ 58. Kg2 Tf5 59. Dxg4 Txh5) mit ausgeglichener Stellung.
(b) 54. De2 Td3 55. Df2 Txa3 (55. ... Td1 56. De2, Zugwiederholung) 56. Sg3 Tf3 57. Db6+ mit ausgeglichenen Chancen.
54. Kf2
Entfesselt den Springer. Weiß spielt nicht auf Bauernraub durch 54. Dg5+ nebst Dxh5, sondern auf sofortige Figurenaktivierung. Der „Bauernraub“ ist aber besser: 54. Dg5+ Kf7 55. Dxh5+ Ke7 56. Dc5+ nebst 57. Kf2. Weiß hat die Dame und einen Bauern für die zwei Türme. Dieses Materialverhältnis gewinnt in der Regel dann für die Damenpartei, wenn noch weitere Leichtfiguren auf dem Brett sind. Das ist hier der Fall, Weiß steht deutlich besser.
54. ... T8d3?
Der Verlustzug. Besser ist 54. ... Kf7 oder Kf6. Schwarz muss sehr genau spielen, um nicht zu verlieren, z. B. 54. ... Kf7 55. Dc5 g3+ 56. Kxf3 (56. Sxg3 T8d3 57. Sxh5 T1d2+ 58. Kf1 Td1+, Dauerschach) 56. ... Txf1+ 57. Kxg3 Td3+ 58. Kg2 Tfd1 und die Türme können den weißen König derart bedrohen, dass Weiß die Stellung nicht gewinnen kann.
55. De6+ Kg7 56. Se3
Der Springer wird herangeführt. Der Angriff von Dame und Springer gegen den schutzlosen schwarzen König ist entscheidend. Interessanterweise steht auch der weiße König offen. Es ist jedoch meist so, dass bei beiderseits offen stehenden Königen die Damenpartei im Vorteil ist.
56. ... T1d2+ 57. Kg3 Kf8 58. Kf4 Td4+ 59. Kg5 Td6 60. De5 Kf7 61. Sf5 Tg6+ 62. Kf4 Te2 63. Dc7+ Kf8
63. ... Kf6 64. Dd6+ Kf7 65. Dd7+ und nun 65. ... Kf8 66. Sd6 ähnlich der Partiefortsetzung oder 65. ... Kf6 66. Sg3 mit Gewinn.
64. Sd6 Tee6
64. ... Te7 (Tg7) 65. Dd8+ oder 64. ... Tf6+ 65. Kg5 Tee6 66. Dd8+ Kg7 67. Se8+, in beiden Fällen mit leichtem weißen Gewinn.
65. Df7 matt
Zusammenfassung:
Nach Verlust des Bauern auf e3 ist die Partie ein Beispiel dafür, dass bei beiderseits offen stehenden Königen die Damenpartei Vorteile hat, vorausgesetzt, dass der König der Damenpartei nicht am Brettrand steht und sich gegen direkte Mattdrohungen wehren muss.
D. Bronstein – A. Kotow
Budapest 1950
1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sc3 c6 4. e4 dxe4 5. Sxe4 Lb4+ 6. Ld2 Dxd4 7. Lxb4 Dxe4+ 8. Le2 Sa6 9. Lc3 Se7 10. Lxg7 Tg8 11. Lc3 Dxg2 12. Dd2 Dxh1 13. 0-0-0 Sd5 14. Sf3 Dxd1+ 15. Lxd1 Sxc3 16. Dxc3
Stellungsbeurteilung:
Das auffallendste Merkmal ist der Entwicklungsrückstand von Schwarz, sein in der Mitte gebliebener König ist anfällig. Deshalb nützt Schwarz das materielle Übergewicht von zwei Türmen und Mehrbauer gegen die Dame wenig. Weiß hat klaren Vorteil.
Der Plan für Weiß ist das Ausnutzen der Situation durch sofortigen Königsangriff, der sich an dem Punkt f7 orientiert. Schwarz muss unbedingt seine Figuren, insbesondere den Damenturm, ins Spiel bringen.
Aktuell droht 17. Df6 mit unabwendbarem Angriff auf f7.
16. ... Ke7?
Schwarz hätte das Bauernopfer 16. ... e5 17. Dxe5+ Le6 bringen müssen. Danach wäre die Verteidigung schwierig, aber nicht hoffnungslos:
(a) Nach 18. Sg5 0-0-0 hat Weiß einen minimalen Vorteil. Er darf nun jedoch nicht 19. Sxe6 fxe6 20. Dxe6+ Kb8 spielen, worauf sich sein Vorteil verflüchtigt hat, sein Läufer steht schlecht.
(b) 18. Df6 verhindert die lange Rochade. Nach der besten Erwiderung 18. ... Td8 19. Le2 steht Weiß besser.
Zum Verlust führt 18. ... Lxc4 19. Se5 Ld5 20. Lh5 Tf8 (20. ... Tg1+ 21. Kc2 Sb4+ 22. Kd2 Td8 23. Ke2) 21. Lg4 Td8 (21. ... Tg8 22. Dd6) 22. Sxc6 bxc6 23. De5+ Le6 24. Lxe6 Tg8 25. Lc8+ Kf8 26. Lxa6.
(c) 18. Lc2, Weiß möchte den anfälligen schwarzen h-Bauern erobern, z. B. 18. ... 0-0-0 19. b3 Tg2 20. De3 Kb8 21. Lxh7 mit deutlichem weißen Vorteil.
17. Se5 Ld7
Der Springer ist nicht vertreibbar: 17. ... f6 18. Dh3 fxe5 19. Dxh7+ Kf8 20. Lh5 mit Materialgewinn.
18. Da3+ c5 19. Df3
Weiß spielte nicht sofort 18. Df3, denn durch das zwischengeschaltete Schach droht die Dame nun auf beiden Flügeln, auf b7 und f7.
19. ... Tad8 20. Dxf7+ Kd6
21. Df4
Knüpft ein Mattnetz, einfacher ist 21. Sxd7.
21. ... Tdf8 22. Sf7+ Ke7 23. Lh5 Lc6 24. Dd6+ Kf6 25. Sh6 Tg1+ 26. Kd2 Kg7 27. Sg4
Droht kurzzügig Matt und deckt zugleich f2.
27. ... Txg4 28. De7+ Kh6 29. Lxg4 Txf2+ 30. Ke3 Tf1 31. h4 Kg6 32. Lh5+
Schwarz gibt auf. Weiß kann im nächsten Zug mattsetzen.
Zusammenfassung:
Aufgrund des schwarzen Entwicklungsrückstands gewann der Königsangriff von Dame und zwei Leichtfiguren. Der materielle Vorteil der Turmpartei spielte keine Rolle. Die Partie zeigt, wie schwach die Türme gegenüber der Dame sein können, wenn sie nicht ins Spiel kommen. Der schwarze Springer hat von seiner Grundstellung von b8 aus ein einziges Mal gezogen, nämlich auf das schlechte Feld (weil Randfeld) a6. Schwarz konnte die schlechte Springerstellung bis zum Ende der Partie nicht verbessern. Das ist ein Beleg dafür, wie konsequent die Damenpartei den schwarzen Entwicklungsrückstand ausgenutzt hat.
D. Janowski – Em. Lasker
6. Partie des Wettkampfes 1909
1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Sc3 Sf6 4. Lb5 d6 5. d4 Ld7 6. 0-0 Le7 7. Te1 exd4 8. Sxd4 0-0 9. Sde2 Se5 10. Sg3 Lxb5 11. Sxb5 Te8 12. b3 Lf8 13. Lb2 g6 14. f4 Sed7 15. Df3 a6 16. Sd4 Lg7 17. Tad1 De7 18. Sdf5 gxf5 19. Sxf5 De6 20. Sxg7 Kxg7 21. e5 Kf8 22. exf6 Dxe1+ 23. Txe1 Txe1+ 24. Kf2 Tae8
Stellungsbeurteilung:
Das hervorstechende Merkmal ist der vorgeschobene weiße Bauer f6, durch den die Dame unmittelbar Mattangriff hat. Ansonsten ist die Stellung ausgeglichen: Weiß hat eine Bauernmajorität am Königsflügel, Schwarz eine Majorität am Damenflügel. Die Türme stehen aktiv gegen den nicht gut geschützten weißen König; der Bewegungsspielraum der Türme auf der e-Linie ist allerdings eingeschränkt, weil Schwarz den Abtausch der Schwerfiguren nicht zulassen darf – das Endspiel wäre für Weiß, der einen Mehrbauern hat, gewonnen.
Weiß kann sofort seine Angriffsmöglichkeiten am Königsflügel nutzen. Schwarz muss versuchen, die weiße Angriffsstütze f6 zu beseitigen.
Konsequent wäre nun die Fortsetzung des Angriffs durch 25. Dh5. Wegen der Mattdrohung 26. Dh6+ nebst Dg7 muss der Turm e8 ziehen. Die beiden Türme haben auf der e-Linie zu wenig Raum, wie die folgenden Varianten zeigen:
(a) 25. ... T8e3 26. Lc3 und Weiß gewinnt, indem er durch Abtausch der Schwerfiguren in ein gewonnenes Endspiel überleitet.
(b) 25. ... T8e6 26. f5 T6e4 27. Lc3 T1e3 28. Dh6+ nebst Dxe3 mit gewonnenem Endspiel.
(c) Am zähesten ist 25. ... T8e4 26. Lc3 T1e3 (26. ... Tc1 27. Kf3 Te6 28. Dxh7 Sxf6 29. Lxf6 Txf6 30. g3 mit für Weiß gewonnenem Endspiel. Weiß hat einen Mehrbauern und eine mächtige Bauernmehrheit am Königsflügel, darunter einen Freibauern.) 27. Dxh7 Ke8 (27. ... Te2+ 28. Kf1 Ke8 29. Dg8+ Sf8 30. Dg4 Se6 31. Dxe2 Txe2 32. Kxe2 Sxf4+ 33. Kf3 Sd5 34. Lb2, das Endspiel ist für Weiß gewonnen) 28. Dh8+ Sf8 29. Ld2 Te2+ 30. Kf3 und Weiß gewinnt durch die Drohung f4–f5 nebst Lh6.
In der Partie verfolgt Weiß den Plan, auf dem Damenflügel einen weiteren Bauern zu erobern.
25. Dxb7 T1e2+ 26. Kf3 Txc2 27. Ld4 a5
Danach kann Weiß den a-Bauern erobern. Schwarz hätte den a-Bauern mit 27. ... Sb8 decken können. Der Springer steht dann passiv, aber Weiß kann das nicht unmittelbar ausnutzen, er kann aber seine Stellung verbessern und letztendlich gewinnen. Der Hauptplan von Weiß besteht in Db7–d5–g5–g7. Als Beispiel diene folgende Variante:
27. ... Sb8 28. Kg3 (schlechter ist 28. Dd5 Sc6) 28. ... Td2 29. La1 Tc2 (29. ... Txa2 30. Lc3 nebst Dxc7) 30. Kh3 Tc1 31. Ld4 Td1 32. Dd5 Te6 33. g3 c6 (33. ... c5 34. Db7 Txd4 35. Dxb8+ Te8 36. Db6 Te6 37. Dd8+ Te8 38. Dd7 Te6 39. Dc8+ Te8 40. Dg4 und der nächste Zug ist Dg7+ mit Gewinn) 34. Dc4 Te4 35. Db4 Tdxd4 36. Dxb8+ Te8 37. Db6 und Weiß erobert einen Bauern, und gewinnt dann aufgrund seiner materiellen Überlegenheit.
28. Db5 Sc5
Durch seine Aktivität am Damenflügel kann sich Weiß mit seinem nächsten Zug einen Freibauern (a2) verschaffen. Dafür ist jedoch der schwarze Springer ins Spiel gekommen.
29. Dxa5
Weiß hat nun zwei Mehrbauern.
29. ... Sd3
Schwarz droht 30. ... Se1+ 31. Kg3 Txg2+.
30. Le3
Dadurch verliert der wichtige Angriffsbauer f6 seinen Schutz, sodass Schwarz Te8–e6xf6 erwägen kann. Besser ist 30. Kg3, das beugt dem Springerschach (Se1+) vor und Weiß droht, seine Dame zum Königsflügel (g5, f5) zu führen.
(a) 30. ... Sc5 (droht 31. ... Se4+ nebst c7–c5) 31. Kh3 Se6 32. Df5 Sxd4 33. Dxh7 Te3+ 34. g3 Ke8 35. Dg8+ Kd7 36. Dxf7+ Kc6 37. Dg8 Se6 38. f5 Tf2 (38. ... Sf4+ 39. Kg4) 39. fxe6 Txf6 40. Da8+ Kb6 41. a4 Texe6 42. Db8+ nebst 43. Dxc7 und Weiß gewinnt.
(b) 30. ... c5 scheitert an 31. Dc7.
(c) 30. ... Se1 31. Lf2 Sd3 32. Dh5 Tee2 33. Dxh7 Ke8 34. Dxd3 Txf2 35. De3+ Kd7 36. Dxf2 Txf2 37. Kxf2 Ke6 38. g4 mit gewonnenem Bauernendspiel.
30. ... d5
Schwarz hätte 30. ... Te6 versuchen können, wonach Weiß seine Angriffsstütze f6 nicht halten kann, aber nach 31. g3 Txf6 32. Ld4 Te6 33. h4 bleibt die Stellung für Schwarz schwierig.
Um 31. ... Se1+ 32. Dxe1 d4 33. Db4+ c5 zu verhindern, zieht Weiß
31. Ld2 c5
Nun ginge 31. ... Te6 schon nicht mehr: 32. f5 Txf6 (32. ... Se5+ 33. Kg3 Txf6 34. Dxd5 mit klarer Gewinnstellung, 34. ... Txf5 scheitert an 35. De4) 33. Ke3 Se5 34. Lc3 Txf5 35. Dxc7 d4+ 36. Kxd4 Kg7 37. g4 Tg5 38. h4 Txg4+ 39. Kxe5 Tg3 40. Kd4 mit leichtem Gewinn für Weiß.
32. Kg3
Weiß plant 33. f5, wonach der Läufer entscheidend am Königsangriff teilnimmt. Für diesen Angriff sollen die störenden Schachs des Springers auf e5 oder gegebenenfalls e1 ausgeschaltet werden.
32. ... Sc1
Schwarz hätte versuchen können, seinen Freibauern voranzubringen, jedoch gewinnt Weiß hierauf im Königsangriff, wie die folgenden Varianten zeigen. 32. ... d4 33. f5 (bereitet Lh6+ nebst Db5 vor).
(a) 33. ... Se5 34. Lh6+ Kg8 35. Db5 Td8 36. Db7 Te2 (36. ... Te8? 37. De7) 37. De7 Ta8 (37. ... Tc8 38. Lf4) 38. Dxc5 d3 39. Dd5 Te8 40. a4.
(b) 33. ... Sc1 34. Lh6+ Kg8 35. Db5 Td8 36. Db6 Te8 37. Dc6 Td8 38. De4.
33. Lxc1
Schwarz gibt auf wegen 33. ... Txc1 34. Dd2 mit Verlust des Freibauern durch Dxd5.
Zusammenfassung:
Im Ausgangsdiagramm musste sich Weiß entscheiden, ob er mittels 25. Dh5 am Königsflügel einen Königsangriff führt oder mittels 25. Dxb7 am Damenflügel die kompakte schwarze Bauernformation zersplittert. Beide Pläne führen zum Sieg.
Die Partie, einschließlich der Varianten, zeigt die Stärke des von einem vorgeschobenen Bauern unterstützten Königsangriffs der Dame. Außerdem ist die Partie ein Beispiel für den von den Autoren in Kapitel 3 aufgestellten Lehrsatz, dass die Damenpartei fast immer dann gewinnt, wenn sie einen Mehrbauern besitzt und zusätzlich Leichtfiguren vorhanden sind.
Nach dem Studium der Partien dieses Abschnitts können wir folgende Richtlinien zur Stellungsbeurteilung angeben:
1. Ein Königsangriff der Dame, unterstützt von Leichtfiguren und eventuell sogar Bauern, gegen eine bereits geschwächte Königsstellung gewinnt in der Regel.
2. Beiderseits geöffnete Königsstellungen wirken sich für die Turmpartei nachteiliger aus als für die Damenpartei. Diese Aussage bezieht sich natürlich auf „normale“ Stellungen, damit meinen wir solche, in denen von einem entscheidenden, unmittelbar bevorstehenden Mattangriff noch nichts zu sehen ist.
Die Voraussetzungen für einen Königsangriff durch die Dame können aufgrund einer geschwächten gegnerischen Königsstellung gegeben sein, häufig aber auch einfach aufgrund passiv stehender gegnerischer Figuren, insbesondere der Türme. In beiden Fällen besteht der Plan für die Damenpartei in einem konsequenten Königsangriff. Er sollte schnell und zielstrebig geführt werden, um dem Gegner keine Zeit zur Konsolidierung zu geben. Es sollte deshalb auch erwogen werden, auf die Möglichkeit eines Bauerngewinns, der Zeit kostet und der nicht unmittelbar dem Angriff dient, zu verzichten.
Aus den Spielplänen der Damenpartei ergeben sich im Umkehrschluss die der Turmpartei. Sie muss unbedingt versuchen, ihre Figuren zusammenspielen zu lassen, insbesondere gilt das für die Türme. Wenn die Türme, diese mächtigen Figuren, nicht zusammenwirken, stellen sie nicht annähernd ein Äquivalent zur flexiblen Dame dar.
Erwähnen wollen wir an dieser Stelle noch, dass beim Materialverhältnis Dame gegen zwei Türme beiderseits geschwächte Königsstellungen für die Damenpartei sowohl im Mittel- als auch im Endspiel weniger nachteilig sind als für die Turmpartei. Ein Unterschied zwischen Mittel- und Endspiel liegt darin, dass es bei vorhandenen Leichtfiguren häufig zum Mattangriff der Damenpartei kommt, während im Endspiel die Dame nur Dauerschach droht.
In allen Partien dieses Abschnitts sahen wir, wie bereits geschwächte Königsstellungen der Turmpartei von der Damenpartei ausgenutzt wurden. In der Partie Euwe – Aljechin gewann die Damenpartei aufgrund der gegnerischen offenen Königsstellung und eines Positionsvorteils bei den Leichtfiguren. Beide Parteien besaßen einen Läufer. Der Damenpartei kam zugute, dass ihr Läufer sehr wirksam gegen den gegnerischen König operierte, während sein Gegenüber keine guten Felder fand, und dies, obwohl auch der Läufer der Turmpartei im traditionellen Sinne „gut“, d. h. nicht durch eigene Bauern behindert war. Das gleiche Figurenverhältnis trat in der Partie Djuric – Vogt auf. Auch hier war die Königsstellung der Turmpartei geschwächt und ihr Läufer wenig wirksam. Hinzu kam noch die passive Stellung eines Turmes. Die Damenpartei gewann.
Die Partie Werlinski – Rubinstein war ein Beispiel für die These, dass beiderseits geöffnete Königsstellungen die Turmpartei stärker benachteiligt.
Ein zwecks Materialgewinn eingegangener Entwicklungsrückstand der Turmpartei wurde von der Damenpartei in Bronstein – Kotow durch einen Königsangriff ausgenutzt. Ähnlich wie in der Partie Djuric – Vogt zeigte sich hier, dass eine passive Stellung eines Turmes nicht zu verkraften war.
In Janowski – Lasker wurde die Dame in ihrem Königsangriff entscheidend durch einen Bauern – weniger durch die vorhandene Leichtfigur – unterstützt.
In diesem Abschnitt werden Partien behandelt, in denen beide Parteien Angriffschancen gegen den feindlichen König besitzen. Die Partien entwickeln sich naturgemäß sehr scharf.
A. Charitonow – M. Tschiburdanidse
UdSSR 1980
1. Sf3 Sf6 2. c4 g6 3. d4 Lg7 4. g3 0-0 5. Lg2 d6 6. Sc3 c5 7. 0-0 Sc6 8. dxc5 dxc5 9. Lf4 Sh5 10. Ld2 b6 11. Dc1 Lb7 12. Lh6 Dc8 13. Lxg7 Kxg7 14. Td1 Sf6 15. Sd5 Sb4 16. Dc3 Sbxd5 17. cxd5 Kg8 18. Se5 Dc7 19. e4 Tad8 20. Sc4 b5 21. Se3 b4 22. Dc2 e6 23. d6 Dc8 24. Tac1 Sd7 25. Sc4 La6 26. Sa5 Lb5 27. Sb3 c4 28. Sd4 La6 29. Da4 Sc5 30. Dxb4 Txd6 31. e5 Tb6 32. Da3 Sd3 33. Txd3 cxd3 34. Txc8 Txc8 35. Lf3 d2 36. Ld1 Tc1 37. Da4 Kg7 38. Kg2 Lb7+ 39. Kh3 Txb2 40. Dd7 Ld5 41. Dd8 h6 42. Lg4 d1D 43. Lxd1 Txd1
Stellungsbeurteilung:
Es herrscht Bauerngleichheit. Schwarz hat zwei bewegliche Türme, sein Läufer steht zentral. Das sind gute Voraussetzungen für Schwarz, um Gewinnversuche zu unternehmen. Der Gewinn wird jedoch dadurch in Frage gestellt, dass die weiße Dame unter Ausnutzung des schwachen Feldes f6 durch 44. Df6+ und weiteres Schachbieten bzw. Angreifen des Feldes f7 Dauerschachdrohungen aufstellen kann. Schwarz wird daher das Feld f7 durch Tb2–b7 decken müssen. Anschließend könnte er, um seinen relativ starken Turm von der Deckungsaufgabe zu entbinden, die Überführung seines Läufers nach g6 anstreben.
Als längerfristige Pläne kommen für Schwarz der Angriff gegen den weißen König oder die Eroberung des weißen a-Bauern mit anschließendem Vorrücken des eigenen a-Bauern in Betracht.
Weiß muss versuchen, seinen Springer am Angriff gegen den gegnerischen König zu beteiligen.
44. Df6+ Kg8 45. Dd8+ Kh7 46. Df6 Tb7
Schwarz verschmäht die Zugwiederholung 46. ... Kg8 47. Dd8+. Der Partiezug muss wohl bedacht sein, denn nach
47. Sb5
mit der Drohung, den Springer über das Feld d6 an den schwarzen König heranzuführen, entsteht ein scharfes Spiel, das einer genauen Berechnung bedarf.
47. ... Td3 48. f4
Weiß verliert nach 48. Sd6? Tf3 49. Dd8 Txf2 50. Sxb7 g5 (Schwarz knüpft ein Mattnetz) 51. g4 (51. Sd6 Lg2+ 52. Kg4 Lf3+ 53. Kh3 g4+ 54. Kh4 Txh2 matt) 51. ... Lxb7 52. Dd7 Lh1 und die Drohung Tf3+ entscheidet.
48. ... Le4
49. Kh4?
Es hätte unbedingt 49. Sd6! kommen müssen, 49. ... Lf5+ 50. Sxf5 (50. Kh4? g5+ 51. Kh5 Lg6+ 52. Kg4 Tb2 53. f5 Tb4+ 54. Kh3 Lh5 55. fxe6 Lg4+ 56. Kg2 Tb2+ 57. Kg1 Td1+ und Schwarz gewinnt) 50. ... gxf5 51. Kh4 Td2 52. h3 Th2 (52. ... Txa2 53. Kh5 Th2 54. Dxh6+ mit Dauerschach) 53. Dd8 (53. a4 Td7 54. g4 fxg4 55. f5 Txh3+ 56. Kxg4 Thd3 57. Kh5 führt zu einer ausgeglichenen Stellung) 53. ... Txa2 54. Kh5 Ta3 55. Df6 Txg3 56. h4 a5 57. Dxf7+ Txf7 patt.
49. ... Lf5?
Verschenkt den Sieg, der mit 49. ... Td2 zu erzwingen war:
(a) 50. Kh3 Lf5+ 51. g4 Td3+ 52. Kh4 Le4 mit der unparierbaren Drohung 53. Lg2 nebst matt.
(b) 50. h3 Th2 51. Sd6 (51. g4 Tf2 droht g6–g5) 51. ... Lg2 52. Dd8 (52. Sxb7 Txh3+ 53. Kg4 h5+ 54. Kg5 Txg3+ 56. Kh4 Tg4 matt) 52. ... Txh3+ 53. Kg4 f5+ 54. exf6 h5+ 55. Kg5 Txg3+ 56 Kh4 Tg4 matt.
50. a3!
Dieser stille, unscheinbare Zug ist die einzige Möglichkeit zum Ausgleich. Er nimmt dem b-Turm das Feld b4 und ermöglicht dadurch Sb5–d6. Sofortiges 50. Sd6? hingegen verliert nach 50. ... g5+ 51. Kh5 (51. fxg5 Tb4+) 51. ... Lg6+ 52. Kg4 Tb2.
50. ... Txb5
50. ... a6 51. Sd6 g5+ 52. fxg5 (52. Kh5? Lg6+ 53. Kg4 Tb2 54. f5 Td4+ 55. Kf3 Lh5+ 56. Ke3 Td5 und die Mattdrohung Te2 entscheidet) 52. ... Td4+ 53. g4 Txg4 54. Kh5 Txg5+ 55. Dxg5 Lg6+ 56. Kg4 hxg5 57. Sxb7 Kh6 führt zu einem Läufer-gegen-Springer-Endspiel mit einem Mehrbauern für Schwarz, das aber nicht gewonnen werden kann, z. B. 58. h4 Lf5+ 59. Kg3 Lc2 60. Sd6 gxh4+ 61. Kxh4 Kg6 62. Kg4 f5+ 63. exf6 Kxf6 64. Kf4 e5+ 65. Ke3 Ke6 66. Sc4 Kd5 67. Sxe5 Kxe5 68. Kd2 und es ist eine theoretische Remisstellung entstanden. Der weiße König läuft in die Ecke a1, aus der er nicht vertrieben werden kann.
51. Dxf7+ Kh8 52. De8+ Kg7
Remis wegen des Dauerschachs nach 53. De7+ oder nach 53. Dxb5 g5+ 54. Kh5 (54. fxg5 Td4+) 54. ... Lg6 55. Kg4 Lf5+.
Zusammenfassung:
In dieser Partie dominierte die Taktik. Drohungen und Gegendrohungen bestimmten das Spielgeschehen. Objektiv befand sich die Ausgangsstellung im Gleichgewicht. Beide Parteien fanden in schwieriger Stellung nicht das Beste.
Da keine Flügelmehrheiten vorhanden waren, die man hätte in Bewegung setzen können, bestimmten weitgehend Figurenangriffe gegen den gegnerischen König das Spielgeschehen. Ursächlich für die Heftigkeit der beiderseitigen Mattdrohungen war, dass sich verschiedenartige Figuren gegenüberstanden. Dadurch konnten sie sich nicht unmittelbar neutralisieren und sich abtauschen, wie das zum Beispiel bei gleichfarbigen Läufern hätte der Fall sein können.
Die Anwesenheit von Leichtfiguren kam hier der Turmpartei zugute. Das lag am im Königsangriff bereits mitwirkenden Läufer, während der Springer noch zwei Züge (Sd4–b5–d6) benötigte, um Drohungen gegen den König zu schaffen.
Die Partie ist ein lehrreiches Beispiel für Mattangriffe der Turmpartei wie auch der Damenpartei.
A. Kotow – D. Bronstein
Zürich 1953, Kandidatenturnier
1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. g3 Lg7 4. Lg2 0-0 5. Sc3 d6 6. Sf3 Sbd7 7. 0-0 e5 8. e4 Te8 9. d5 a6 10. Se1 Tb8 11. Sc2 De7 12. b4 Tf8 13. Se3 Se8 14. Dc2 Sdf6 15. a4 a5 16. bxa5 Ta8 17. La3 Sd7 18. Lh3 h5 19. Scd1 Txa5 20. Sb2 Sef6 21. Lb4 Ta6 22. a5 Sh7 23. Lg2 h4 24. Sd3 Sdf6 25. c5 Sg5 26. Dc4 Lh6 27. Ld2 Ta8 28. Tfc1 Sh5 29. cxd6 cxd6 30. Dc7 Df6 31. Se1 hxg3 32. hxg3 Sh3+ 33. Lxh3 Lxh3 34. Sg4 Lxg4 35. Lxh6 Tfc8 36. Dxb7 Tcb8 37. a6 g5 38. Dxb8+ Txb8 39. a7 Ta8 40. Tcb1 Kh7 41. Tb8 Txa7 42. Txa7 Kxh6 43. Tbb7 Kg6 44. f3 Lc8 45. Tc7 Dd8 46. g4 Sf6 47. Kg2 Ld7 48. Sc2 Lxg4 49. fxg4 Sxg4 50. Txf7
Stellungsbeurteilung:
Ins Auge fällt zunächst die starke Turmstellung. Sie kann aber nicht unmittelbar zu Mattwendungen oder Dauerschach genutzt werden, da der schwarze Springer seinen König schützen kann. Andererseits steht auch der weiße König offen, und die Dame kann nicht gehindert werden, in die Königsstellung einzubrechen (etwa über b6). Die Bewertung der Stellung ergibt sich erst aus der konkreten Analyse der weitgehend taktisch bestimmten Situation.
Der Plan von Schwarz ist, sofort mit der Dame ins gegnerische Lager einzudringen. Weiß muss versuchen, seinerseits den Springer (über e3) gegen die schwarze Königsstellung heranzuführen.
50. ... Db6 51. Tg7+ Kh5 52. Th7+ Sh6
Nun ist zwar der schwarze Springer von e3 abgelenkt, dennoch kann der weiße Springer nicht nach e3 ziehen.
53. Tac7?
Gute Remischancen hätte 53. Kf3 geboten, z. B. 53. ... Db3+ (53. ... g4+ 54. Ke2!) 54. Se3 g4+ 55. Ke2 Db2+ 56. Kf1 Kg5 57. Txh6! Kxh6 58. Sxg4+ Kg5 59. Sf2 Db1+ 60. Kg2 Kf4 61. Ta3 und der Turm bewegt sich entlang der 3. Reihe, eine klare Remisstellung.
53. ... Db3 54. Kf2 g4?
Das konsequente 54. ... Dd3 hätte gewonnen, dies erobert den Bauern e4 oder, nach 55. Se3 Dd2+ 56. Kf3 g4+, den Springer.
Nach 54. ... Dd3 kann Weiß sich auch nicht durch einen Gegenangriff auf den schwachen Bauern d6 verteidigen, da der schwarze Springer dann beim Königsangriff mithilft: 54. ... Dd3 55. Thd7 Sg4+ 56. Ke1 (auf 56. Kg2 wie 56. Kg1 folgt kurzzügig Matt) 56. ... Dxe4+ nebst Dxd5.
55. Se3
Nun droht der weiße Springer bereits mit dem Gegenangriff Se3–f5.
55. ... Dd3
Nach dem verpassten leichten Gewinnweg hatte Schwarz hier noch eine letzte praktische Chance. Er konnte unter vorübergehender Preisgabe seines Springers den König zum Angriff gegen e3 und e4 heranführen: 55. ... Kg5 56. Tcg7+ Kf4 57. Sg2+ Kxe4 58. Txh6 g3+ (58. ... Df3+ 59. Kg1 g3 60. Txg3 Dxg3 61. Txd6, Schwarz hat den materiellen Vorteil von Dame gegen Turm und Springer, aber diese Stellung kann er nicht gewinnen, z. B. 61. ... Kd4 62. Td8 e4 63. d6 Dc3 64. Th8 Dc5 65. Th3 Dxd6, der schwarze Bauer kann die 3. Reihe nicht überschreiten) 59. Txg3 Dc2+ 60. Kf1 Dc1+ 61. Ke2 Dxh6 62. Se3! Dh5+ 63. Tg4+ Dxg4 64. Sxg4 Kxd5, Ausgleich.
56. Sf5
Weiß ist doch noch zur Ausführung seines Gegenangriffs gekommen und die Dame muss durch Dauerschach remis halten.
56. ... Df3+ 57. Kg1 Dd1+ 58. Kg2 Kg5 59. Sxh6 Dd2+
Remis.
Zusammenfassung:
Die Ausgangsstellung befand sich trotz der beiderseits völlig offenen Königsstellungen im dynamischen Gleichgewicht. Allerdings hatte die Damenpartei die Initiative. Beide Parteien haben Fehler gemacht (53. Tac7? und 54. ... g4?), die allerdings von der Gegenseite nicht ausgenutzt wurden, sodass die Partie letztendlich remis endete.
Die Partie und die Analysen zeigen das dynamische Potenzial einer Dame sehr schön. Zunächst stand sie passiv auf d8, nur um drei Züge später die gegnerische Königsstellung durcheinander zu wirbeln, wobei die Unterstützung von Bauer bzw. König sehr hilfreich war.
Die Türme schützten zwar nicht ihren König unmittelbar, aber indirekt verteidigten sie ihren König, da sie durch ihre aktive Stellung auf der 7. Reihe durchaus etwas drohten.
Interessant und lehrreich sind die vielfältigen Möglichkeiten des Festungsbaus von Turm und Springer, die in den Analysen zum 53. Zug von Weiß und 55. Zug von Schwarz erwähnt wurden.
Die Partie zeigt den Fall, dass beide Parteien über die typischen Angriffsmittel verfügen: Die Türme waren auf der 7. Reihe verdoppelt, die Dame konnte den offenstehenden König angreifen. In einem solchen Fall müssen die Chancen durch sofortige Ausnutzung der eigenen Angriffsmöglichkeiten genutzt werden.
Ist die Königsstellung nur einer Partei geschwächt, so kommt es häufig vor, dass sie sich eines Mattangriffs erwehren muss, ohne selbst über Gegenspiel zu verfügen. In Stellungen mit beiderseits sicheren oder gleichermaßen geschwächten Königsstellungen verfügen dagegen oft beide Parteien gleichzeitig über einen Königsangriff. Die Frage ist nun, ob von solcher Konstellation eher die Damen- oder die Turmpartei profitiert. Wenn die Königsstellungen nur gering geschwächt sind, lässt sich keine Aussage machen. Es kommt auf die konkrete Stellung an. Schon eher lässt sich dagegen eine Aussage machen, wenn die Königsstellungen beider Parteien offen sind, ohne dass einer der Könige direkt auf Matt steht. Diese Situation bevorteilt eher die Damenpartei. Bei Heranziehung der oben gemachten Aussagen zur Stellungsbeurteilung ist aber äußerste Vorsicht geboten, denn in jedem Falle kommt es wegen der Schärfe der Stellungen in ganz starkem Maße auf die konkreten Umstände an.
Die Partie Charitonow – Tschiburdanidse war ein Beispiel für beiderseits geschwächte Königsstellungen, in denen aber beide Könige noch über einen gewissen Bauernschutz verfügten.
In Kotow – Bronstein war der König der Turmpartei jeglichen Bauernschutzes beraubt, während der der Damenpartei nur unwesentlich von einem einzigen Bauern geschützt wurde. Die Partie endete zwar remis, die praktischen Chancen lagen aber bei der Damenpartei.
In Partien mit dem Materialverhältnis Dame gegen zwei Türme kommt es häufig vor, dass die Damenpartei einen Mehrbauern und damit auch eine Bauernmajorität auf einem Flügel besitzt. In diesem Kapitel werden Partien behandelt, in denen die Bauernmajorität der Damenpartei den spielbestimmenden Faktor darstellt. Es ist allerdings nicht unbedingt Voraussetzung, dass die Damenpartei über einen Mehrbauern verfügt. So kann die Turmpartei ebenfalls eine Bauernmajorität besitzen, sie spielt dann aber keine dominierende Rolle in der Partie.
In diesem Abschnitt betrachten wir Stellungen mit einer Bauernmajorität der Damenpartei auf dem Königsflügel. Dabei beschränken wir uns auf Stellungen, in denen beide Könige auf dem Königsflügel stehen. Man beachte, dass der Königsflügel durch die Grundstellung der Könige definiert ist, also die Linien e bis h umfasst. Das Vorrücken der Majorität ermöglicht häufig einen Angriff gegen den König der Turmpartei, hat aber zur Folge, dass die Königsstellung der Damenpartei geschwächt wird. Nach dem Studium der Partien dieses Abschnitts werden wir Gesetzmäßigkeiten aufstellen können, wie Stellungen mit einer Königsflügelmajorität zu bewerten und zu behandeln sind.
L. Portisch – R. J. Fischer
Santa Monica 1966
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 Lb4 4. e3 b6 5. Se2 La6 6. Sg3 Lxc3+ 7. bxc3 d5 8. Df3 0-0 9. e4 dxe4 10. Sxe4 Sxe4 11. Dxe4 Dd7 12. La3 Te8 13. Ld3 f5 14. Dxa8 Sc6 15. Dxe8+ Dxe8 16. 0-0
16. ... Sa5 17. Tae1
Natürlicher sieht 17. Tfe1 aus. Aber auch danach gewinnt Schwarz mit 17. ... Lxc4 18. Lxc4 Sxc4 einen Bauern, und der Turm auf a1 ist nach 19. Lc1 zumindest vorübergehend ausgesperrt.
Auf 17. Lb4 folgt 17. ... Lxc4 18. Lxa5 Lxd3 19. Tfd1 Lc4 20. Lb4 Kf7, verwehrt dem weißen Läufer das Feld e7, sodass nun Da4 nebst a7–a5 droht, durch diese Drohung gewinnt Schwarz einen Bauern, 21. La3 (21. a4 a5 22. La3 Dxa4) 21. ... Da4 22. Lb2 Dc2 23. La3 Lxa2.
17. ... Lxc4
Infolge von 17. Tae1 hat der Bauer a2 seine Deckung verloren, sodass sich jetzt 17. ... Da4 anbietet: 18. Lb4 (18. Lc1 Lxc4 19. Lxc4 Dxc4) 18. ... Lxc4 19. Lxc4 Sxc4 20. Txe6 a5 21. Le7 Sd2 22. Tfe1 Se4 und Weiß wird schwerlich ein Unentschieden erreichen können. Die Bauern auf a2 und c3 sind angegriffen. Zudem, wenn der Bauer a2 fällt, wird der schwarze a-Bauer zu einem Freibauern befördert. Auf 23. Lh4 darf Schwarz nicht sofort einen der Bauern schlagen, sondern stattdessen sollte er 23. ... h6 spielen, um dem König das Fluchtfeld h7 zu schaffen.
18. Lxc4
18. Lxf5? Da4 gewinnt eine Figur.
18. ... Sxc4 19. Lc1
Stellungsbeurteilung:
Schwarz verfügt über einen Mehrbauern, die bessere Entwicklung und einen Springer, der dem Läufer überlegen ist. All dies rechtfertigt das Urteil: Schwarz steht besser. Welchen Plan soll der Nachziehende verfolgen? Soll er mit der Dame auf Eroberung der schwachen weißen Damenflügelbauern a2 und c3 ausgehen oder lieber eine Zentralstrategie mit Kf7, Dd5 anstreben? In der Partie wird eine andere Idee verwirklicht.
19. ... c5
Ein überraschender Zug, weil er Linienöffnung zulässt, die gewöhnlich den Türmen zugute kommt. Die Erklärung für den Partiezug ist, dass Schwarz sich eine bewegliche Bauernmajorität verschaffen will, um so seinen Mehrbauern wirksam werden zu lassen.
20. dxc5
Nicht gut wäre 20. d5 e5! und nach 20. Lf4 cxd4 21. cxd4 hat Schwarz eine Majorität auf dem Damenflügel.
20. ... bxc5 21. Lf4
In Betracht kommt 21. Td1, um die offene Linie zu besetzen. Danach muss Weiß in der Folge mit De8–a4 oder e6–e5 rechnen. Zwei Möglichkeiten, die nach dem Partiezug nicht in Frage kommen. Der Partiezug schränkt also die schwarzen Antwortmöglichkeiten ein.
21. Td1 und nun:
(a) Nach 21. ... Kf7 22. Tfe1 ist 22. ... Da4 sehr stark, aber auch 22. ... h6 und 22. ... e5 sind gute Züge.
(b) Sofortiges 21. ... Da4 kann mit 22. Td8+ Kf7 23. Tc8 beantwortet werden.
21. ... h6!
21. ... e5 22. Lxe5 Sxe5 23. f4 Sf3+ 24. gxf3 Da4 25. Te7 führt zu einem Remis, aber Weiß muss genau spielen, z. B.
(a) 25. ... Dxf4 26. Txa7 De3+ 27. Kg2 c4 28. Tc7 h5 29. h4! (Wichtig! Sonst kommt es durch h5–h4 zur Bedrohung des weißen Königs.) 29. ... Dxc3 30. Tf2 Dd4 31. Tc2 Dxh4 32. T7xc4 f4 33. T4c3 Dg3+ 34. Kh1 h4 35. a4.
(b) 25. ... Dxa2 26. Td1 h5 27. Tdd7 (Turmverdoppelung auf der 7. Reihe, die Idealstellung der Türme ist erreicht!) 27. ... Da1+ 28. Kf2 Db2+ 29. Kg3 Dxc3 30. Txa7 Dd4 31. h4 Dg1+ 32. Kh3 c4 33. Tac7 Dd4 34. Kg3 c3 35. Tc8+ Kh7 36. Tec7 Dg1+ 37. Kh3 De3 38. Kg3.
22. Te2
Falls Weiß versucht, sich der schwarzen Expansion am Königsflügel mittels 22. h4 entgegenzustemmen, dann kann Schwarz 22. ... e5! spielen, da nach 23. Lxe5 Sxe5 24. f4 Sf3+ 25. gxf3 Da4 die weißen Bauernschwächen entscheidend sind.
22. ... g5
23. Le5?
Besser ist 23. Le3 Db5 24. f3.
(a) 24. ... Se5! 25. Td2 (25. Tfe1 Sd3 26. Td1 c4 27. Lxa7? Da4) 25. ... Dc4 26. Tc1 g4 27. fxg4 Sxg4 und es fraglich, ob Weiß ein Remis erreichen kann.
(b) 24. ... e5 25. Lf2 nebst Tfe1, in der Hoffnung, eine Auffangstellung erreicht zu haben, in der es Schwarz schwerfällt, auch angesichts seines angegriffenen Bauern auf c5, weiterzukommen. Schwarz steht immer noch besser. Ein Plan von Schwarz ist f5–f4, h6–h5, g5–g4.
23. ... Dd8
Schwarz nimmt dem Weißen die Möglichkeit, mit 24. Td1 die d-Linie zu besetzen.
24. Tfe1
Nach 24. Tb1 Dd3! hätte sowieso 25. Tbe1 kommen müssen, und auf 24. f4 wäre 24. ... Sd2 25. Tfe1 Se4 gefolgt.
24. ... Kf7 25. h3 f4 26. Kh2 a6
Schwarz hat Zeit und verhindert, dass der Bauer bei Gelegenheit mit Lb8 angegriffen werden kann.
27. Te4 Dd5!
Die Dame steht im Zentrum beherrschend und stellt sofort die entscheidende Drohung 28. ... Se3 auf.
28. h4
Ignoriert die Drohung, was die Qualität kostet. Aber auch nach 28. T4e2 f3! 29. gxf3 (29. Te4 fxg2 mit der Drohung Sd2) 29. ... Sd2 gewinnt Schwarz schnell.
28. ... Se3! 29. T1xe3
29. f3 wird mit 29. ... Dd2 30. Tg1 Df2 beantwortet.
29. ... fxe3 30. Txe3 Dxa2 31. Tf3+ Ke8 32. Lg7 Dc4 33. hxg5 hxg5 34. Tf8+ Kd7 35. Ta8 Kc6
Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Partie veranschaulicht die Stärke einer beweglichen Bauernmajorität, die von Dame und Leichtfigur unterstützt wird. Unter diesem Aspekt sollte man noch einmal den 19. Zug von Schwarz (19. ... c5) würdigen.
Bei einer Königsflügelmajorität ergibt sich bei deren Vorrücken fast zwangsläufig ein Königsangriff, was der Damenpartei Gewinnchancen bietet.
P. Keres – F. Olafsson
Kandidatenturnier 1959
1. e4 c5 2. Sf3 a6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 e5 6. Sf3 Lb4 7. Sxe5 0-0 8. Ld3 d5 9. 0-0 Lxc3 10. bxc3 dxe4 11. Le2 Dc7 12. Sc4 Td8 13. Lf4 De7 14. Sb6 Txd1 15. Tfxd1 Sc6 16. Sxa8
Stellungsbeurteilung:
Schwarz steht besser. Die weiße Bauernstellung ist zersplittert und daher anfällig. Der Springer auf a8 steht abseits. Dass Schwarz das Spielgeschehen bestimmen kann, wird aber erst klar, wenn man die Pläne untersucht, die die Parteien entwickeln können.
Schwarz kann auf beiden Flügeln Drohungen aufstellen. Er kann versuchen, die schwachen weißen Damenflügelbauern zu erobern, um dann seine eigenen Damenflügelbauern in Bewegung zu setzen. Er kann aber auch seine Bauernmehrheit am Königsflügel, nämlich seinen e- und seinen f-Bauern in Bewegung setzen, um einen Freibauern zu bilden oder den weißen König zu bedrohen. In jedem Fall sollte Schwarz Leichtfigurenabtausch vermeiden, denn einerseits kann ein von einer Leichtfigur gedeckter Freibauer nicht von den Türmen erobert werden und andererseits benötigt die Dame zum Aufstellen von Mattdrohungen Helfer.
Der einzig ersichtliche Spielplan von Weiß ist die Verdoppelung seiner Türme in der d-Linie mit dem Ziel, in die 7. oder 8. Reihe einzudringen. Schwarz hat jedoch viele Leichtfiguren, die die Einbruchsfelder d7 und d8 bewachen. Daher muss Weiß bestrebt sein, die Leichtfiguren abzutauschen. Aber nicht nur deswegen, im Allgemeinen ist es im Kampf von Dame gegen zwei Türme für die Turmpartei vorteilhaft, wenn keine Leichtfiguren auf dem Brett vorhanden sind.
16. ... Lg4
Schwarz entschließt sich zum Abtausch eines Läufers. Dies fällt ihm umso leichter, als dadurch das weiße Läuferpaar, das momentan viele Felder beherrscht, beseitigt wird. Besser ist jedoch 16. ... Dc5. Darauf hat Schwarz, je nach weißer Antwort, verschiedene gute Möglichkeiten, hauptsächlich Dxc3, Sd5, Lg4 und h6, z. B. 17. Le3 (17. c4 Lg4; 17. Ld2 Lg4) 17. ... Dxc3 18. Sb6 Le6.
17. Lxg4 Sxg4 18. Sc7?
Bessere Ausgleichschancen bietet 18. h3. Die folgenden drei Antwortzüge (a, b, c) versprechen dem Schwarzen minimalen bis keinen Vorteil, während es bei der Variante (d) anders aussieht:
(a) 18. ... Sge5 19. Sb6 h5.
(b) 18. ... Sf6.
(c) 18. ... Df6 19. Lg3 Sh6 20. Sb6 Sf5 21. Sd5 De6 22. Lf4 h6.
(d) 18. ... Sxf2 (nach diesem überraschenden Figurenopfer erhält Schwarz gute Gewinnchancen, die begründet sind durch die Abseitsstellung des weißen Springers auf a8 und durch die Möglichkeit des Vorrückens der schwarzen Königsflügelbauern) 19. Kxf2 Df6 20. Kg3 h5 21. Le3 (21. Tf1 Dd8 22. Tae1 Dxa8 23. Txe4 Dd8; 21. Lc7 Dxc3+ 22. Kh2 e3 23. Tac1 Sd4 24. Te1 Se6 25. Lb6 Dc8 26. Lxe3 Dxa8 27. c4) 21. ... De5+ 22. Kf2 f5 23. Kg1 (23. Ld4 Dh2) 23. ... Dxc3.
18. ... Dc5 19. Lg3 e3
Lockert die weiße Königsstellung und erzwingt den Tausch des weißen Läufers, der in dieser offenen Stellung einem Springer überlegen ist. Grundsätzlich sollte die Damenpartei zwar Figurenabtausch vermeiden, aber erstens nicht um jeden Preis und zweitens behält sie ja noch eine Leichtfigur.
20. fxe3 Sxe3 21. Lf2 Dg5 22. Lxe3 Dxe3+ 23. Kh1 Dxc3 24. Sd5 Dc5
Nach 24. ... Dxc2? 25. Sb4 gewinnt Weiß wegen der schwarzen Grundreihenschwäche.
25. Td2 h6
Um einem Grundreihenmatt vorzubeugen.
26. Te1
Damit hat Weiß seine letzte Figur entwickelt. Die Türme stehen auf den offenen Mittellinien, der Springer zentral auf d5. Man könnte meinen, dass Weiß gute Remisaussichten hat. Bei genauerer Betrachtung stellt man jedoch fest, dass der zentralstehende Springer dem Schwarzen zwar ein paar Felder nimmt, ansonsten aber – abgesehen davon, dass er einen seiner Türme als Deckungsfigur bindet – keine wirkungsvollen Angriffe gegen die gegnerischen Flügelbauern ausrichten kann. Ursache dafür ist die Kurzschrittigkeit des Springers als auch die Tatsache, dass Türme und Springer, im Gegensatz zu Türme und Läufer, häufig schlecht zusammenarbeiten.
26. ... Sd4 27. c3 Se6
Durch die letzten beiden Züge hat Schwarz seine Springerstellung verbessert. Wahrscheinlich ist die Stellung für Schwarz gewonnen.
28. h3 Kh7 29. Tf1 Sg5 30. Tf4
Verhindert 30. ... Se4.
30. ... Da3 31. Tc2 Dd6 32. c4
Auf 32. Td2 oder 32. Td4 folgt 32. ... De5 mit den Drohungen 33. ... De1+ und 33. ... Se4.
32. ... b5
33. h4
Schwächt die weiße Königsstellung, aber die Alternativen sind ebenfalls unbefriedigend:
(a) 33. Td4 De5 34. Td1 De4 35. Tc3 bxc4 36. Sb6 De2 37. Tdc1 Se4 38. Txc4 Sg3+ 39. Kh2 Sf1+ 40. Kh1 Se3 droht sowohl Dxg2 matt als auch Sxc4, Schwarz gewinnt.
(b) 33. Td2 De5 34. Td1 De2 35. Tc1 Dd2 36. Tff1 Se4 37. Kh2 bxc4 38. Tfd1 De2 39. Te1 Dd3 40. Ted1 Dg3+ 41. Kg1 Sf2 42. Td2 Sxh3+ 43. Kf1 Dh2 44. Txc4 Dg1+ 45. Ke2 Dxg2+ gewinnt.
33. ... bxc4?
33. ... Se6! 34. Txf7 bxc4 35. Sc3 Dg3 ist hoffnungslos für Weiß.
34. Td4
Nach 34. hxg5 Dxd5 35. g6+ Kxg6 36. Tfxc4 Kh7 kann Weiß noch kämpfen. Ein Gewinnplan von Schwarz ist g7–g5–g4–g3, sodann muss die Dame auf die h-Linie (h4 oder h5) überführt werden, um Dh2 zu spielen. Für diesen Gewinnplan ist es erforderlich, den h-Bauern nicht vorzurücken.
34. ... De5 35. Tcxc4 Se6 36. Td1 De2 37. Tdc1 Dxa2
Einfacher gewinnt 37. ... Dd2 38. Sc7 Sd4 39. Sxa6 Se2.
(a) 40. Ta1 Db2 41. Te1 Dxa2 42. Tc6 Sf4 43. Tg1 Df2.
(b) 40. T1c2 De1+ 41. Kh2 Dg1+ 42. Kh3 Dh1+ 43. Kg4 Dxg2+ 44. Kf5 Dg6+ 45. Ke5 De6 matt, ein schönes Mattbild.
(c) 40. T4c2 De3 41. Tb1 De4 (droht Dxh4 matt) 42. Txe2 Dxb1+ 43. Kh2 Df1.
38. Sf4 Sf8!
Bloß nicht die letzte Leichtfigur tauschen! Die Dame ist stärker, wenn sie mit einer anderen Figur zusammenwirken kann. Die momentane Abseitsstellung des Springers ist nur vorübergehend und kann leicht behoben werden. Nach 38. ... Sxf4? 39. Txf4 würde der schwarze a-Bauer keine Gefahr für Weiß darstellen, Schwarz könnte nicht gewinnen.
39. Tc7 Dd2 40. Tf1 Sd7 41. Ta7
Weiß gibt auf. Es könnte 41. ... a5 42. h5 Se5 folgen, worauf Schwarz einen Mattangriff mittels Dd2–c3–g3 nebst Se5–g4 inszenieren kann oder er kann seinen freien a-Bauern vorwärtstreiben.
Zusammenfassung:
Nach dem Tausch der Dame gegen die zwei Türme stand Schwarz besser, da er auf beiden Flügeln Drohungen schaffen konnte. Lehrreich ist, dass von drei Leichtfigurenpaaren zwei getauscht wurden, ohne dass sich die Gewinnaussichten der Damenpartei verschlechtert haben. Wir können daher annehmen, dass es für die Damenpartei im Gewinnsinne unbedingt nötig ist, mindestens eine Leichtfigur zu behalten, während weitere Leichtfiguren, falls erforderlich, getauscht werden können. Bemerkenswert ist, dass die Damenpartei beim Tausch der Leichtfiguren darauf geachtet hat, dass die letzte übriggebliebene Leichtfigur der Turmpartei ein Springer war, denn Turm und Springer arbeiten meist nicht so gut zusammen wie Turm und Läufer.
Y. Seirawan – A. Jusupow
Linares 1983
1. d4 d5 2. c4 c6 3. Sf3 Sf6 4. Db3 e6 5. Sc3 Le7 6. Lg5 dxc4 7. Dxc4 0-0 8. e4 b5 9. Dd3 b4 10. Sa4 La6 11. Dc2 Lxf1 12. Kxf1 Sbd7 13. g3 c5 14. dxc5 Sxc5 15. Td1 De8 16. Lxf6 gxf6 17. Sxc5 Tc8 18. Kg2 Txc5 19. Dd2 Da8 20. Dxb4 Tb8 21. Dd4 Tc2 22. Td2 Tbxb2 23. Dxb2 Txb2 24. Txb2 Dxe4 25. Tc1
Stellungsbeurteilung:
Schwarz hat Dame und Bauer für zwei Türme; ein Materialverhältnis, das bei Anwesenheit von Leichtfiguren im Allgemeinen vorteilhaft für die Damenpartei ist. Die schwarze Bauernstellung ist entwertet. Ein Plan für Schwarz ist das Vorrücken seiner Königsflügelbauern, also des e-, f- und h-Bauern.
Die weißen Türme stehen bereit, um auf die 7. oder 8. Reihe einzudringen. Sie sind frei beweglich, denn Schwarz hat wegen der weißen geschützten Königsstellung nicht die Möglichkeit eines Doppelangriffs auf den König und einen Turm. Nachteilig für Weiß ist der gefesselte Springer. Die Chancen sind ausgeglichen.
25. ... Ld6?
Dieser natürlich aussehende Zug, der 26. Tc7 verhindert, hätte zu leichtem weißen Vorteil führen können. Es gibt mehrere andere Züge, die die Stellung im Gleichgewicht halten: 25. ... h5, a5, Lb4, La3. Betrachten wir als Beispiel 25. ... h5 26. Tc8+ Kg7 27. Tc7 Ld6 28. Td7 Lc5 29. Tbb7 h4 30. Txf7+ Kg6, Ausgleich, Schwarz hat einen Bauern verloren, aber er hat aktives Spiel.
26. Td2 Le5
Die Besetzung der 7. Reihe durch einen Turm war nicht zu verhindern: 26. ... Db4? 27. Tc8+ Kg7 28. Td4, und nach einem Damenzug folgt 29. Tg4+ Kh6 30. Tcg8, wonach Schwarz gegen 31. Th4+ machtlos ist. Diese Variante zeigt, dass die leicht geschwächte schwarze Königsstellung Gefahren für Schwarz nach sich zieht.
27. Td7 h5
Auf 27. ... a5 könnte 28. Tc8+ Kg7 29. Te8 mit den Drohungen 30. Tee7 und 30. Txe6 folgen.
28. Txa7
Weiß hat den Bauern auf a7 gewonnen. Die Alternative wäre gewesen, durch Turmverdoppelung auf der 7. Reihe den Bauern f7 zu bedrohen: 28. Tc8+ Kg7 29. h3 (29. Tdd8 f5 30. h3, Ausgleich; 29. Te8? h4 und Schwarz gewinnt wegen der Drohung 30. ... h3) 29. ... a5 (29. ... f5 30. Tc5 Lf6 31. Tcc7; 29. ... h4? 30. g4) 30. Te8 und Weiß droht 31. Tee7 als auch 31. Txe6. Die weiße Stellung ist vorzuziehen.
Nach dem Partiezug hat sich Weiß einen freien a-Bauern verschafft, der allerdings in der nächsten Zeit keine Gefahr für Schwarz darstellen wird.
Durch den folgenden Angriffszug am Königsflügel ergeben sich gleichwertige Chancen.
28. ... h4 29. Ta3 Ld4
Auf 29. ... Lb2 muss 30. Tc8+ folgen, denn nach 30. Te3 h3+ 31. Kg1 Dd5 oder 30. Te1 h3+ 31. Kg1 Dc2 32. Tae3 Lc3 33. Tf1 La5 wird Schwarz den a-Bauern erobern, und er erhält Gewinnchancen, da der Weiße Mattgefahren ausgesetzt ist.
30. Tb3?
Nun kann Schwarz durch 30. ... h3+ seinen h-Bauern für den weißen f-Bauern geben, ein für Schwarz vorteilhafter Tausch, denn der danach entstehende schwarze e-Freibauer ist weit gefährlicher als der nun entstehende weiße h-Freibauer. Weiß hätte einfach 30. gxh4 oder 30. Te1 Dc6 31. Te2 spielen können.
30. ... h3+ 31. Kxh3 Lxf2 32. Tbc3 Lb6
Danach hätte Weiß ein zwangsläufiges Remis erreichen können. Es gibt viele Züge, mit denen Schwarz hätte auf Gewinn spielen können, beispielsweise De2, Kg7, f5.
33. T1c2
Weiß hätte das Unentschieden durch 33. Tc8+ erzwingen können:
(a) 33. ... Kh7 34. T1c4 Df5+ (34. ... Dxf3 35. Th4+ Kg7 36. Tg4+, Dauerschach) 35. Kg2 (35. Tg4? Le3) 35. ... Le3 (35. ... Kg7 36. Tf4 Dg6 37. Th4 droht Thh8) 36. Tf8 Kg7 (36. ... Dd3 37. Tc7 De2+ 38. Kh3 Dxf3 39. Tcxf7+ Kg6 40. Txf6+ Dxf6 41. Txf6+ Kxf6 42. Kg4, ausgeglichenes Endspiel) 37. Tcc8 (Mattdrohung) De4 38. Tg8+ Kh7 39. g4 Lh6 (39. ... f5 40. Th8+ Kg7 41. Thg8+ Kf6 42. g5+ Ke7 43. Tge8+ Kd6 44. Ted8+, Dauerschach) 40. Th8+ Kg6 41. Tcg8+ Lg7 42. Kg3 (droht Sh4+ als auch h2–h4–h5+) 42. ... f5 (42. ... De3 43. h4/Kg2 f5 mündet in ein Unentschieden) 43. gxf5+ exf5 44. Th4 De6 mit ausgeglichener Stellung. Weiß kann sogar mit 45. Txg7+ remis halten.
(b) 33. ... Kg7 34. T1c4 Df5+ (34. ... Dxf3 35. Tg4+, Dauerschach) 35. Tg4+ Kh7 36. Tcg8 Dxf3 37. T8g7+ Kh6 38. Tg8, Zugwiederholung.
Die Remisbreite ist nach dem Partiezug noch nicht überschritten, denn der Weiße hat gute Chancen, eine Festung aufzubauen, z. B. indem er einen Turm für den Läufer und den e-Bauern gibt oder indem er seinen Springer für den e-Bauern und einen f-Bauern gibt.
33. ... e5 34. Tb2 La5 35. Tc8+ Kg7
Hiernach muss Schwarz immer mit der Schachdrohung Sf3–h4–f5+ rechnen, 35. ... Kh7 kam daher in Betracht.
36. Sh4 f5 37. Tf2 Dg4+ 38. Kg2 f4
39. Tc6?
Zeitnot. 39. Tc5 Lb6 40. Txe5 Lxf2 41. Kxf2 mit Ausgleich.
39. ... Dd7?
Besser ist 39. ... Ld8 40. Sf3.
(a) 40. ... Dd7 41. Tcc2 e4 42. Sg1 Lb6 (42. ... f3+ 43. Sxf3 exf3+ 44. Txf3 Lb6 45. Tcf2 Lxf2 46. Txf2, Festung) 43. Txf4 Lxg1 44. Te2 e3 (44. ... Lb6 45. Texe4 Dd5 46. Kh3 Lc7 47. a4 Lxf4 48. Txf4 Kg6 49. a5 Dxa5 50. Kg2 Da2+ 51. Kg1 und die Festung ist perfekt) 45. Tf1 Dd3 46. Tee1 Lf2 47. Txf2 exf2 48. Tf1 De4+ 49. Kxf2 f5 50. Kg1!, Festung.
(b) 40. ... e4 41. Sg1
(b1) 41. ... Dd7 42. Tcc2, siehe 40. ... Dd7.
(b2) 41. ... Lg5 42. Tc3. Weiß hat eine Verteidigungsstellung aufgebaut. Er kann nun erwägen, seinen a-Bauern in Bewegung zu setzen. Schwarz kann seine Angriffsstellung nicht verstärken, sodass die folgende Abwicklung geboten erscheint: 42 ... f3+ 43. Sxf3 exf3+ 44. Tcxf3, ausgeglichen.
(b3) 41. ... f3+ 42. Sxf3 exf3+ 43. Txf3 Da4 44. Tc1 Dxa2+ 45. Kh1 Dd5 46. Tcf1 Lb6 47. Kg2, ausgeglichen.
(c) 40. ... fxg3 41. hxg3 Lh4 (ein wunderschöner Zug) 42. Sxh4 De4+ 43. Kh2 Dxc6 und Weiß hat Schwierigkeiten, eine Verteidigungsstellung aufzubauen.
40. Td6
Nach 40. Tc5? Lb6 41. Txe5? Lxf2 42. Kxf2 Dd4+ gewinnt Schwarz.
40. ... Dg4
Chancenreicher ist 40. ... Db7+ 41. Kh3 Dc8+ 42. Kg2 Lb4.
41. Td5
Möglich wäre 41. Sf3 e4 (auch nach 41. ... f6 42. Tc2 hätte Schwarz keine Gewinnchancen; 41. ... Lc7 42. Tc6 Lb8 43. Tc4 und Weiß kann seine Türme auf der e-Linie verdoppeln) 42. Td5 exf3+ 43. Txf3 Lc7 44. Td4 nebst Txf4 und Weiß errichtet eine Festung.
41. ... Lc7 42. Tc5
42. Sf3 De6? (nach 42. ... f6 hat Weiß Probleme) 43. Txe5 Lxe5 44. Sxe5 Dxe5 (44. ... fxg3 45. Txf7+ Kg8 46. hxg3 Dxe5 47. Tf4, Festung) 45. Txf4 und Weiß hat eine Festung gebaut.
42. ... Dd7
43. Te2
Droht 44. Tcxe5.
43. ... f6 44. Tec2?
Wahrscheinlich der Verlustzug. Besser ist 44. Tc4, um die Türme auf der e-Linie zu verdoppeln und den Springer nach f3 zu stellen.
44. ... Lb6 45. Tc6
45. T5c3 (droht gxf4) 45. ... Kf7.
45. ... e4 46. T6c3
Es verliert 46. Txb6? f3+ 47. Sxf3 exf3+ 48. Kxf3 Df5+ 49. Kg2 Dxc2+ 50. Kh3 Dxa2 51. Tb4 De6+ 52. Kg2 Dd5+ 53. Kh3 Dd7+ 54. Kh4 Df5 wegen der Drohung 55. ... Dh7+ nebst Dxh2, wonach ein für Schwarz theoretisch gewonnenes Endspiel entstehen würde.
46. ... Kf7
Nicht 46. ... f3+? 47. Sxf3 exf3+ 48. Txf3 mit Ausgleich.
47. Tb3 Dd1 48. Tcc3
Oder 48. Tcb2 Ld4 49. Tb7+ Ke6 50. T2b3 f3+ und Schwarz gewinnt.
48. ... e3 49. Kh3 e2 50. Sf3 e1D 51. Sxe1 Dxe1 52. Tf3
Nach 52. gxf4 f5 hat Schwarz eine Gewinnstellung.
52. ... De6+ 53. Kg2 De2+ 54. Kh3 Le3 55. Txf4 Lxf4 56. gxf4 f5
Weiß gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Damenpartei hat wegen gegnerischer ungenauer Verteidigung gewonnen.
Die Partie und die Analysen sind ein Beispiel dafür, dass die Damenpartei mit einem Mehrbauern nur geringe Gewinnchancen hat, wenn ihre Bauernstellung durch einen Doppelbauern entwertet ist und wenn der gegnerische König sicher steht und die Turmpartei aktive Figuren aufzuweisen hat. Insbesondere durch die Entwertung der Bauernstellung der Damenpartei blieben ihr nur begrenzte Möglichkeiten, durch Bauernvormarsch Drohungen zu schaffen, auf die sich die Turmpartei nicht hätte rechtzeitig einstellen können. Hinzu kam, dass die Turmpartei verschiedene Möglichkeiten hatte, Festungen anzustreben. Erleichtert wurde ihr dieses durch den Nachteil, den Schwarz in seinem Doppelbauern auf der f-Linie hatte und durch den Läufer, der naturbedingt nur eine Felderfarbe beherrschen kann. Sowohl Doppelbauer als auch Läufer sind statische Faktoren, die einen Festungsaufbau der Turmpartei begünstigen.
Interessant ist, dass die weißen Freibauern, die auf a2 und h2 entstanden, sich keinen einzigen Schritt vorwärts bewegen konnten. Verwunderlich ist das aber nicht, denn häufig spielen bei einem drohenden Königsangriff wegen der unmittelbar spielentscheidenden Konsequenzen andere Faktoren, wie z. B. Freibauern, eine untergeordnete Rolle.
In allen Partien dieses Abschnitts siegte die Damenpartei. Teilweise war zwar eine bessere Verteidigung möglich, dies zeigt aber nur, dass die praktischen Probleme für die Turmpartei größer sind als für die Damenpartei.
Der Gewinnplan der Damenpartei ist, ihre Majorität in Bewegung zu setzen, woraus sich in der Regel ein erfolgversprechender Königsangriff entwickelt. Durch das Vorrücken der Majorität wird zwar die Königsstellung der Damenpartei geschwächt, es zeigt sich aber, dass die Türme zu schwerfällig sind, um diese Schwächung in einem Königsangriff ausnutzen zu können.
Die Partie Portisch – Fischer ist ein typisches Beispiel dafür, wie die Damenpartei durch Vorgehen ihrer Königsflügelmajorität zu einem gewinnbringenden Königsangriff kommt.
In Keres – Olafsson musste sich die Turmpartei gegen das latent drohende Vorgehen der gegnerischen Königsflügelmajorität verteidigen, wodurch die Damenflügelbauern der Turmpartei ihren Schutz verloren und letztlich erobert wurden.
In der Partie Seirawan – Jusupow gewann die Damenpartei durch Vorrücken ihrer Königsflügelmajorität. Dieses führte zu einem spielentscheidenden Freibauern der Damenpartei. Gut zu beobachten war, wie diese Freibauernstrategie mit dem Königsangriff Hand in Hand ging. Es war interessant zu sehen, dass die Turmpartei zwar schon recht früh in der Partie zu einem entfernten Freibauern kam, dieser jedoch keine Rolle spielte.
Beim Materialverhältnis zweier Türme gegen die Dame hat die Damenpartei häufig einen Mehrbauern, wodurch zwangsläufig eine Flügelmajorität vorhanden ist. In den Partien dieses Abschnitts besitzt die Damenpartei eine Bauernmajorität auf dem Damenflügel. Den Spezialfall einer Flügelmajorität von einem Bauern gegen keinen Bauern schließen wir in unsere Betrachtungen mit ein; dieser eine Bauer ist natürlich stets ein Freibauer. Des Weiteren setzen wir voraus, dass beide Könige auf dem Königsflügel stehen und beide Königsstellungen ungeschwächt oder nur unbedeutend geschwächt sind. In diesem Falle wird häufig der spielbestimmende Faktor das Voranbringen der Damenflügelmajorität mit dem Ziel einer Bauernumwandlung sein.
G. Barcza – T. Florian
Budapest 1953
Schwarz am Zuge
Stellungsbeurteilung:
Der schwarze Läufer ist dem Springer überlegen: Er kann auf beiden Flügeln operieren, kann sowohl gegen den König spielen als auch den entfernten Freibauern auf der b-Linie unterstützen; dagegen steht der Springer wirkungslos und es sind auch kaum gute Felder für ihn zu sehen. Schwarz steht trotz der gleichen Bauernanzahl besser. Man beachte: Ohne die Leichtfiguren würden die Türme den entfernten Freibauern erobern und anschließend mit ihren Bauern am Königsflügel gewinnen.
Der Plan für Schwarz ist, den Freibauern voranzubringen; dabei kann er durch den Angriff von Läufer (Diagonale a7-f2) und Dame gegen den König taktische Mittel zu Hilfe nehmen.
Weiß kann drei Verteidigungen versuchen. 1. Aufhalten oder Erobern des Freibauern durch Verdoppelung der Türme auf der b-Linie; dabei wäre die Aufstellung vor dem Bauern günstig, da der König geschützt werden muss. 2. Gegenangriff durch Verdoppelung der Türme auf der 7. Reihe. 3. Königsangriff durch Turmverdoppelung auf der 8. Reihe, um den schwarzen König durch Tg8+ zu bedrohen.
Das erste Ziel von Schwarz ist, den Läufer auf die Angriffsdiagonale a7-f2 zu bringen.
37. ... La3
Auf 37. ... Lc3 bringt Weiß durch 38. Ta3 b4 39. Tb3 Dd2 40. Tcb1 die Türme vor den Freibauern, was Rettungschancen böte.
38. Tc7?
Damit entschließt sich Weiß, aktiv zu spielen, genauer gesagt, er versucht, die Türme hinter den gegnerischen Freibauern zu bringen und gleichzeitig den schwarzen Königsflügel zu bedrohen. Allerdings läuft der Plan der Turmverdoppelung auf der 7. Reihe letztlich ins Leere. Viel stärker ist hier die Besetzung der 8. Reihe, z. B. 38. Tc8 Ld6 39. Taa8! b4 40. Tg8+ Kf6 41. Tad8 Da6 42. e5+! Lxe5 43. Se4+ Kf5 44. Sg3+ Ke6 45. Tge8+ Kf6 46. Td5 Lxg3
(Normalerweise soll die Damenpartei nicht ihre letzte Leichtfigur tauschen, denn die Damenpartei benötigt Helfer, um wirkungsvolle Angriffe führen zu können. In vorliegender Stellung kann die Damenpartei zwar auf den Leichtfigurentausch verzichten, erreicht aber dadurch keinen Vorteil, wie folgende Varianten zeigen:
46. ... Lc7 47. Td7, Ausgleich;
46. ... Lf4 47. Se4+ Kg7 48. g3, Ausgleich;
46. ... Lc3? 47. Td6+ und Weiß gewinnt;
46. ... Da1+ 47. Sf1 Lc3 48. Tb5, verhindert das Vorrücken des b-Bauern, Ausgleich.)
47. fxg3 b3 48. Te1 b2 49. Tdd1 mit horizontaler Sperre. Schwarz kann nur weiterkommen, indem er den weißen König bedroht. Dazu muss er seinen König und seine Königsflügelbauern in Richtung weißen König in Bewegung setzen. Die Türme können ihren König nicht so einfach verteidigen, denn sie sind nicht frei einsetzbar, weil sie das Umwandlungsfeld b1 kontrollieren müssen. Der Turmpartei steht jedoch die Möglichkeit zur Verfügung, sich zu einem geeigneten Zeitpunkt durch ein Turmopfer in eine Festung zu retten. Schwarz kann nicht gewinnen.
38. ... Ld6 39. Tb7
Nach 39. Td7? Dd1+ 40. Sf1 Lh2+ 41. Kxh2 Dxd7 hat Schwarz Material gewonnen, und das Vorrücken seines Freibauern sollte die Partie entscheiden, denn der kurzschrittige Springer kann diesen nicht stoppen.
39. ... Lc5 40. Tc6 Dd4 41. Sh1?
Nach 41. Kh2 Dxf2 42. h4 (pariert das Matt auf g1 und droht h4–h5) hätte sich Schwarz noch anstrengen müssen, um die Partie zu gewinnen.
41. ... b4?
41. ... Dxe4! 42. Tcc7 (42. Tbc7 De1+ 43. Kh2 Ld6+ 44. Txd6 De5+) 42. ... De1+ 43. Kh2 Ld6+ gewinnt sofort.
42. g4?
Um einen Turm nach c7 bringen zu können, entschließt sich Weiß, seinem König ein Ausweichfeld (g2) zu verschaffen. Freilich vergrößern sich durch die Öffnung einer weißen Diagonale (a8-h1) die Angriffsmöglichkeiten der Dame.
42. Tb5 La7 43. Tc1 Dxe4 44. g3 hätte den schwarzen Gewinn in Frage gestellt, z. B. 44. ... Ld4 45. Txb4 Lxf2+ 46. Sxf2 Dxb4.
42. ... Dxe4 43. Tcc7 De1+ 44. Kg2 De4+ 45. Kg1 Df3
Nach der Zugwiederholung hat Schwarz erkannt, dass die Drohung auf f7, die die Türme nun endlich erreicht haben, nichts mehr wert ist: Nach 46. Txf7+ Dxf7 47. Txf7+ Kxf7 bringt Schwarz den Freibauern durch: 48. Sg3 b3 49. Se4 Lb4.
Im Diagramm wird die hilflose Situation von Schwarz deutlich: Praktisch hat Weiß eine Figur weniger. Der Angriff der Türme auf der 7. Reihe ist entschärft. Eine Turmverdoppelung hinter dem Freibauern ist nicht erreichbar, wie wir in der Partiefortsetzung sehen werden. Schwarz kann gegen den Vormarsch des Freibauern nichts mehr unternehmen.
46. Tb5 Dd1+
Weiß gibt auf. Aufgrund der nunmehr offenen Königsstellung wird die Trennung der Türme sofort mit Materialverlust bestraft: 47. Kg2 Dd5+ 48. Kg1 Lxf2+, oder 48. f3 Dd2+ 49. Kg3 De1+ 50. Kf4 g5+ 51. Kf5 De6+ matt.
Zusammenfassung:
Die thematische Aktion in dieser Partie war das Voranbringen eines Freibauern durch die Damenpartei (bei quantitativer Bauerngleichheit). Entscheidend für das Gelingen war, dass Dame und Läufer Angriffsposition gegen den König der Turmpartei beziehen konnten, ohne den Freibauern zu gefährden. Der gegnerische Springer stand dagegen passiv und wurde auf die Verteidigung der Königsstellung reduziert. Allerdings wurde diese schulbuchmäßige Verwertung des Freibauern durch einen Fehler (38. Tc7?) des Weißen begünstigt.
Die Partie zeigt zum einen, wie sehr die Türme durch einen frei operierenden Läufer eingeengt werden können, zum anderen, wie wichtig für die verteidigende Seite eigenes Gegenspiel ist.
An. Karpow – L. Polugajewski
Kandidatenwettkampf 1974
1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 a6 6. Le2 e5 7. Sb3 Le7 8. 0-0 Le6 9. f4 Dc7 10. a4 Sbd7 11. Kh1 0-0 12. Le3 exf4 13. Txf4 Se5 14. a5 Tfe8 15. Lb6 Dd7 16. Ta4 Tac8 17. Td4 Dc6 18. Td2 Lxb3 19. cxb3 Sfd7 20. Lg1
20. ... Lg5
Danach kommt es zum Materialverhältnis Dame und Bauer gegen zwei Türme. In einer Partie Safarow – Wladimirow, 1975, bekam Schwarz gutes Spiel mittels 20. ... Dc7 21. Sd5 (21. b4? Lg5) 21. ... Dxa5 22. Sxe7+ Txe7 23. Txd6 Dc7.
21. Txd6 Lxf4 22. Txc6 Txc6
Stellungsbeurteilung:
Weiß hat die Dame und einen Bauern für zwei Türme, bei Anwesenheit von Leichtfiguren im Allgemeinen ein Vorteil für die Damenpartei. Sie kann ihren Doppelbauern durch Vormarsch und Abtausch auflösen, sodann ihre Damenflügelmehrheit in Bewegung setzen mit dem Ziel, einen Freibauern zu bilden, der zudem ideal von den langschrittigen Läufern unterstützt wird.
Der Bauer auf e4 bringt für Weiß Vor- und Nachteile mit sich. Vorteile, weil er durch die Sperrung der e-Linie die Wirksamkeit der schwarzen Türme einschränkt und weil er einen Figurenstützpunkt auf d5 schafft. Nachteilig für Weiß ist die Isolierung seines Bauern e4, denn dadurch kann er zum schwarzen Angriffsobjekt werden, außerdem ist das Blockadefeld e5 für Schwarz ein starkes Zentralfeld.
Als Plan für Schwarz kommt das Druckspiel gegen den Bauern e4 in Betracht. Eine Eroberung desselben erscheint aber schwierig, denn der Weiße kann den Bauern e4 relativ einfach mit seinen Leichtfiguren verteidigen. Ein anderer schwarzer Spielplan ist, die Türme auf den offenen Linien zu postieren mit dem Ziel, mit ihnen in das gegnerische Lager einzudringen.
Die Pläne des Weißen scheinen leichter durchsetzbar zu sein als die des Schwarzen. Wahrscheinlich hat Weiß eine Gewinnstellung.
23. b4 Sf6?
Danach ist die Stellung für Schwarz verloren. Weiß drohte b4–b5xa6, wonach ein isolierter schwarzer Bauer auf a6 zu stehen kommt. Ein Bauer auf a6 ist aber ständiges Angriffsobjekt des weißfeldrigen Läufers. Um dieses zu vermeiden, hätte Schwarz sich so aufbauen können, dass er einen auf b5 erscheinenden weißen Bauern mittels a6xb5 hätte schlagen können. In Betracht kam daher 23. ... Tcc8. Schlechter wäre dagegen 23. ... Tee6 24. b5 axb5 (24. ... Tcd6 25. Sd5) 25. Lxb5 Tcd6 26. Sd5 mit der Drohung 27. Dc2.
24. b5 Tce6 25. bxa6 bxa6 26. g3
Auf 26. Df1, was den Läufer auf f4 und den Bauern auf a6 angreift, kann 26. ... Ld2 folgen.
Schlechter als der Partiezug ist 26. b4, wonach Schwarz mit seinen Türmen auf die c-Linie schwenken könnte.
Das Ziel von Weiß ist es nicht, seinen b-Bauern gegen den schwarzen a-Bauern zu tauschen, sondern nach Möglichkeit den schwachen schwarzen a-Bauern zu erobern.
26. ... Lg5 27. h4 Lh6
Durch die letzten beiden weißen Bauernzüge wurde der schwarze Läufer in eine schlechtere Position gezwungen. Er hat nun kaum noch Möglichkeiten, an einem Kampf am Damenflügel mitzuwirken. Die durch das Vorrücken der weißen Königsflügelbauern bedingte, insbesondere weißfeldrige Schwächung der Königsstellung ist fast unbedeutend, denn dem Schwarzen mangelt es an einem weißfeldrigen Läufer, um diese wirkungsvoll ausnutzen zu können.
28. Lb6
Mit dem Partiezug wählt Weiß einen risikolosen Gewinnweg. Es gewinnt auch das kompliziertere 28. g4 g5 (28. ... Lf4 29. g5 Sfd7 30. Sd5) 29. Le3 Sg6 30. hxg5 Sxe4 31. gxh6 Sg3+ (31. ... Sxc3 32. Dd4) 32. Kh2 und Schwarz verliert den Bauern auf a6.
28. ... Sed7
Schwarz greift den Läufer auf b6 und den Bauern auf e4 an. Durch den Abzug des auf e5 zentral stehenden Springers kann der weißfeldrige Läufer seine Position verbessern. Jedoch 28. ... Sfd7 29. Sd5 Sxb6 30. axb6 wäre ebenfalls unerfreulich für Schwarz. Auf 28. ... Ta8 gewinnt 29. g4 g5 30. Le3 Sg6 31. hxg5 Sxe4 32. gxh6 Sg3+ (32. ... Sxc3 33. Dd4) 33. Kh2 Sxe2 (33. ... Txe3 34. Dd4) 34. Dxe2.
29. Lc4 Te5
Nach 29. ... Tc6 würde das sorglose 30. Lxa6 (besser ist 30. Db3) 30. ... Sxb6 31. Lb5 Sxe4! 32. Sxe4 (gewonnen, aber kompliziert ist 32. Da1 Sxg3+ 33. Kg2 Tg6 34. Lxe8) 32. ... Tc1 33. Dxc1 Lxc1 34. Lxe8 Sd5 den Gewinn in Frage stellen.
30. Db3 Tb8 31. Lxf7+ Kh8 32. Dc4 Ld2
Oder 32. ... Sxb6 33. axb6 Te7 34. e5 Sd7 (34. ... Txe5 35. b7) 35. Dc7.
33. Lc7 Tc5
Auf 33. ... Tc8 folgt 34. Dxa6. Nach der Partiefortsetzung wickelt Weiß in ein gewonnenes Leichtfigurenendspiel ab.
34. Dxc5 Sxc5 35. Lxb8 Lxc3 36. bxc3 Sfxe4 37. c4 Sd7 38. Lc7 g6 39. Le6 Sec5 40. Lxd7 Sxd7 41. Ld6
Schwarz gibt auf.
Zusammenfassung:
Die Stellung nach dem 22. Zug konnte man gut aufgrund der möglichen Pläne abschätzen. Der weiße Plan, die Bauernmehrheit am Damenflügel auszunutzen, erschien durchsetzbar, während die möglichen schwarzen Pläne, nämlich die Eroberung des isolierten Bauern e4 oder die Ausnutzung offener Linien, schwer zu realisieren waren. Schwarz wählte in der Partie das Druckspiel gegen den Bauern e4.
Lernen kann man aus dieser Partie, dass es für die Turmpartei schwierig ist, einen isolierten Bauern – hier e4 – zu erobern, sofern noch viele Leichtfiguren auf dem Brett sind. Im ersten Augenblick scheint das erstaunlich, denn die Turmpartei hat eine Figur und damit einen Angreifer mehr zur Verfügung als die Damenpartei. Die Beweglichkeit der Türme ist jedoch bei Anwesenheit vieler Leichtfiguren eingeschränkt. Damit fällt es den Türmen schwer, sich so zu postieren, dass sie einen gegnerischen Bauern angreifen, und wenn sie solch eine Position erreicht haben, nützt das allein auch noch nichts, sofern die Damenpartei den angegriffenen Bauern durch eine Leichtfigur deckt. Hinzukommen muss ein Angriff des Bauern durch die Leichtfiguren der Turmpartei, bezüglich des Leichtfigurenmaterials hat die Turmpartei jedoch keinen Angreifer mehr zur Verfügung als die Damenpartei Verteidiger.
Bei vorhandenen Leichtfiguren stellt ein Mehrbauer der Damenpartei, eingebettet in eine bewegliche Damenflügelmajorität, ein Gewinnpotenzial dar. Dies gilt auch dann, wenn die Damenflügelmajorität nur aus einem einzigen Bauern besteht, der dann natürlich ein Freibauer ist. Der Freibauer ist in der Regel stark, weil er, unterstützt durch die Leichtfiguren, nur selten erobert werden kann, im Gegensatz zu Stellungen ohne Leichtfiguren. Der Plan der Damenpartei besteht darin, ihre Damenflügelmajorität in Bewegung zu setzen mit dem Ziel der Bauernumwandlung.
In der Partie Barcza – Florian diente ein starker Freibauer der Damenpartei dazu, die gegnerischen Kräfte zu binden, um danach im Königsangriff zu siegen. Bemerkenswert war, dass Bauerngleichheit herrschte.
In Karpow – Polugajewski brachte die Damenpartei ihre Damenflügelmajorität voran. Dies erwies sich als so stark, dass die Turmpartei nicht in der Lage war, den Vormarsch der Damenflügelbauern aufzuhalten. Stattdessen wurde Gegenspiel im Zentrum gesucht; vergebens. Nebenbei zeigte die Partie, dass die Türme es bei Anwesenheit von Leichtfiguren schwer haben, einen isolierten Bauern zu erobern.
Am Ende des Kapitels „Damenpartei mit einer Bauernmajorität“ wollen wir uns noch kurz der Frage widmen, wie das Materialverhältnis Dame und Bauer gegen zwei Türme bei Anwesenheit von Leichtfiguren insgesamt zu beurteilen ist. Diese Frage soll natürlich nur für „normale“ Stellungen beantwortet werden, also insbesondere für solche ohne Doppelbauern und beiderseits sicher stehenden Königen. Aus dem Studium der Partien können wir folgenden Schluss ziehen: Wenn Leichtfiguren vorhanden sind, die Damenpartei einen Mehrbauern hat, und wenn sie außerdem noch auf beiden Flügeln über Bauern verfügt, dann gewinnt in der Regel die Damenpartei. Der Gewinnplan besteht in dem Voranbringen der Flügelmajorität.
Das vorliegende Werk stellt eine umfassende, sehr in die Tiefe gehende Auseinandersetzung zu dem Thema „Dame gegen zwei Türme“ dar. In diesem Teil fassen wir die wichtigsten Ergebnisse in möglichst kurzer, einprägsamer Form zusammen. Damit werden wir nicht nur Ansprüchen gerecht, die an eine Theorie zu stellen sind, sondern geben auch dem praktischen Spieler Richtlinien zur Stellungsbeurteilung in kompakter Form an die Hand. Hauptsächlich der Leser, der die vorangegangenen Kapitel gründlich studiert hat, wird von diesen Richtlinien profitieren, denn er wird jede folgende Aussage sofort mit einem bestimmten Stellungstyp, bestimmten Plänen oder sogar mit Beispielpartien verknüpfen können. Auch wird es für ihn unproblematisch sein, detaillierte Beurteilungskriterien und zugehörige Spielpläne im Buch an entsprechender Stelle nachzuschlagen.
– Der König der Damenpartei kann häufig am Kampfgeschehen teilnehmen, der der Turmpartei jedoch nicht. Der König der Turmpartei ist wegen Doppelangriffen und Dauerschachdrohungen der Dame schutzbedürftig.
– Beiderseits offene Königsstellungen sind für die Turmpartei ungünstiger. Ursache dafür ist, dass die Dame mit Doppelangriffen und Dauerschachdrohungen arbeiten kann, und diese Fähigkeiten kommen umso mehr zur Geltung, je offener der König der Turmpartei steht.
– Zwei Türme auf der 7. Reihe gewinnen gegen einen auf der 8. Reihe abgeschnittenen König mit der fast einzigen Ausnahme, dass die Damenpartei über Dauerschach verfügt.
– Wenn die Damenpartei einen Mehrbauern besitzt und sich auf beiden Flügeln mehrere Bauern befinden, dann hat die Damenpartei Gewinnchancen. Diese sind im folgenden Gewinnplan begründet: Ein Mehrbauer bedingt eine Bauernmajorität auf einem Flügel. Der König der Damenpartei sollte seine Majorität unterstützen mit dem Ziel, einen Freibauern zu bilden. Dieser muss von einem Turm geschlagen werden, wonach durch Tausch der Dame gegen die beiden Türme ein reines Bauernendspiel mit gleicher Bauernanzahl entsteht. Dieses ist für die Damenpartei häufig gewonnen, weil ihr König meistens besser steht als der der Turmpartei.
– Bei gleicher Bauernzahl gewinnt meistens die Turmpartei, sofern ihr König sicher steht. Ein unsicher stehender König führt nur zum Remis.
– Ein nicht weit (5. Reihe) vorgerückter isolierter Freibauer der Damenpartei kann von der Turmpartei erobert werden. Die Eroberung geschieht am besten durch eine Verdoppelung der Türme vor dem Freibauern. Durch die Verdoppelung vor dem Freibauern schützen die Türme ihre eigene Grundreihe, mithin ihren König.
– Ein weit (6. Reihe) vorgerückter isolierter Freibauer der Damenpartei kann von der Turmpartei in der Regel nicht erobert werden. Wegen der Umwandlungsdrohung bindet er die Türme und ist daher stark. Der Freibauer kann deswegen nicht erobert werden, weil die Dame eine Verdoppelung der Türme vor dem Freibauern verhindern kann und zu einer Verdoppelung hinter dem Freibauern fehlt den Türmen in praxisnahen Stellungen, in denen zumeist ein Turm auf der Grundreihe steht, die Zeit.
– Zwei nicht weit vorgerückte verbundene Freibauern der Damenpartei sind ohne Königsunterstützung nicht umwandelbar, allerdings auch nicht von den Türmen zu erobern.
– Stellungen, in denen die Damenpartei über zwei Bauern verfügt, ansonsten keine weiteren Bauern auf dem Brett sind, werden ausführlich mit Beispielen und Lehrsätzen im Kapitel „1.1.4 Elementare Endspiele“ behandelt. An dieser Stelle sollen nur allgemeine Richtlinien angegeben werden:
Isolierte Bauern führen zum Remis. Gewinnchancen für die Damenpartei bestehen, wenn die Bauern weit vorgerückt sind und die Türme so ungünstig stehen, dass sie nicht schnell genug eine Verteidigungsstellung aufbauen können.
Verbundene Bauern führen zum Gewinn der Damenpartei, wenn keiner der Bauern ein Randbauer ist und die Bauern vom König unterstützt werden. In anderen Fällen kann kein Gewinn erzwungen werden.
– Stellungen, in denen die Turmpartei über einen Bauern verfügt, ansonsten keine weiteren Bauern auf dem Brett sind, werden ausführlich mit Beispielen und Lehrsätzen im Kapitel „1.1.4 Elementare Endspiele“ behandelt. An dieser Stelle sollen nur allgemeine Richtlinien angegeben werden:
Die Turmpartei gewinnt leicht, wenn sie einen b- bzw. g-Bauern besitzt, denn in diesem Fall kann sich der König der Turmpartei gut vor drohenden Damenschachs verstecken. Ein Randbauer führt nicht zum Gewinn, denn ein Randbauer bietet dem König der Turmpartei keinen ausreichenden Schutz vor Damenschachs. Bei einem Mittelbauern und einem Bauern auf der c- bzw. f-Linie hängt der Gewinn davon ab, ob und wie weit der Bauer vorgerückt ist.
– Die Anwesenheit von Leichtfiguren begünstigt die Damenpartei, denn sie kann mit Leichtfiguren Mattangriffe führen und eigene isolierte Bauern besser verteidigen. Der Kräftezuwachs der Damenpartei wird durch mehr als nur eine Leichtfigur nicht wesentlich erhöht.
– Wenn die Damenpartei einen Mehrbauern besitzt, gewinnt sie fast immer. Ein Mehrbauer bedingt eine Bauernmajorität auf einem Flügel. Der Gewinnplan besteht im Voranbringen dieser Majorität.
– Bauerngleichheit bietet der Damenpartei Gewinnchancen. Statistische Auswertungen von mehreren tausend Partien, in denen das betrachtete Materialverhältnis (Dame gegen zwei Türme, vorhandene Leichtfiguren, Bauerngleichheit) vorkam, zeigten eine Punkteausbeute von 61 % für die Damenpartei, genauer: 50 % gewonnen, 22 % remis, 28 % verloren. Ausgewertet wurden nur Partien von Spielern, die beide eine gewisse Mindestspielstärke (ELO > 2200) hatten.
– Ein isolierter Freibauer der Damenpartei kann von der Turmpartei in der Regel nicht erobert werden, unabhängig davon, auf welcher Reihe er sich befindet. Der Grund dafür ist, dass der Freibauer von einer Leichtfigur gedeckt werden kann, er kann dann nicht von einem Turm geschlagen werden. Bei Anwesenheit von Leichtfiguren fällt es der Turmpartei schwer, seine Figuren derart zu koordinieren, dass sie einen isolierten Freibauern erobern können.
– Wenn eine Partei eine offene Königsstellung hat, während die Königsstellung der Gegenpartei ungeschwächt ist, dann hat die Partei mit der ungeschwächten Königsstellung sehr gute Gewinnchancen. Daraus folgt, dass beide Könige schutzbedürftig sind, im Gegensatz zum Spiel ohne Leichtfiguren, in dem der König der Damenpartei oft zur aktiven Figur wird.
– Beiderseits offene Königsstellungen sind für die Turmpartei ungünstiger.
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– Enzyklopädie der Schachendspiele, Band 4, Stellung 1325, Šahovski informator, Belgrad 1989.
Tal – Jimenez; Havanna 1963
– Hilary, Thomas: Complete Games of Mikhail Tal 1960-66, Seite 78, B. T. Batsford Limited, London 1979.
Tal – Karpow, An.; Aljechin Gedenkturnier, Moskau 1971
– O'Connell, Kevin J. und Adams, Jimmy: The Games of Anatoly Karpov, Seite 179, B. T. Batsford Limited, London 1974.
– Enzyklopädie der Schachendspiele, Band 4, Stellung 1320, Šahovski informator, Belgrad 1989.
Tschigorin – Janowski; Karlsbad 1907
– Marco und Schlechter: Das internationale Schachmeisterturnier in Karlsbad 1907, Seite 51, Verlag Wiener Schachzeitung 1907, Nachdruck: Edition Olms AG, Zürich 1983.
– Enzyklopädie der Schachendspiele, Band 4, Stellungen 1287 und 1315, Šahovski informator, Belgrad 1989.
Tukmakow – Karpow, An.; Meisterschaft der UdSSR, Moskau 1973
– Karpow, Anatoli: Wie ich kämpfe und siege, Seite 91, Schachverlag Rudi Schmaus, Heidelberg 1978.
Werlinski – Rubinstein; Moskau 1925
– Bogoljubow, Efim: Das internationale Schachturnier Moskau 1925, Seite 141, Walter de Gruyter & Co., Berlin und Leipzig 1927, Nachdruck: Edition Olms AG, Zürich 1982.
Alatorzew, Wladimir A. – Kan
Aljechin, Alexander – Lilienthal, Euwe
Awerbach, Juri – Gurgenidse
Barcza, Gedeon – Florian
Bilek, Istvan – Fischer
Bontsch-Osmolowski, Michail A. – Panow
Bronstein, David – Kotow 1950, Kotow 1953
Byrne, Donald – Fischer
Capablanca, José Raoul – Kostic, Janowski
Charitonow, Andrey Y. – Tschiburdanidse
Cholmow, Ratmir D. – Kimelfeld
Djuric, Stefan – Vogt
Euwe, Max – Aljechin, Rubinstein
Fischer, Robert J. – Bilek, Byrne, Matthai, Portisch
Florian, Tibor – Barcza
Gurgenidse, Bukhuti I. – Awerbach
Janowski, David M. – Capablanca, Lasker, Tschigorin
Jimenez, Eleazar – Tal
Jusupow, Artur – Mateu, Seirawan
Kan, Ilja A. – Alatorzew
Karpow, Anatoli Y. – Polugajewski, Tal, Tukmakow
Keres, Paul P. – Olafsson
Kimelfeld, Rudolf – Cholmow
Kostic, Boris – Capablanca
Kotow, Alexander A. – Bronstein 1950, Bronstein 1953
Kouatly, Bachar – Plachetka
Lasker, Emanuel – Janowski
Lilienthal, Andrei A. – Aljechin
Ljubojevic, Ljubomir – Miles, Smejkal
Mateu, Xavier – Jusupow
Matthai, Heinz – Fischer
Mieses, Jacques – Pillsbury
Miles, Anthony J. – Ljubojevic, Short
Olafsson, Fridrik – Keres
Panow, Wassili N. – Bontsch-Osmolowski
Pillsbury, Harry N. – Mieses
Pinkas, Karol – Przewoznik
Plachetka, Jan – Kouatly
Polugajewski, Lew A. – Karpow
Portisch, Lajos – Fischer, Smyslow
Przewoznik, Jan – Pinkas
Rinck, Henri – Studie
Rubinstein, Akiba – Euwe, Werlinski
Seirawan, Yasser – Jusupow
Short, Nigel D. – Miles
Smejkal, Jan – Ljubojevic
Smyslow, Wassili W. – Portisch, Spasski
Spasski, Boris W. – Smyslow
Stanciu, Traian – Vaisman
Stefanow, Parik – Ungureanu
Tal, Michail N. – Jimenez, Karpow
Tschiburdanidse, Maja G. – Charitonow
Tschigorin, Michail I. – Janowski
Tukmakow, Wladimir B. – Karpow
Ungureanu, Emil – Stefanow
Vaisman, Volodia – Stanciu
Vogt, Lothar – Djuric
Werlinski, Boris M. – Rubinstein